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Absolut abweisend

Materialforschung. - Züricher Chemiker haben eine Methode entwickelt, mit der Textilien, Metalle oder Kunststoffe dauerhaft versiegelt werden und Wasser oder andere Flüssigkeiten erst gar keinen Kontakt mit dem Material haben. Den Forschern zufolge handelt es sich um die wasserabweisendste Methode der Welt.

Von Michael Stang |
    Wasser findet seinen Weg. Dieser Spruch fällt nicht nur bei Rohrbrüchen, sondern macht auch der chemischen Industrie zu schaffen. Deshalb forschen Wissenschaftler weltweit nach Beschichtungsmöglichkeiten für verschiedene Oberflächen wie Glas, Holz, Metalle, Textilien oder Kunststoffe, die sie möglichst permanent wasserabweisend machen. Einen völlig neuen Ansatz mithilfe der Nanotechnologie verfolgt Stefan Seeger vom Institut für physikalische Chemie der Universität Zürich.

    "Wir haben diese Technologie versucht in einer Weise zu entwickeln, dass man Materialien beschichten kann und die dann völlig resistent sind gegenüber Wasser und auch anderen Flüssigkeiten. Und dann hat man ganz tolle Effekte, zum Beispiel einen Stoff, der eben ins Wasser eingetaucht werden kann und der komplett trocken bleibt und das auch über Monate hinweg."

    Für die Beschichtung ist nur einen Arbeitsschritt nötig. Der Ausgangsstoff zur Veredlung stammt aus der chemischen Stoffgruppe Silane und ist als Abfallprodukt aus der Siliziumindustrie kostengünstig zu beziehen. Silane bestehen aus einem Silizium-Grundgerüst und Wasserstoff. Der Grundstoff wird in einer Kammer unter einer bestimmten Temperatur und Luftfeuchtigkeit gleichmäßig aufgetragen. Genauere Informationen fallen unter das Betriebsgeheimnis, sagt Stefan Seeger. Denn die Methode soll, so die Hoffnung, breite Einsatzmöglichkeiten in die Industrie finden.

    "Was wir herstellen, ist ein Polymer aus vielen einzelnen Molekülen, die miteinander verkettet werden."

    Dabei handelt es sich um eine normale Polymerisationsreaktion, bei der einzelne Moleküle, sogenannte Monomere, zu langen Ketten wachsen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Methoden wird der Ausgangsstoff nicht flüssig, sondern gasförmig in das Material eingebracht. Die gasförmigen Teilchen diffundieren sehr leicht auch in die allerkleinsten Nischen und Poren hinein. Die ganze Prozedur dauert nur rund eine halbe Stunde. Seeger:

    "Wir bauen diese Filamente erst auf - auf den Textilien. Das sind also nicht fertige Filamente, die sozusagen dann irgendwie aufgeklebt würden, sondern die wachsen sozusagen aus der Gasphase heraus direkt auf den Oberflächen. Und wir setzen Moleküle ein, die am Ende zu Silikon führen, das heißt, wir haben winzigste Silikonfäden dann generiert auf diesen Oberflächen."

    Millionen winzige Silikonfäden auf der Oberfläche machen das auf diese Weise behandelte Material wasserdicht. Ähnlich wie ein auf Gras liegender Fußball nicht den Boden berührt, hat Wasser keinen Kotakt mit dem Material, sondern schwebt praktisch darüber. Wassertropfen bleiben auf der Oberfläche als sphärische Kugeln stehen. Schon bei der geringsten Neigung rollen sie rückstandsfrei ab. Mittlerweile schaffen es die Schweizer Forscher Flächen von zwei bis drei Quadratmetern mit der neuen Methode zu veredeln. Polyester, das in ersten Tests auf diese Weise behandelt wurde, erwies sich als das weltweit wasserabweisendste Material – und das über Monate hinweg. So blieb das Gewebe, das zwei Monate unter Wasser gehalten wurde, völlig trocken. Ein derart präpariertes Gewebe sei praktisch kaum vom unbehandelten Stoff zu unterscheiden, sagt Stefan Seeger.

    "Man sieht in ganz seltenen Fällen eine leichte Farbverstärkung. Meistens sieht man gar nichts und man spürt auch nichts, wenn man es angreift."

    Um die Technik großflächig in der Textilindustrie einsetzen zu können, muss die Methode allerdings noch angepasst werden. Bis zum ewig trockenen Schwimmanzug dauert es wohl noch eine Weile. Einfacher ist da die Beschichtung von starren Oberflächen wie etwa Kameralinsen oder Solarpanels, die nicht verschmutzen können. Auch bei Verpackungen für Arzneimittel sei der Weg hin zur Marktreife fast geschafft.