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Absatzprobleme bei Bundesanleihen

Sie galten als sichere Bank und die Nachfrage war bisher groß: deutsche Bundesanleihen. Doch jetzt hat sich das Blatt überraschend gewendet. Der aktuelle Verkauf war erschreckend schwach.

Von Felix Lincke | 23.11.2011
    Schon zum neunten Mal in diesem Jahr gelingt es der Finanzagentur des Bundes nicht mehr, alle Bundesanleihen zu platzieren. Doch diesmal geht es nicht um ein paar Millionen, die man vielleicht als den üblichen Anteil hätte durchgehen lassen. Bei dieser Auktion von zehnjährigen Bundesanleihen fehlen Milliardenbeträge bei der Nachfrage nach den neuen Papieren. Wertpapierhändler Dirk Müller hat so etwas noch nicht erlebt:

    "Normalerweise sind die deutschen Anleihen stark überzeichnet, fast jeder möchte sie haben. Jetzt lag die Zeichnungsquote bei 1,1. Das bedeutet, es war schwierig, die Anleihen zu platzieren. Das ist natürlich eine Sensation, wenn Deutschland schon Schwierigkeiten hat, seine Anleihen zu platzieren, das muss man erst mal sortieren."

    Auch die Finanzagentur des Bundes muss einräumen, dass die Anleihen-Auktion des heutigen Tages in jüngster Zeit ohne Beispiel ist. Im Normalfall hält die Finanzagentur, die eine Tochter des Bundes ist und für die Bundesregierung eine möglichst effiziente Verwaltung der Schulden durchführt, einen geringen Prozentsatz einer Emission zurück. Sie kann damit später kleinere Kursdifferenzen am Markt ausgleichen, indem sie Angebot und Nachfrage beeinflusst. Doch die übliche Obergrenze von 20 Prozent wurde heute um mehr als Hälfte überschritten. Die Finanzagentur wird nun versuchen, bei institutionellen Investoren wie Pensionsfonds oder Versicherungen ein Teil der Bundesanleihen direkt zu platzieren, die der Markt diesmal verschmäht hat. Sie tut das sozusagen auf eigene Rechnung, damit dem Bund bei seiner Haushaltsführung in Berlin kein Schaden in seiner Etatplanung entsteht, und sich dort keine überraschenden Finanzierungslücken auftun. Das soll auf keinen Fall passieren. Von 276 Milliarden Euro, die im Namen des Bundes im laufenden Jahr bisher angeboten wurden, ist die Agentur nur auf sechs Milliarden Euro sitzen geblieben, 2,4 Milliarden Euro davon stammen allerdings von heute. Die nahezu makellose Emissionsbilanz hat damit einen Flecken bekommen, die Euro-Krise ihren ersten Schatten geworfen. Ein Käuferstreik der Banken, die nicht einmal Bundesanleihen wollen, lässt den Rentenmarkt erstarren. Auch Robert Halver von der Baader Bank sieht darin eine entscheidende Zuspitzung:

    "Die Finanzrevolution in der Eurozone frisst auch ihre Lieblingskinder mittlerweile. Deutschland ist ja der letzte aufrecht stehende Stabilitätsanker, aber alles können wir auch nicht hier wuppen. Die Finanzmärkte sagen ganz klar, wenn Deutschland der letzte Haftungsgeber ist, wird die Last zu schwer. Wir können nicht die anderen Länder durchstützen. Die Finanzmärkte sind sagen: Ihr braucht jetzt eine andere Lösung, ihr könnt nicht über Eurobonds gehen, ihr müsst die EZB kaufen lassen."

    Der Euro-Rettungsfonds EFSF funktioniert nicht, Euro-Bonds will die Bundesregierung nicht. Eine Finanzierung von Staatsschulden durch EZB und Bundesbank wird ebenfalls abgelehnt. Alle scheinen zu wissen, was sie nicht wollen. Was sie wollen und wie eine praktikable Lösung der Euro-Krise aussehen könnte, bleibt dabei offen. Feststeht, dass die üblichen Sparappelle nicht mehr fruchten; niemand kann schnell genug Schulden abbauen, um die akuten Finanzierungsprobleme in den Griff zu bekommen, offenbar auch die Bundesregierung nicht.