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AfD-Versammlung zur Europawahl
Stark machen gegen Brüssel in Sachsen

Das Europawahl-Programm wird die AfD-Delegierten auf ihrem am Freitag beginnenden Europaparteitag in Riesa wohl länger beschäftigen. Schon im Vorfeld wird deutlich: Der Leitantrag mit seiner Forderung nach einem "Dexit" - einem möglichen EU-Ausstieg Deutschlands - ist parteiintern umstritten.

Von Nadine Lindner |
    Delegierte halten während eines Landesparteitages der hessischen AfD ihre Stimmkarten nach oben.
    Fundamentale oder die pragmatische EU-Kritik: Für welchen Weg wird sich die AfD entscheiden? (dpa-Bildfunk / Andreas Arnold)
    Der Leitantrag zur Europapolitik, über den die gut 600 Delegierten in Riesa abstimmen müssen, hat es in sich. Als einer der Punkte wird ein Dexit - ein möglicher Ausstieg Deutschlands aus der Europäischen Union diskutiert. Dieser sei notwendig, wenn nicht binnen fünf Jahren, also innerhalb der nächsten Legislaturperiode grundlegende Reformen im Sinne der AfD verwirklicht werden.
    Streit um den Leitantrag
    Diese Formulierung ist selbst Parteichef Jörg Meuthen zu hart, er unterstützt einen Änderungsantrag: "Die Forderung im Leitantrag ist vorgesehen als Ultima Ratio, sollte sich die Europäische Union als nicht reformfähig erweisen. Ich betone ausdrücklich, dass es nicht das Ziel der AfD ist, aus der EU auszutreten." Welche konkreten Schritte dies seiner Meinung nach sein sollen, sagt Meuthen nicht.
    Noch zurückhaltender äußert sich Vize-Parteichef Georg Pazderski, der gleichzeitig die Erarbeitung des Leitantrags im Bundesfachausschuss kritisiert:
    "Weil eben viele der Personen, die so etwas formulieren und daran arbeiten, noch nie international gearbeitet haben. Die also glauben, das ginge so ad hoc. Da werden wir sicherlich Diskussionen beim Parteitag haben, aber da wird sich die Vernunft durchsetzen."
    Fundamentale oder pragmatische EU-Kritik?
    Pazderski und Meuthen möchten also die Formulierung im Leitantrag aufweichen. Statt nur einer Legislaturperiode wie gefordert, soll ein längerer Zeitraum angegeben werden. Spannend wird also, ob sich in Riesa die fundamentale oder die pragmatische EU-Kritik durchsetzt.
    In das Europaparlament, das die AfD in ihrem Leitantrag als "undemokratisch" bezeichnet, wollen sie möglichst viele Kandidaten entsenden, um es dann perspektivisch von 751 Abgeordneten auf 100 Entsandte der Nationalstaaten zu schrumpfen. Die Entscheidungen sollen vorzugsweise dann in Abstimmung der nationalen Regierungen fallen. Auch die Kompetenzen des Europäischen Gerichtshofs sollen radikal verändert werden. Derzeit hat die AfD wegen zahlreicher Austritte und Spaltungen statt sieben nur noch einen einzigen Abgeordneten im Europaparlament: Co-Parteichef Jörg Meuthen.
    Viel Gesprächsbedarf auch im Bundesvorstand
    Es ist nicht nur die Europapolitik, die die AfD in Riesa beschäftigt: Hinter verschlossenen Türen tagt vor dem Parteitag der Bundesvorstand der AfD. Gesprächsbedarf gibt es genügend. Da ist zum Beispiel die drohende Beobachtung durch den Verfassungsschutz. In den kommenden Wochen will das Bundesamt entscheiden, ob die Gesamtpartei, nur einzelne Gruppierungen und Personen oder niemand beobachtet wird.
    Auch hier ist die Position innerhalb des Bundesvorstands in Nuancen unterschiedlich, Jörg Meuthen:
    "Wir werden uns davon nicht beeindrucken lassen. Wir gehen unseren Weg. Wir wissen, dass wir Rechtsstaatspartei sind. Wir wissen, dass wir vollständig gewaltfrei sind."
    Georg Pazderski dazu: "Wir haben eine ganze Menge von Maßnahmen ergriffen. Sie wissen, dass wir die Arbeitsgruppe Verfassungsschutz eingerichtet haben. Dass wir auch in bestimmten Bereichen deutlich gemacht, was in dieser Partei geht und was nicht geht."
    Gegendemonstration angekündigt
    Die Europawahlversammlung dauert bis Montag. Für Samstag haben sich unter dem Motto "AfD adé" Gegendemonstranten angemeldet. Der Tagungsort Riesa liegt im Norden von Sachsen zwischen Leipzig und Dresden. Die Stadt mit 30.000 Einwohnern ist eine der AfD-Hochburgen im Freistaat. Bei der Bundestagswahl 2017 lag die Partei mit 30,8 Prozent vor der CDU. In Sachsen wird im September ein neuer Landtag gewählt.