Tony Allen trohnt in der Mitte der Bühne am Schlagzeug-Set. Um ihn herum ist seine sechsköpfige Begleitband gruppiert.
Das Publikum im bestuhlten Auditorium, dem ausverkauften großen Saal des HKW, lauscht zunächst geradezu andächtig.
Den 74-jährigen Tony Allen an seinem Instrument zu beobachten, ist beeindruckend: Er sitzt kerzengerade, die Arme bewegen sich nur unmerklich. Doch es klingt so, als ob zu einem Grundbeat ein weiterer Schlagzeuger improvisieren würde. Tony Allen sagt, er versuche nur, alle Möglichkeiten auszuschöpfen:
"Die meisten Drummer benutzen das zweite Schlagzeugpedal kaum. Das klingt sehr mono. Ich will aber einen stereofonen Klang und dass zur gleichen Zeit viel zu hören ist. Dafür setze ich alle meine vier Hände und Füße ein."
Zu einem repetitiven rhythmischen Gerüst spielt Allen kontrapunktische Schläge, minimale Tempiwechsel. Dabei bleibt er so "tight", dass er das "menschliche Metronom" genannt wurde oder auch einfach: "Der wichtigste Schlagzeuger der Welt". Detlef Diederichsen, der Musikchef des HKW, findet, dass Allen solche Ehrentitel verdient hat:
"Wenn ich Tony Allen zuhöre, bin ich immer noch am Staunen. Die Bewegungen sind alle irgendwie so ganz beiläufig und da ist kein großes Gehabe am Schlagzeug, keine Kraftmeierei oder so was, aber es kommt dabei etwas total Eigenes raus. Und insofern ist mein Respekt vor Tony Allen absolut grenzenlos."
"Afrika wird von verrückten Politikern regiert"
In Berlin ist Allen, um "Film of Life" vorzustellen, sein zehntes Solo-Album. Die Platte so angenehm zurückhaltend wie sein Schlagzeugspiel. Mal klingt sie wie "Shaft", mal wie "Miami Vice", mal entspannt dubbig, mal nach treibenden, psychedelischen Afrobeat.
Seit vielen Jahren lebt Tony Allen in Europa, aber er hält weiter Kontakt in seine Heimat. Doch politisch einmischen wie damals gemeinsam mit Fela Kuti will er sich heute nicht mehr.
"Afrika wird von verrückten Politikern regiert. In Europa bringen Proteste etwas, dort nicht. Musik kann das nicht ändern. Fela Kuti hat mit seinen Liedern viel Kritik geübt. Und was hat das geändert? Nichts..."
Trotzdem ist Allen kein Pessimist. Er glaubt an "Evolution", Entwicklung. Und beim Konzert bedankt er sich gleich "millionenfach" beim Publikum. Am Ende kriegt er alle rum: Getanzt wird nicht nur in den Gängen, sondern auch an den Sitzplätzen.