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Aktion Grundwasserschutz in Unterfranken

Sauberes Trinkwasser wird zum Öl des 21. Jahrhunderts, sagen viele Experten und schon jetzt macht immer wieder die Schlagzeile vom "Krieg ums Wasser" die Runde. Nach Angaben der Vereinten Nationen droht weltweit für zwei Drittel der Menschheit in den kommenden 25 Jahren Wasserknappheit. Knappes Wasser ist auch in Teilen Deutschlands kein Fremdwort. Zu den regenärmsten Regionen hierzulande zählt das nördliche Franken rund um Würzburg. Mit einer groß angelegten Aktion will die dortige Bezirksregierung aus diesem Grund jetzt etwas für den Schutz des Grundwassers tun. Christoph Kersting stellt das Projekt vor.

von Christoph Kersting |
    Während es für den Mainfranken aus der Region um Würzburg mal gerade zu einem Fußbad reicht, muss der gemeine Alpenbewohner gar einen Schnorchel tragen, um nicht im Regen zu ersaufen. Mit den beiden Pappkameraden wirbt die Bezirksregierung von Unterfranken für ihre Aktion Grundwasserschutz und bringt die Situation im nördlichsten Zipfel Bayerns auf den Punkt. Denn mit dürftigen 400 mm fallen in manchen Gegenden Unterfrankens nicht mehr Niederschläge als in osteuropäischen Steppengebieten. Vier mal so hoch liegen die Werte in den bayerischen Alpen. Doch damit nicht genug, dünne Böden wie Bundsandstein und Muschelkalk filtern das Wasser nur unzureichend. Welche Konsequenzen das hat, weiß Paul Kruck nur allzu gut. Bei ihm laufen die Fäden der Grundwasser-Initiative zusammen.

    Diese hydrogeologischen Gegebenheiten - also die Dinge, an denen wir nichts ändern können, die Böden, die Niederschläge - die müssen sich zwangsläufig in der Situation der Wasserversorgung widerspiegeln. Wir haben zum Beispiel nur 25 Prozent des Trinkwassers, das wir ohne Aufbereitung - so wie es aus dem Boden kommt - verwenden können. Nur zum Vergleich: Gesamt-Bayern hat 65 % Grundwasser, das ohne Aufbereitung als Trinkwasser verwendet werden kann.

    Wichtigster Ansatzpunkt der Grundwasser-Initiative ist die Landwirtschaft. Logisch, geht doch ein wesentlicher teil der Nitrat-Belastung im Grundwasser auf das Konto von Düngemitteln. Mit einem Modellprojekt im Spessart wollen die Behörden nun beweisen, dass auch eine Grundwasser verträgliche Landwirtschaft machbar ist. Zwischenfruchtanbau, Umstellung der Fruchtfolge und reduzierte Düngung lautet hier das Rezept. Auch die früher in der Region weit verbreitete Braugerste soll eine Renaissance erleben, sagt Kruck.

    Das Braugetreide muss aus Qualitätsgründen wenig gedüngt werden, weil Stickstoff beim Brauprozess unerwünscht ist. Das ist gut fürs Grundwasser und gut für das Braugetreide. Das Problem dabei ist nur, dass mittlerweile der Braugetreide-Markt auch global ist, das heißt, der Preis wird gedrückt. Nur wenn es nicht anders geht, wird auf das qualitativ hochwertige Braugetreide aus Unterfranken zurückgegriffen. Das müssen wir ändern: wir müssen auch da ein Pilotprojekt auf die Beine bringen, dass vertraglich gesichert das Braugetreide angebaut wird, weil nur dann bringt es für uns und das Trinkwasser einen Erfolg.

    Ins Boot geholt haben die Behörden bereits die Wasserversorger der Modellregion. Die garantieren den Bauern vertraglich, dass sie finanzielle Ausfälle und Mehrkosten übernehmen. Bis Ende des Jahres sollen die ersten Verträge zwischen Landwirten und Wasserwirtschaft unter Dach und Fach sein. Bleibt die Frage, ob die Verbraucher mitspielen, denn sie werden den Grundwasserschutz am Ende auf ihrer Wasserrechnung zu spüren bekommen. Rudolf Schreiber jedenfalls ist hier zuversichtlich. Seine Unternehmensberatung Pro Natur in Frankfurt hat das Konzept für die Aktion Grundwasserschutz auf die Beine gestellt. Schreiber fordert ein Umdenken, wenn es um den Preis auch für das Lebensmittel Nr.1 Wasser geht.

    Warum überhaupt müssen Lebensmittel billig sein? Warum wollen wir für die wichtigsten Produkte des Lebens, eine gesunde Ernährung, nichts zahlen? Zum anderen halte ich es für ziemlich verlogen, wenn Lebensmittel rund um den Globus fliegen - es gibt ja den so genannten Lebensmitteltourismus - und die Produkte aus der Region geraten ins Hintertreffen. Es gibt Berechnungen, dass man durch eine Steigerung des Verkaufs von Produkten aus der Region in Unterfranken um 25 % die Verkehrsbelastung um 80 % senken kann. Wenn wir also die falschen Subventionen weglassen würden, wenn wir die Kosten für die Umweltschädigungen auf die Lebensmittelpreise nehmen würden, dann wären diese fairerweise aus der Region besser dran.

    Schreiber – Gründungsvorstand des Bund Naturschutz und 1999 vom Finanz-Magazin Capital als Öko-Manager des Jahres ausgezeichnet – denkt noch einen Schritt weiter. Unterfranken müsse aus der Not eine Tugend machen, sein Wasserproblem als Chance sehen.

    Was mir vorschwebt, wenn ich das mal mit einem Schlagwort sagen darf, ist, dass wir aus Unterfranken ein Silicon Valley der Wasserwirtschaft machen. Was ich damit meine, ist, dass es da, wo es Probleme gibt, auch Lösungen und Erneuerungen gibt. Die Wassersituation ist in ganz Bayerns die schwierigste, wenig Wasser, Schadstoffe sind gleich im Grundwasser, das ist also eine sehr empfindliche Region. Das zweite ist: das Wasser wird immer knapper, es wird immer wichtiger, Regenwasser zu nutzen, und genau für diese Technologie – das ist ein neuer Markt – gibt es noch keine ausgereiften Produkte. Ich könnte mir vorstellen, dass der Mittelstand in Unterfranken sich darauf spezialisiert und eine Regenwassertechnologie für die Industrie- und Entwicklungsländer weiterentwickelt .