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Abends das Abi nachholen

Wer am Abend noch ein Abendgymnasium besuchte, musste viel Flexibilität aufbringen. Jetzt gibt es auch die Möglichkeit des Online-Abiturs. An acht Abendschulen im Lande ist es jetzt für insgesamt 250 Schüler möglich. Den Startschuss zu dem bundesweit ersten Online-Lehrgang gab Bildungsministerin Behler am Mittwoch am Abendgymnasium in Köln

    Viele kennen es - sie wohnen in der einen und arbeiten in der anderen Stadt und so wollen und fordern es ja auch die Arbeitgeber. "Flexibilität" ist das Zauberwort. Wie aber soll das jemand handhaben, wenn er nach der Arbeit noch ein Abendgymnasium besucht, um sich weiter zu qualifizieren? Eine Antwort gibt es jetzt darauf: Das Online-Abitur. An acht Abendschulen im Lande ist es jetzt für insgesamt 250 Schüler möglich. Den Startschuss zu dem bundesweit ersten Online-Lehrgang gab Bildungsministerin Behler am Mittwoch am Abendgymnasium in Köln, Esther Körfgen hat einmal geschaut, wie das funktioniert .

    Nur noch an zwei Abenden die Woche gehen die Schüler in die Abendschule, die anderen sitzen sie zuhause am Bildschirm. Was sie dort tun, das übt der Projekt-Koordinator Werner Hielen-Knabe mit einer Schülerin:

    Das ist die Eingangseite, wenn sie sich mit ihrem Log-in und ihrem Passwort eingewählt haben, dort finden sie alle ihre Kurse vor. Das wären beispielsweise Deutsch, Mathe, Biologie, Englisch ...

    Ein Klick auf das Wort "Englisch", und die Schülerin erfährt, dass sie bis zur nächsten Woche einen Lückentext mit Präpositionen füllen muss - unter dem Stichwort "Bibliothek" erfährt sie, welche Literatur ihr dabei hilft. In einem Forum kann sie sich außerdem mit anderen Schülern austauschen. Beim Maus-Klick auf das Fach Biologie hält das Lernprogranun auch ein wenig Heimkino parat:

    ... als Wasserdampf in den Wolken der Troposphäre, als Salzwasser der weltumspannenden Meere (, als Eiswasser der Gletscher ."") ...

    Hausaufgaben, die von den Schülern erledigt werden, wenn Job und Familienleben es ihnen erlauben.

    Ich find das ganz klasse, weil ich bin ja auch berufstätig, und wollte zwar mein Abitur schon immer nachmachen, aber jeden Abend nach der Arbeit in die Schule, das war mir dann doch n bisschen viel, und dann Und ich das eben ne gute Alternative, dass ich an zwei Abenden in die Schule gehen kann und den Rest zuhause sich den Rest die Zeit selbst einteilen kann.

    Die Technik zu begreifen geht schnell, wichtiger ist eine hohe Motivation - denn das Abitur nachzumachen heißt auch auf diesem Wege drei Jahre Büffeln, fünf Jahre lang unterstützt das Landesbildungsministerium das Modellprojekt mit jährlich 900.000 Euro. Denn, so sagte Bildungsministerin Gabriele Behler bei der Vorstellung des Lehrgangs in Köln - das Online-Abitur sei möglicherweise wirkungsvoller als das normale Abitur:

    Es geht um die Chance, auf diese Weise individueller das Lernen zu gestalten. Denn hier sind junge Leute mit ganz unterschiedlichen Lernvoraussetzungen, der eine hat hier inner Algebra noch Probleme, der andere muss in der Grammatik was nach arbeiten, und wenn man ein solches Fachprogramm bat und dann am Computer dran arbeitet, kann man das individuell auf die eigenen Schwächen und Stärken zugeschnitten tun, das ist ansonsten in einer Lerngruppe sehr viel schwieriger.

    Das sei doch bloß ein Rettungsanker, so sagten Kritiker im Vorfeld - und sprachen von einer falschen Antwort auf den Lehrermangel. Gabriele Behler wies den Vorwurf zurück:

    Das Projekt ersetzt nicht den Fachlehrer. Und das Projekt kann auch nicht dazu angelegt sein, dass man Besetzungsprobleme zum Beispiel an die Seite tut. Auf der anderen Seite ist es natürlich so, wenn mal jemand krank wird und jemand ausfällt, dass das für die Schule sehr viel leichter ist, auf solche fachlich guten Materialien zurückgreifen zu können ...

    Denn: Ist der Mathelehrer krank, kann die Deutschlehrerin relativ einfach die schon vorgesehenen Aufgaben ins Netz stellen. Kommt dann der Mathelehrer zurück, kann er die fertigen Aufgaben korrigieren. Wozu muss da überhaupt noch der Schüler in die Schule?

    Es hat sich ja auch in Untersuchungen herausgestellt dass das eigentlich die effektivste Art von online lernen ist, reines online-lernen fuhrt sehr schnell zu Abbruchsituationen, weil wenig Kontakt da ist und der Kontakt zu Lehrern und Mitschülern muss natürlich gepflegt werden.

    Und die Abschlussprüflingen selbst werden nach wie vor mit Papier und Stift gemacht. Also keine Revolution der Technik - sondern eher der Versuch, ihre Vorteile auch für die Weiterbildung zu nutzen. Und das wollen ab dem kommenden Schuljahr dann auch 150 gymnasiale Oberstufen in NRW.

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