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Absurdes Akkordeon Theater
Musik mit berauschender Wirkung

Die Band aus Oberammergau war viel unterwegs, sie hat in Klubs und auf Festivals gespielt und ist ohne Plan, aber mit viel Neugier durch Texas und Louisiana gereist. Jetzt erscheint "Zaun", das zweite Album von Kofelgschroa.

Von Andi Hörmann | 11.11.2014
    "Eine gewisse Bierseligkeit, ein gewisses Taumeln und eine Trunkenheit. Und dann unsere Musik dazu - das funktioniert."
    Musik, die zum Bier funktioniert. Oder umgekehrt! Egal. Die Lieder von Kofelgschroa haben eine berauschende Wirkung, eine gehaltvolle Stammwürze - ein pikantes Gebräu, ein Mix aus dem wuchtigen Heimat-Rhythmus der Tuba und den watteweichen Sehnsuchtsmelodien des Akkordeons. Und dann dieser gefangen nehmende Gesang von Maximilian Pongratz:
    Ein Kauderwelsch wie vergorener Hopfensud zur Starkbier-Zeit: getränkt im bayerischen Dialekt, mit schwindelndem Hochdeutsch, in Oberammergauer Klangfarbe.
    In seiner kleinen Zweizimmerwohnung in München-Giesing packt Maximilian Pongratz es aus, sein ramponiertes Schüler-Akkordeon. Reißverschluss, schwarze Nylontasche - ein wenig wie der Schulranzen aus der Unterstufe. Die Luft-Lamellen zwischen Bass-Knöpfen und Melodie-Tastatur sind mit Wasserfarben angepinselt: Pink und grün. Die Mechanik klappert, Register klemmen.
    "Ich weiß nicht wie alt das ist. Das habe ich gebraucht gekauft. Aber ich spiele mit dem eigentlich sehr gerne, weil es sehr leicht ist und es hat eine ganz eigene Klangfarbe. Es hat was Holziges und ich mag auch dieses Schepperhafte, weil das zugleich, für uns, die wir kein Schlagzeug haben, eine leichte Percussion ist. Jeder Ton macht zugleich einen mechanischen Ton. Das ist eigentlich für manche störend, aber für mich ist das gerade schön."
    Musikalische Grenzgänger
    Mit "Zaun" veröffentlichen Kofelgschroa nun ihr zweites Album. Grenzen sind auch ihr großes Thema - zumal sie doch selbst musikalische Grenzgänger sind und das Land erobern, auf dem Territorium der neuen Volksmusik aus Bayern.
    "Grenzen sind Ampeln, sind Hecken, sind so vieles. Das ist ein spannendes Thema: Zäune. Aber ich habe kein Fazit. Zaun ist auch so ein schönes Wort: Es ist sehr sperrig, sehr kühl und sehr kurz."
    Sperrig, kühl und kurz - eigentlich all das, was die Lieder von Kofelgschroa gerade nicht sind. Sie leben von der Herzenswärme des Musizierens, sie sind ausufernd und eindringlich, hypnotisierend und mantrahaft - ein Abgesang auf den Großstadt-Trubel, ein Lobgesang auf die Wirtshaus-Gemütlichkeit.
    "Ich mag gerne tagsüber Kaffee trinken und den Leuten zuschauen, und abends Bier trinken und den Leuten zuschauen."
    Maximilian Pongratz beobachtet genau, erzählt Geschichten, die das Leben schreibt. In den Texten huldigt er dem Müßiggang: Wie lästig ist doch das Zähneputzen zu schlaftrunkener Zeit, wie nervig ist das Aufräumen der verwüsteten Wohnung nach einer Partynacht. Kofelgschroa preisen mit ihren Schunkel-Rhythmen die kindliche Anarchie einer Pipi Langstrumpf und beschwören die Mainzelmännchen als Verbündete der Faulenzer.
    "Rasen mähen und Laub rechen finde ich so eine überflüssige Arbeit. Komisch, dass man das jede Woche machen soll: im Herbst das Laub zusammen rechen. Wo es doch eigentlich sauschön ist, wenn es am Boden liegt."
    Vertonung von ländlichen Traditionen
    Herbstbuntes Laub, wie es tänzelnd im Wind Pirouetten dreht - Kofelgschroa machen die Musik dazu. Mit Tuba und Trompete, Akkordeon und Gitarre spielen sie sich in Trance, ihre Gesänge werden im Kanon zu einem am Techno geschulten Volksmusik-Minimalismus. So vertonen sie ländliche Traditionen, wie etwa das Phänomen der Hausnamen in Oberammergau. Ein Haus, ein Hof oder ein Anwesen bekommt sozusagen einen Spitznamen. Daraus wird ein absurdes Akkordeon-Theater - zum Tanzen, zum Lachen, zum Weinen schön.
    "Der Hausname ist ein Spitzname oder eine Bezeichnung für ein bestimmtes Merkmal, für einen Beruf oder was weiß ich. Die klingen einfach sehr lustig und schön."
    Kofelgschroa - in ihren Harmonien stecken Heimat und Freiheit, das Aufbegehren gegen kleinbürgerliches Scheuklappen-Denken. Und ganz viel Liebe zum Leben.
    "In jedem Lied ist eine Sehnsucht drin und ein Fernweh und ein Heimweh. Zumindest genauso viel wie Heimatverbundenheit haben wir auch das Gegenteil: Wir sehnen uns glaube ich schon nach keiner Heimat."
    Tourdaten:

    13.11. Nesselwang, Alpspitzhalle
    14.11. Rattenberg, Burggasthof Neurandsberg
    15.11. Erlangen, E-Werk