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Agent Orange lauert noch immer im Dschungel

Umwelt. ? Fast drei Jahrzehnte ist es jetzt her, dass der Vietnam-Krieg zu Ende ging. Erst jetzt haben die einstigen Gegner ein erstes gemeinsames Umweltforschungsprojekt im früheren Kriegsgebiet vereinbarten. Im Vordergrund steht dabei das vom US-Militär zur Waldentlaubung versprühte Pflanzenschutzmittel Agent Orange. Noch schneller als die US-Forscher waren jedoch Wissenschaftler der Universität Mainz, die vor Ort bereits Boden- und Wasserproben entnahmen.

06.05.2002
    Fast vier Jahrzehnte sind die Sprüh-Einsätze der US-Militärflugzeuge in Vietnam jetzt her, doch noch heute sind Spuren der Entlaubungsaktionen im vietnamesischen Dschungel erkennbar. "Nachdem die Gelände erfolgreich entlaubt wurden, sind die Areale heute meistens Agrarland, Busch oder Brachland, ohne großen Bewuchs", berichtet Anke Wendelborn. Die Geologie-Diplomandin der Universität Mainz bereiste vergangenen Dezember Ma Da, eine Region nordöstlich von Ho-Chi-Minh-Stadt, dem früheren Saigon, um dort Proben von Boden und Grundwasser zu gewinnen:

    Aus technischen Gründen waren die von den Amerikanern versprühten Herbizide mit Dioxinen und Furanen verunreinigt. "Allein von Agent Orange sind 78 Millionen Liter versprüht worden. Das entspräche etwa tausend Tanklastzügen", resümiert Thilo Hofmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe "Angewandte Geologie" in Mainz. Noch bis heute hält die Giftwirkung der Dioxine an, denn die Chlor-Chemikalien sind biologisch nur schwer abbaubar. Angesichts ihrer langen Halbwertzeit im Boden von über zwölf Jahren stellte sich für Forscher der Naturwissenschaftlichen Universität Ho-Chi-Minh-Stadt die Frage, ob die Dioxine möglicherweise das Grundwasser und das daraus gewonnene Trinkwasser belasten. Im Rahmen einer Kooperation mit der Universität Mainz gehen daher jetzt auch deutsche Forscher dem Problem nach.

    Zwar sind Dioxine praktisch nicht wasserlöslich, allerdings können sie an Schwebestoffe geheftet über das Sickerwasser in tiefere Bodenschichten gelangen. In welchem Ausmaß diese so genannte "kolloidale" Verbreitung geschieht, kann Thilo Hofmann noch nicht sagen, denn noch seien nicht alle Proben analysiert. Doch sprächen schon jetzt zwei Befunde dafür, dass auch das Grundwasser in den ehemaligen Sprühzonen dioxinbelastet ist. Hoffmann: "In Bodenproben wiesen wir bereits Dioxin nach." Überdies seien bereits in dortigen Trink- und Grundwässern hohe Kolloid-Konzentrationen festgestellt worden. Allerdings hat der Wissenschaftler beide Befunde noch nicht zusammenführen können: "An den Wasserproben muss jetzt noch die Höhe der Dioxinkonzentrationen ermittelt werden."

    [Quelle: Volker Mrasek]