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Akademisierung
Pflegeberufe mit Bachelor-Abschluss

Altenpfleger, Krankenpfleger, Ergotherapeuten oder Logopäden - das sind klassische Ausbildungsberufe. Doch sie können mittlerweile auch studiert werden. Ob Physiotherapeuten oder Hebammen mit Bachelorabschluss bessere Arbeitschancen und Verdienstmöglichkeiten haben, bleibt fraglich.

Von Jessica Sturmberg | 22.11.2014
    Im Vordergrund eine Rose, im Hintergrund ein Krankenbett mit einer alten Frau und einer jüngeren am Bett.
    Der Bedarf an gut ausgebildetem Personal im Gesundheitswesen wachse generell, darunter brauche es verstärkt auch Höherqualifizierte für Leitungspositionen. (Picture-alliance / dpa / Sebastian Kahnert)
    "Dann suchen wir uns mal einen Ton aus einer mittleren Lage und schütteln den Ton aus und lassen den Ton dabei nach unten fallen ... und noch einmal ... und gleich noch einmal."
    Steffen Glückselig unterrichtet Logopädiestudenten im Fach Sprecherziehung.
    "Jetzt probieren wir mal aus, ob das auch in der umgekehrten Richtung geht ... und jetzt wieder von oben nach unten ... Jetzt werden wir dabei noch etwas lauter und kräftiger ... und noch ein mal ..."
    Vorlesungen und praktische Ausbildung
    Damit die Studenten lernen, wie man Stimmen heilen kann, müssen sie zunächst alle Facetten der Sprecherziehung erlernen: Stimmgebung, Atmung, Körperhaltung, Artikulation. An der Hochschule für Gesundheit in Bochum bekommen sie zum einen dazu die praktische Ausbildung. Zum anderen besuchen die Studenten aber auch Vorlesungen über Therapiemethoden, Studienauswertungen, Statistik oder Fachenglisch.
    "Das gesamte Studium der Logopädie dauert hier sieben Semester. Und die Besonderheit hier am Studiengang ist - das trifft aber auch für die anderen Studiengänge zu - dass die Leute nach sechs Semestern ihren Berufsabschluss bekommen, das heißt, die werden staatlich anerkannte Logopäden und ein Semester später bekommen sie dann ihren Bachelor-Abschluss."
    Höherqualifizierte für Leitungspositionen
    Erläutert Sprechwissenschaftler Steffen Glückselig. Die Hochschule für Gesundheit in Bochum ist staatlich. Sie bietet fünf Bachelor-Studiengänge an: Neben der Logopädie, die Ergotherapie, Physiotherapie, Pflege und Hebammenkunde. Der Bedarf an gut ausgebildetem Personal im Gesundheitswesen wachse generell, aber darunter brauche es verstärkt auch Höherqualifizierte für Leitungspositionen, für die Berufsverbände, Ministerien oder im praktischen Bereich hoch spezialisierte Kräfte, betont Hochschul-Präsidentin Anne Friedrichs:
    "Zum Beispiel in der Betreuung von Alzheimer-Patienten oder sie haben eine besondere Kompetenz im Bereich der Wundversorgung oder eine dieser Spezialthemen, in denen man auch nicht mehr tätig sein kann ohne eben doch ein höheres Maß an Qualifikation zu haben als die Fachschulen heute in der Lage sind bereit zu stellen."
    Anne Friedrichs sieht derzeit keine Konkurrenz zwischen Hochschulen und den Fachschulen. Es gebe diejenigen, die eher an der reinen Ausübung ihres Berufes interessiert sind und diejenigen, die einen übergeordneten Weg verfolgten oder denen in der praktischen Anwendung eine wissenschaftliche Fundierung wichtig sei: "weil man nämlich auf dem neuesten Stand der Forschung ist, weil man in der Lage ist, wenn man selber studiert hat, auch eigene Forschungsfragen zu formulieren aus der Praxis heraus, die wieder in die Forschungseinrichtungen hinein zu transportieren. Und wir wissen eben auch, dass die Krankenkassen ein großes Interesse daran haben, die Evidenzbasierung von Therapien auch feststellen zu können, denn die Krankenkassen investieren ganz, ganz viel in therapeutische Maßnahmen und wissen im Grunde genommen ganz wenig über die Wirksamkeit."
    Wissenschaftliche Fundierung
    Das zu ändern sieht Anne Friedrichs als zentrale Aufgabe ihrer Hochschule. Soweit die volkswirtschaftliche Sicht. Doch wie zahlt sich ein akademischer Grad für die Absolventen aus? Bisher gibt es in den Tarifen keinen Unterschied zwischen Akademikern oder Nichtakademikern. Und die Verdienstaussichten in den Gesundheitsberufen sind für Hochschulabolventen wenig attraktiv.
    "Also ich denke, dass wir genau so viel verdienen wie alle anderen, aber ich denke, dass unsere Aussichten trotzdem auf dem Arbeitsmarkt natürlich besser sind und dass wir durchaus auch Dinge anders angehen können als die anderen."
    Meint dieser Student. Mittlerweile hat die Hochschule die ersten Absolventen hervorgebracht, die Hochschulleitung will nun nachverfolgen, welche Wege ihre Akademiker gehen. Und was hatte die Studierenden der ersten Jahrgänge dazu bewogen die akademische Variante ihres Berufswunsches zu wählen?
    "Weil man nicht wie an einer privaten Ausbildungsstelle so viel Geld bezahlen muss, also das kostet im Monat 400 Euro und es gibt halt nur wenige staatliche Schulen für Ergotherapie in Deutschland, wo man dann kein Geld bezahlen muss."
    "Ein bisschen besser ausgebildet zu sein einfach so, die Wissenschaftlichkeit zu sehen."
    "Es werden immer mehr Pflegekräfte gebraucht und gerade auch so akademisierte Pflegefachkräfte sind natürlich auch wichtig für Krankenhäuser."
    Sprechwissenschaftler Steffen Glückselig findet es gut, dass die Studierenden nicht nur gute Therapeuten werden sollen, sondern auch die wissenschaftliche Basis vermittelt bekommen. An der praktischen arbeitet er Woche für Woche:
    "Letzte Übung zum Lockern. Wir verlagern das Gewicht ein ganz klein wenig nach vorn auf die Zehenspitzen, und wippen mit unserem ganzen Körper auf der Stelle, lassen dabei die Schultern locker. Schulter ganz locker lassen. So und das Ganze verbinden wir jetzt mit dem Melodiebogen. Ich mache das einmal vor. Die Übung geht dann so: ah ah ah ah ah ah ah. Jetzt alle gemeinsam."