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Alleskönner im Kernspin-Tomographen

Medizin. – Medizinische Forscher versprechen sich von den embryonalen Stammzellen außerordentlich viel für die Behandlung degenerativer Krankheiten wie Parkinson oder Multipler Sklerose oder von Herzinfarkt und Schlaganfall, da sich diese in unterschiedliche Zelltypen entwickeln können. Was jedoch genau in den Gebieten passiert, in denen sich die Stammzellen einnisten, ist weitgehend unbekannt. Kölner Wissenschaftler haben nun erstmals die Wanderung von embryonalen Stammzellen in lebenden Tieren beobachtet.

    Am Max-Planck-Institut für neurologische Forschung in Köln steht ein vergleichsweise kleiner Kernspin-Tomograph. Allerdings werden hier auch keine Menschen, sondern narkotisierte Ratten untersucht. "Sie haben hier nur 20 cm Volumen-Durchmesser. Bei den klinischen Geräten ist es ja etwa ein Meter. Sie haben aber hier eine Feldstärke von sieben Tesla im Vergleich zum klinischen Gerät, wo Sie eins bis 1,5 Tesla haben", erklärt der verantwortliche Wissenschaftler Mathias Hoehn. Die höhere Magnetfeldstärke führt zu einer entsprechend höheren Auflösung der Aufnahmen. So versuchten die Forscher zu erkennen, wie sich embryonale Stammzellen von Mäusen im Gehirn kranker Ratten verhalten. Bei den Ratten wurde zunächst operativ eine Art künstlicher Schlaganfall im Gehirn ausgelöst, dann ließ man die Tiere aus der Narkose erwachen und erst nach zwei Wochen wurden ihnen die Mäuse-Stammzellen eingepflanzt. Danach wurden die Tiere regelmäßig im Rhythmus von wenigen Tagen im Kernspin-Tomographen beobachtet. Aufgrund einer speziellen Markierung erzeugen schon 40 Stammzellen ein Signal auf den Kernspin-Bildern. "Hier können wir erstmals die Stammzellen vorher so markieren, dass sie unter dem Kernspin-Tomographen selektiv sichtbar sind gegenüber dem Hirngewebe, und wir auf die Art und Weise im einzelnen Tier den Verlauf beobachten können."

    Die Bilder von den Rattengehirnen zeigen, dass die embryonalen Stammzellen anscheinend vom Schlaganfall angelockt werden und gezielt in das zerstörte Gewebe einwandern. Hoehn: "Rund eine Woche nach der Implantation sehen Sie die Zellen als deutlichen Strich vom Implantationsort auf den Infarktort zustreben, ein paar Tage später ist die Linie verschwunden, stattdessen taucht in der Randzone des Infarktes diffus ein schwarzer Fleck auf, der sich dann weiter ausbreitet in den nächsten Tagen und letztlich die gesamte Randzone des Infarktes auskleidet." In dieser Randzone entwickeln sich die Stammzellen dann zu Nervenzellen und anderen typischen Hirnbestandteilen und beginnen ein Netzwerk auszubilden, das das geschädigte Hirngewebe zu ersetzen beginnt. Auf diesem Wege könnte also in Zukunft ein Heilverfahren für Schlaganfallpatienten entwickelt werden. Aber das ist noch Zukunftsmusik.

    [Quelle: Michael Lange]