Freitag, 19. April 2024

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"Ab nach Schwedt!"
Die fast vergessene Geschichte des DDR-Militärgefängnisses

Genaues wusste kaum jemand. Unter NVA-Soldaten kursierten Schreckensgeschichten. Und alle Soldaten der Nationalen Volksarmee kannten die Drohung: "Wenn du nicht spurst, dann kommst du halt nach Schwedt." Gemeint waren die Militärgefängnisse vor den Toren der Stadt an der Oder.

Von Benjamin Hammer | 12.07.2014
    Blick vom ehemaligen Lager auf das Petrolchemische Kombinat.
    Stillgestanden! Blick zur Flamme! Blick vom ehemaligen Lager auf das Petrolchemische Kombinat. (Tilman Peters)
    Von 1969 bis 1990 mussten hier rund 4000 Soldaten ihre Haftzeit verbüßen, weil sie nicht rechtzeitig vom Heimaturlaub zurückgekehrt waren, wegen Alkoholkonsums oder kritischer Äußerungen über die DDR.
    Jahrelanges Schweigen
    Die NVA-Soldaten erwartete ein harter Alltag im Straflager. Aufstehen um vier Uhr morgens, militärischer Drill, harte Arbeit und Politunterricht. Wer sich nicht anpasste, der kam in Einzelarrest. Die Häftlinge durften nach ihrer Entlassung nicht über ihre Haft sprechen. Dadurch entstand der "Mythos Schwedt". Bis vor wenigen Jahren gab es kaum Informationen zum NVA-Gefängnis.
    Heute sind 80 Prozent des ehemaligen Lagers abgerissen. Ein Verein von ehemaligen Häftlingen kämpft für den Erhalt der restlichen Anlagen und gegen das Vergessen. Ein Forscher sucht nach verschollenen Akten - und wird in den Archiven der Staatssicherheit fündig. Und die ehemaligen NVA-Wärter können die ganze Aufregung nicht verstehen.
    Weiterführende Literatur
    Rüdiger Wenzke
    "Ab nach Schwedt! Die Geschichte des DDR-Militärstrafvollzugs"
    Ch. Links Verlag, Berlin 2013

    Torsten Dressler
    "Stillgestanden – Blick zur Flamme!"
    Westkreuz-Verlag Berlin 2013

    Paul Brauhnert, Ilja Hübner, Arno Polzin (Hrsg.)
    Der DDR-Militärstrafvollzug und die Disziplinareinheit in Schwedt
    Metropol Verlag, Berlin 2013