"Wann war er je mit einer Frau ausgegangen, die wie Julie Christie aussah? Menschen, die wie Julie Christie aussehen, gingen nicht mit Menschen wie ihm aus. Sie gingen mit Filmstars, mit englischen Peers oder mit Formel-l-Fahrern aus. Was ging hier vor? Er kam zu dem Schluß, daß es an den Kindern liegen mußte; Kinder stellten einen Makel dar, wie ein Muttermal oder Fettleibigkeit, der ihm eine Chance eröffnete, die er sonst nie gehabt hätte. Möglicherweise demokratisierten Kinder schöne alleinerziehende Frauen."
Um an all diese wunderbaren, alleinerziehenden Frauen heranzukommen, riskiert Will sogar ein paar Minuspunkte auf seinem inneren "Coolometer", erfindet einen zweijährigen Sohn und schließt sich einer Selbsthilfegruppe für Alleinerziehende an. Der Aufwand, davon ist Will absolut überzeugt, wird sich lohnen, schließlich hat er die sagenhaften Verheißungen auf diesem Terrain bereits einmal zufällig kennengelernt:
"Sex mit einer alleinerziehenden Mutter, entschied Will nach seiner ersten Nacht mit Angie, schlug alles, was er bisher an Sex erlebt hatte. Wenn man sich die richtige Frau aussuchte, eine, die vom Vater ihrer Kinder schlecht behandelt und schließlich verlassen worden war und seitdem niemand neuen kennengelernt hatte (weil man wegen der Kinder nicht ausgehen konnte und außerdem viele Männer Kinder nicht mochten (...). Wenn man sich eine von denen aussuchte, dann liebte sie einen dafür. Urplötzlich war man attraktiver, ein besserer Liebhaber, ein besserer Mensch."
Man ahnt es schon: Wills Bluff fliegt schnöde auf. Doch es sind nicht die Supermütter, die dem eingefleischten Yuppie eine Lektion fürs Leben verpassen, sondern ein zwölfähriger Schuljunge namens Marcus. Diesen hat das Schicksal mit einer weltfremden, selbstmordgefährdeten alleinerziehenden Mutter gestraft, mit dem falschen Haarschnitt, den falschen Schuhen und dem falschen Musikgeschmack. Will und Marcus, die Hauptpersonen in Nick Hornbys neuem Romn "About a Boy" kommen aus Welten, wie sie konträrer kaum sein könnten. Durch Marcus lernt Will die ernsteren Facetten des Lebens kennen, Will widerum führt Marcus in die vielfältigen Geheimnisse des In-Seins ein:
"Marcus mußte man beibringen, ein Kind zu sein, nicht erwachsen zu werden. Und das war - zu Wills Pech - genau die Art Beistand, für den er qualifiziert war. Er konnte Marcus nicht erklären, wie man erwachsen wurde, wie man mit einer selbstmordgefährdeten Mutter umgehen sollte oder irgend etwas in der Art, aber er konnte ihm erklären, daß Kurt Cobain nicht für Manchester United spielte, und für einen Zwölfjährigen, der Ende 1993 eine weiterführende Schule besuchte, war das vielleicht die wichtigste Information überhaupt."
Nick Hornby, dessen Vater die Familie verlassen hat, als er elf Jahre alt war, ist wie Marcus mit einer alleinerziehenden Mutter aufgewachsen. Die Vermutung, daß Marcus eine Art Selbstportrait als Halbwüchsiger sein könnte, weist er weit von sich. Er sei zwar in einem von Frauen dominierten Haushalt groß geworden - da waren neben der Mutter noch die Schwester und die Großmutter - aber anders als Marcus habe er sich früh schon gut funktionierende Kompensationen schaffen können. "Das ist nicht meine Jugend", so Nick Hornby. "Die Tatsache, daß ich immer sehr an Pop-Kultur, Musik und Fußball interessiert war, bedeutete, daß ich in der Schule nie isoliert gewesen bin - man gehört dann zur Masse und ich schätze und mag es, zur Masse zu gehören. Ich bin auch gerne alleine und komme auch damit zurecht, nicht der Masse anzugehören, aber ich habe kein Problem, einer unter vielen zu sein, was für Marcus nicht zutrifft."
Marcus ist ein Außenseiter, was er vor allem seiner Mutter Fiona zu verdanken hat. Die frankophile Enddreißgerin mit einer unausrottbaren Vorliebe für unförmige Leggings, Schlabbersweatshirts, für Joni Mitchell und Bob Marley hält ihren Filius von allem fern, was für seine Altersgenossen selbstverständlich ist: Fernsehen, Computerspiele und Platten von Kurt Cobain und Snoop Doggy Dogg. Ihr Erziehungsstil besteht vor allem in einer endlosen "Du-da-müssen-wir-drüber-reden"-Tirade, eine Pseudoverständigkeit, die dem Jungen bei Schlägereien auf dem Pausenhof nicht unbedingt weiterhilft.
"About a Boy" hat wie "Fever Pitch" und "High Fidelity", die früheren Romanerfolge von Hornby, einen unwiderstehlich ironisch-lebensklugen Sound. Die Milieubeschreibungen sind treffsicher und von geradezu globalem Wiedererkennungswert. Die Dialoge haben ebenso viel Schlagfertigkeit und Witz wie existentiellen Tiefgang. Die spannende Story überzeugte übrigens auch in Hollywood: Robert de Niro hat die Filmrechte an "About a Boy" für 1,8 Millionen Pfund gekauft.
Seine Art des Schreibens, erklärt Hornby, habe im Grunde mehr mit Musik denn mit abstrakter Ideenfindung zu tun. Bei "About a Boy" sei es ihm darum gegangen, ein ganz bestimmtes Lebensgefühl, Einsamkeit, und Verlorenheit auszudrücken: "Nehmen wir beispielsweise "About a Boy" - da stelle ich mir Situationen und Charaktere vor, die diese Gefühle in sich bergen können. Es ist also keineswegs so, daß ich morgens aufwache und denke: Aha, ich möchte über die Notlage der alleinerziehenden Frauen in unserer heutigen Gesellschaft reden. So ist das ganz und gar nicht. Es ist viel wahrscheinlicher, daß das Ganze von der Musik her beeinflußt wird oder sogar ein Resultat des Musikhörens ist und dann dazu führt, daß ich diesen Empflndungen eine Form verleihen möchte."
Um Gefühle, insbesondere um die Sehnsucht nach den großen Gefühlen in einem ganz durchschnittlichen Leben, um dieses Thema geht es in allen Romanen von Nick Hornby. Die Brüchigkeit von modernen Beziehungen und insbesondere die Risiken und Erfahrungen, die für die Kinder damit verbunden sind, sind das zentrale Thema in seinem jüngsten Roman. Könnte es denn sein, daß Nick Hornby das Vertrauen in Partnerschaften mit zunehmendem Alter abhanden gekommen ist? "Nein. Ich habe meinen Glauben an die Idee des Paares nicht verloren. Aber es kann sein, daß das so ist, weil ich diesbezüglich ziemlich romantisch bin. An Liebe auf den ersten Blick glaube ich nicht, aber ich glaube an die Liebe als eine Art treibende Kraft. Danach streben wir doch alle, und wir verbringen den größten Teil unserer Zeit damit, über Liebesdinge nachzudenken. Und wenn dieser Teil unseres Lebens nicht in Ordnung ist, kommt einem alles andere völlig zweitrangig vor. Meine Idealvorstellung ist es, eine Beziehung zu haben und damit glücklich zu sein - ein gemeinsames Leben inbegriffen."
Nick Hornby hat sich vor einem Jahr von seiner Frau und seinem kleinen Sohn getrennt. Eine Trennung unter erschwerten Bedingungen, denn der vierjährige Danny ist ein autistisches Kind. Hornbys Wohnung und sein Büro liegen nur wenige Gehminuten von der Familienwohnung entfernt. So kann er Danny jeden Tag sehen und mit ihm in Verbindung bleiben. "Zwei sind nicht genug" resümiert Marcus nach dem mißglückten Selbstmordversuch seiner Mutter, die Zwei sei für Kinder eine gefährliche Zahl. Ein Kind, ein Elternteil, solche 'Zweisamkeit', bestätigt Hornby, ist eine äußerst riskante Konstellation - zwei sind nicht genug, um sicher zu sein: "Ja, das ist einer der Kernsätze", erläutert Hornby. "Wenn wir einen Weg gefunden hätten, den Titel des Buches daraus zu machen, wäre das der Titel gewesen. Aber er war nicht sehr packend, also ließen wir es sein. Aber es ist in jedem Fall einer der wichtigsten Sätze. Es gibt da aber noch einen weiteren, sehr wichtigen Satz, er betrifft die lebensnotwendige Balance zwischen Ironie und Ernsthaftigkeit - einer der wesentlichen Gründe, warum ich ‘About a Boy’ überhaupt geschrieben habe. Will sagt einmal zu sich selbst: ‘Wenn man die Pet Shop Boys hört, ist es unwahrscheinlich, daß man Selbstmord begeht.’"
Um an all diese wunderbaren, alleinerziehenden Frauen heranzukommen, riskiert Will sogar ein paar Minuspunkte auf seinem inneren "Coolometer", erfindet einen zweijährigen Sohn und schließt sich einer Selbsthilfegruppe für Alleinerziehende an. Der Aufwand, davon ist Will absolut überzeugt, wird sich lohnen, schließlich hat er die sagenhaften Verheißungen auf diesem Terrain bereits einmal zufällig kennengelernt:
"Sex mit einer alleinerziehenden Mutter, entschied Will nach seiner ersten Nacht mit Angie, schlug alles, was er bisher an Sex erlebt hatte. Wenn man sich die richtige Frau aussuchte, eine, die vom Vater ihrer Kinder schlecht behandelt und schließlich verlassen worden war und seitdem niemand neuen kennengelernt hatte (weil man wegen der Kinder nicht ausgehen konnte und außerdem viele Männer Kinder nicht mochten (...). Wenn man sich eine von denen aussuchte, dann liebte sie einen dafür. Urplötzlich war man attraktiver, ein besserer Liebhaber, ein besserer Mensch."
Man ahnt es schon: Wills Bluff fliegt schnöde auf. Doch es sind nicht die Supermütter, die dem eingefleischten Yuppie eine Lektion fürs Leben verpassen, sondern ein zwölfähriger Schuljunge namens Marcus. Diesen hat das Schicksal mit einer weltfremden, selbstmordgefährdeten alleinerziehenden Mutter gestraft, mit dem falschen Haarschnitt, den falschen Schuhen und dem falschen Musikgeschmack. Will und Marcus, die Hauptpersonen in Nick Hornbys neuem Romn "About a Boy" kommen aus Welten, wie sie konträrer kaum sein könnten. Durch Marcus lernt Will die ernsteren Facetten des Lebens kennen, Will widerum führt Marcus in die vielfältigen Geheimnisse des In-Seins ein:
"Marcus mußte man beibringen, ein Kind zu sein, nicht erwachsen zu werden. Und das war - zu Wills Pech - genau die Art Beistand, für den er qualifiziert war. Er konnte Marcus nicht erklären, wie man erwachsen wurde, wie man mit einer selbstmordgefährdeten Mutter umgehen sollte oder irgend etwas in der Art, aber er konnte ihm erklären, daß Kurt Cobain nicht für Manchester United spielte, und für einen Zwölfjährigen, der Ende 1993 eine weiterführende Schule besuchte, war das vielleicht die wichtigste Information überhaupt."
Nick Hornby, dessen Vater die Familie verlassen hat, als er elf Jahre alt war, ist wie Marcus mit einer alleinerziehenden Mutter aufgewachsen. Die Vermutung, daß Marcus eine Art Selbstportrait als Halbwüchsiger sein könnte, weist er weit von sich. Er sei zwar in einem von Frauen dominierten Haushalt groß geworden - da waren neben der Mutter noch die Schwester und die Großmutter - aber anders als Marcus habe er sich früh schon gut funktionierende Kompensationen schaffen können. "Das ist nicht meine Jugend", so Nick Hornby. "Die Tatsache, daß ich immer sehr an Pop-Kultur, Musik und Fußball interessiert war, bedeutete, daß ich in der Schule nie isoliert gewesen bin - man gehört dann zur Masse und ich schätze und mag es, zur Masse zu gehören. Ich bin auch gerne alleine und komme auch damit zurecht, nicht der Masse anzugehören, aber ich habe kein Problem, einer unter vielen zu sein, was für Marcus nicht zutrifft."
Marcus ist ein Außenseiter, was er vor allem seiner Mutter Fiona zu verdanken hat. Die frankophile Enddreißgerin mit einer unausrottbaren Vorliebe für unförmige Leggings, Schlabbersweatshirts, für Joni Mitchell und Bob Marley hält ihren Filius von allem fern, was für seine Altersgenossen selbstverständlich ist: Fernsehen, Computerspiele und Platten von Kurt Cobain und Snoop Doggy Dogg. Ihr Erziehungsstil besteht vor allem in einer endlosen "Du-da-müssen-wir-drüber-reden"-Tirade, eine Pseudoverständigkeit, die dem Jungen bei Schlägereien auf dem Pausenhof nicht unbedingt weiterhilft.
"About a Boy" hat wie "Fever Pitch" und "High Fidelity", die früheren Romanerfolge von Hornby, einen unwiderstehlich ironisch-lebensklugen Sound. Die Milieubeschreibungen sind treffsicher und von geradezu globalem Wiedererkennungswert. Die Dialoge haben ebenso viel Schlagfertigkeit und Witz wie existentiellen Tiefgang. Die spannende Story überzeugte übrigens auch in Hollywood: Robert de Niro hat die Filmrechte an "About a Boy" für 1,8 Millionen Pfund gekauft.
Seine Art des Schreibens, erklärt Hornby, habe im Grunde mehr mit Musik denn mit abstrakter Ideenfindung zu tun. Bei "About a Boy" sei es ihm darum gegangen, ein ganz bestimmtes Lebensgefühl, Einsamkeit, und Verlorenheit auszudrücken: "Nehmen wir beispielsweise "About a Boy" - da stelle ich mir Situationen und Charaktere vor, die diese Gefühle in sich bergen können. Es ist also keineswegs so, daß ich morgens aufwache und denke: Aha, ich möchte über die Notlage der alleinerziehenden Frauen in unserer heutigen Gesellschaft reden. So ist das ganz und gar nicht. Es ist viel wahrscheinlicher, daß das Ganze von der Musik her beeinflußt wird oder sogar ein Resultat des Musikhörens ist und dann dazu führt, daß ich diesen Empflndungen eine Form verleihen möchte."
Um Gefühle, insbesondere um die Sehnsucht nach den großen Gefühlen in einem ganz durchschnittlichen Leben, um dieses Thema geht es in allen Romanen von Nick Hornby. Die Brüchigkeit von modernen Beziehungen und insbesondere die Risiken und Erfahrungen, die für die Kinder damit verbunden sind, sind das zentrale Thema in seinem jüngsten Roman. Könnte es denn sein, daß Nick Hornby das Vertrauen in Partnerschaften mit zunehmendem Alter abhanden gekommen ist? "Nein. Ich habe meinen Glauben an die Idee des Paares nicht verloren. Aber es kann sein, daß das so ist, weil ich diesbezüglich ziemlich romantisch bin. An Liebe auf den ersten Blick glaube ich nicht, aber ich glaube an die Liebe als eine Art treibende Kraft. Danach streben wir doch alle, und wir verbringen den größten Teil unserer Zeit damit, über Liebesdinge nachzudenken. Und wenn dieser Teil unseres Lebens nicht in Ordnung ist, kommt einem alles andere völlig zweitrangig vor. Meine Idealvorstellung ist es, eine Beziehung zu haben und damit glücklich zu sein - ein gemeinsames Leben inbegriffen."
Nick Hornby hat sich vor einem Jahr von seiner Frau und seinem kleinen Sohn getrennt. Eine Trennung unter erschwerten Bedingungen, denn der vierjährige Danny ist ein autistisches Kind. Hornbys Wohnung und sein Büro liegen nur wenige Gehminuten von der Familienwohnung entfernt. So kann er Danny jeden Tag sehen und mit ihm in Verbindung bleiben. "Zwei sind nicht genug" resümiert Marcus nach dem mißglückten Selbstmordversuch seiner Mutter, die Zwei sei für Kinder eine gefährliche Zahl. Ein Kind, ein Elternteil, solche 'Zweisamkeit', bestätigt Hornby, ist eine äußerst riskante Konstellation - zwei sind nicht genug, um sicher zu sein: "Ja, das ist einer der Kernsätze", erläutert Hornby. "Wenn wir einen Weg gefunden hätten, den Titel des Buches daraus zu machen, wäre das der Titel gewesen. Aber er war nicht sehr packend, also ließen wir es sein. Aber es ist in jedem Fall einer der wichtigsten Sätze. Es gibt da aber noch einen weiteren, sehr wichtigen Satz, er betrifft die lebensnotwendige Balance zwischen Ironie und Ernsthaftigkeit - einer der wesentlichen Gründe, warum ich ‘About a Boy’ überhaupt geschrieben habe. Will sagt einmal zu sich selbst: ‘Wenn man die Pet Shop Boys hört, ist es unwahrscheinlich, daß man Selbstmord begeht.’"