Archiv


Akademisch geprüfter Sprengmeister

Die technische Universität Cottbus verfügt eine ganz besondere staatliche Erlaubnis. Nach Paragraph 7 Sprengstoffgesetz darf sie mit großen Mengen Sprengstoff hantieren, diese kaufen, lagern und in die Luft jagen. Die besondere Genehmigung hat sie ihrem Professor für Altlasten Wolfgang Spyra zu verdanken. Der schießt seit vielen Jahren Feuerwerke in die Luft und begeistert damit auch seine Studierenden.

Von Claudia van Laak |
    Robert Hozan wischt sich den Schweiß von der Stirn. Es ist 21.00 Uhr. Nur noch eineinhalb Stunden Zeit, dann soll das Feuerwerk auf dem Gelände der Bundesgartenschau in Potsdam starten. Der 25jährige Student hält mehrere Drähte in der Hand.

    Im Moment verkabele ich die einzelnen Zündkreise, das ist das Abschlußbild vom 4. Akt, ich muss mich jetzt ranhalten. Dann muss man noch durchmessen um zu sehen, dass die Leitung steht.

    Robert Hozan schreibt gerade seine Diplomarbeit - bald hat er den Abschluß als Umweltingenieur in der Tasche. Während seines Studiums an der TU Cottbus hat er eine besondere Zusatzqualifikation erworben.

    Wir sind jetzt Befähigungsscheininhaber nach Paragraph 20 Sprengstoffgesetz. Wir dürfen unter Aufsicht unseres Professors verantwortliche Feuerwerker sein und müssen natürlich auch aufpassen, dass nichts passiert.

    Sein Kommilitone Robert Merkel ist erst zum zweiten Mal dabei und entsprechend aufgeregt. Auch er möchte gerne eine staatliche Prüfung als Feuerwerker ablegen. Dazu muss er nachweisen, dass er bei 26 Feuerwerken als Hilfspyrotechniker dabei war. Ich verwirkliche mir meinen Kindertraum, sagt der 23jährige Student.

    Als Kind sieht das jeder gern, wenn das blitzt und knallt, das ist toll. Als Kind will man das immer machen, aber darf nicht. Jetzt darf ich endlich, das ist toll.

    Der Chemiker Wolfgang Spyra hilft dabei, dass seine Studierenden ihre Kinderträume verwirklichen können. Der Professor für Altlasten ist seit 18 Jahren begeisterter Feuerwerker.

    Ich bin durch strafbare Handlungen dazu gekommen, bei der Aufklärung von strafbaren Handlungen. Ich war über ein Jahrzehnt Leiter der Kriminaltechnik im land Berlin. Habe mich dann entschlossen, um auch mitreden zu können, die Qualifikation zu erwerben, habe Feuer gefangen und das lodert bis heute.

    Wolfgang Spyra gibt seinen Studenten die letzten Anweisungen. Absolute Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit sind Pflicht, es stehen Menschenleben auf dem Spiel.

    Über diese Brücke bekomme ich besonders gute Studenten. Die sind fachlich begabt, die sind künstlerisch begabt. Und hier auf dem Feld bekommen sie einen Reifeprozess, den sie im Hörsaal nie bekommen können.

    Die Studenten haben Löcher in den Boden gegraben und Papphülsen versenkt. Darin stecken Zylinderbomben. Wolfgang Spyra zieht vorsichtig eine heraus.

    Jeder Schlag setzt einen neuen Effekt frei. Hier sind 5 Kilo Sprengstoff drin, das geht bis auf 160 Meter hoch und bedeutet, dass die Zuschauer völlig eingehüllt werden von diesem Effekt.

    Die Sonne ist untergegangen, der Himmel klar. Ein lauer Sommerabend, perfektes Wetter für ein Feuerwerk.

    Rotviolette bengalische Feuer lodern, Feuerräder beginnen sich zu drehen. Dann geht es Schlag auf Schlag. Nach 10 Minuten haben Wolfgang Spyra und seine Studenten 800 Kilo Sprengstoff in die Luft gejagt. Der Dank für drei Monate Arbeit ist der Applaus von 10.000 Zuschauern.