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"Allein gegen die Schwerkraft"
Einstein spannend erklärt

In seinem Buch "Allein gegen die Schwerkraft" zeichnet Thomas de Padova mit Verve die für die Person Albert Einstein vier entscheidenden Jahre des Ersten Weltkriegs nach. Die aufwendige Recherche des Autors mündet in ein Buch, das sich mühelos und spannend lesen lässt.

Von Dagmar Röhrlich | 18.10.2015
    Albert Einstein schreibt während seiner Gastprofessur an der Princeton-University eine Gleichung zur Dichte der Milchstraße an die Tafel, aufgenommen am 14.1.1931 (Carnegie Institute, Mount Wilson
    Albert Einstein 1931. (picture-alliance / dpa / Akg)
    Eine Einstein-Biografie - da zuckt zurück, wer lange Erörterungen fürchtet zu schwer verdaulichen Themen wie Relativitätstheorie oder Raumzeit. Nun, vor Unverständlichkeit braucht sich der Leser von "Allein gegen die Schwerkraft" nicht zu fürchten. Im Gegenteil. Ein neuer de Padova ist ein Grund zu Freude: Das gilt auch für "Allein gegen die Schwerkraft - Einstein 1914-1918". Es ist ein wunderbares Buch, in dem der Mensch Albert Einstein im Vordergrund steht: ein Mensch, der in Berlin den Ersten Weltkrieg erlebt und den der Schrecken zu einem überzeugten Pazifisten macht.
    Die Geschichte beginnt an dem Tag, als der Schweizer Oskar Bider in einem fragilen Gefährt todesmutig als Erster zu einem erfolgreichen Flug über das gesamte Alpenmassiv abhob. An diesem 13. Juli 1913 nahm Albert Einstein auf dem Zürcher Hauptbahnhof das Stellengebot an, das ihm Max Planck und Walther Nernst unterbreitet hatten: Er ging nach Berlin, an die Preußische Akademie der Wissenschaften, wo auf ihn eine dank privater Sponsorengelder großzügig dotierte Stelle wartete. Endlich würde er von den lästigen Lehrverpflichtungen befreit sein, zu denen er an der ETH verpflichtet war. Das war der eine Vorteil.
    Auch ein privater Vorteil
    Von Berlin - in jenen Tagen Hochburg der Physik - erhoffte er sich außerdem neue Impulse für seine Arbeit an der Relativitätstheorie, der er vollkommen verfallen war. Und dann bot ihm die Stadt noch einen weiteren - höchst privaten - Vorteil: Seine Cousine Elsa Löwenthal lebte dort. Und um die warb er leidenschaftlich. Seine Frau Mileva, einst Weggefährtin seiner ersten wissenschaftlichen Erfolge, betrachtete er nur noch als "Kreuz": Die Mutter seiner Söhne verstand schon lange nicht mehr, womit sich ihr Mann beschäftigte. Und so machte er sich - trotz des preußischen Militarismus, der ihm seit seiner Jugend verhasst war - im April 1914 in die Hauptstadt des Deutschen Reichs auf.
    Mit "Allein gegen die Schwerkraft" zeichnet Thomas de Padova mit Verve die für die Person Albert Einstein vier entscheidenden Jahre des Ersten Weltkriegs nach. Die aufwendige Recherche des Autors mündet in ein Buch, das sich mühelos und spannend lesen lässt.
    Lebendig schildert de Padova die politischen Hintergründe jener Zeit, wie es dazu kam, dass die Völker Europas aufeinander einschlugen mit einer Gewalt, die bis dahin höchstens im 30-Jährigen Krieg ihre Entsprechung fand. Er beschreibt das Entsetzen Einsteins, der sieht, was der Kriegsenthusiasmus selbst aus renommierten Wissenschaftlern macht, zeigt auf, wie aus einem friedliebenden Menschen ein Pazifist wird, der in seinem späteren Leben offensiv für seine Überzeugungen eintreten wird. Natürlich spielt auch die Physik eine Rolle. Leicht nachvollziehbar erklärt der Autor die - wenn man so will - Essenz der Relativitätstheorie - und wie Einstein seine Forschung in einer untergehenden Welt vorantreibt. Aber die Wissenschaft steht nicht im Mittelpunkt: Das ist der Mensch Einstein in einer entscheidenden Zeit. Ein hervorragendes Buch.
    Thomas de Padova: "Allein gegen die Schwerkraft - Einstein 1914-1918". Hanser Verlag, 308 Seiten, 21.90 €, ISBN: 978-3-446-44481-2.
    DLF-Redakteur Ralf Krauter hat auf der Frankfurter Buchmesse mit dem Autoren gesprochen: