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Alma mater auf Sponsorenjagd

Die einen verkaufen Kaffeetassen mit Uni-Emblem und Sekt Cuvee d' Universite an ihre Alumni, die anderen benennen Vorlesungssäle nach Sponsoren, pflegen Kontakte zu Unternehmen oder kümmern sich um reiche Witwen. Die deutschen Universitäten müssen sich angesichts schrumpfender Haushalte, privater und internationaler Konkurrenz nach der Decke strecken und gehen neue Wege in Sachen Fundraising. 75 Millionen Euro hat die TU in München in den letzten drei Jahren geworben und war damit die erfolgreichste deutsche Hochschule. Doch auch andere regen sich beim Werben um das private Geld. Wie erfolgreich sind sie und was steht ihnen im Weg?

Von Andrea Lueg |
    Zwei Jahre lang hat sich eine eigens angestellte Fundraiserin für die Freie Universität Berlin um private Spenden bemüht - dann warf sie entnervt das Handtuch: Zu frustrierend waren die Ergebnisse ihrer Arbeit. Für Dieter Lenzen, den Präsidenten der FU, sind vor allem die Strukturen in Deutschland an diesem Misserfolg schuld:

    Die Erklärung ist einfach, Deutschland ist ein Hochsteuerland mit bis zu 54 Prozent Steuern. Was bedeutet das? In den USA ist Fundraising und vor allen Dingen Spenden deswegen attraktiv, weil sie selbstverständlich davon ausgehen, dass ihr Engagement für die Gesellschaft nicht begrenzt ist auf ihre Steuern , sondern das sie ein Stück weit auch durch ihre Spenden Einfluss nehmen können auf das, was sie für förderungswürdig halten. Deshalb sind sie bereit Hochschulen aber auch alles andere mögliche mitzufördern. Diese Kultur haben wir in Deutschland nicht, erst wenn wir über ganz andere Steuersätze irgendwo in der Gegend von 25 Prozent reden, dann wird es interessant sein, ein Fundraising-Geschäft in größerem Maße zu etablieren.

    Ein zweites Problem liegt für Lenzen im Image der Hochschulen. Viele Bürger und selbst viele ehemalige Studierende identifizieren sich nicht mit ihren Universitäten.

    Die Hochschulen haben nun mal zwischen 1968 und vielleicht 1980 eine Rolle gespielt, die nicht jedem gefallen hat, und häufig ist es das Vorurteil, was leider ja auch manchmal geschürt wird, diese Hochschulen seien große Fässer, in denen Geld versenkt würde, nicht geeignet die Bereitschaft zu wecken, dafür zu spenden.

    Mit Imageproblemen hat die Humboldt-Universität weniger zu kämpfen, meint Anne-Barbara Ischinger, die als eine der Vizepräsidentinnen speziell auch mit dem Fundraising befasst ist.

    Wir haben uns vor gut zwei Jahren überlegt, wie wir an der HU Fundraising richtig strategisch angehen können und da hat es schon mehrere Schritte gegeben, zunächst eine Machbarkeitsstudie, die wir extern haben anfertigen lassen und die uns doch sehr viel Hoffnung und Mut gab. Da wir als HU einen sehr bekannten Namen haben, wurde uns vorausgesagt, dass wir im Fundraising erfolgreich sein könnten.

    Die Humboldt-Uni hat eine Koordinierungsstelle für das Fundraising eingerichtet, damit mögliche Spender nicht mehrmals von unterschiedlichen Stellen der Hochschule angesprochen werden und um überhaupt einen Überblick über die verschiedenen Aktivitäten der Fachbereiche zu bekommen. Fundraising ist ein langfristiges Geschäft, Beziehungen zu potentiellen Spendern müssen behutsam aufgebaut und den Wohltätern muss auch etwas geboten werden. Zum Beispiel bei speziellen Treffen.

    Das letzte hat im Museum für Naturkunde, in der Dinosaurierhalle stattgefunden und alle wurden bescheiden beköstigt, aber mit Intellektuellem noch viel mehr gespeist.

    Wichtig sei es, sagt Barbara Ischinger, dass spezielle Projekte für Sponsoren ausgearbeitet werden. Denn einfach Lückenbüßer für knappe öffentliche Kassen wollen die wenigsten sein. Da ist es schon attraktiver, einen Preis zu stiften, der den eigenen Namen trägt oder als Buchpate für die Restaurierung der berühmten Bibliothek der Brüder Grimm zu spenden. Die Alumni sind eine besonders attraktive Zielgruppe für Fundraiser. Auch die, die inzwischen im Ausland leben. Deshalb hat die Humboldt-Universität Dependancen in New York und Moskau eröffnet und spricht dort auch gezielt ehemalige Humboldtianer an. Für Spender aus den USA soll so mittelfristig auch die Möglichkeit geschaffen werden, ihre Geschenke steuerlich abzusetzen.

    Doch schon um überhaupt richtig ins Fundraising-Geschäft einsteigen zu können, fehlt es den deutschen Hochschulen am nötigen Investitionsvolumen, meint Dieter Lenzen.

    Ich will nur als Beispiel sagen, um die notwendige Investition zu verdeutlichen: Die Columbia University in New York unterhält 110 Beschäftigte, die nur für Fundraising zuständig sind, die Harvard-Uni 170, ähnliche Zahlen in Stanford, das heißt das Investitionsvolumen, um die ersten Euros zu erheben beläuft sich auf 10, 15, 20 Millionen Euro die erst investiert werden müssen.

    Von Spenden-Verhältnissen wie in den USA werden die deutschen Hochschulen also wohl noch ziemlich lange nur träumen können.

    Es gibt Reichtum in Deutschland, und es gibt Menschen, die gerne weitergeben möchten für einen bestimmten Zweck und das lässt sich sehr wohl mit einer Universität verbinden. Ich glaube, dass wir ein großes Potential in der Zukunft haben, wenn wir damit richtig umgehen, ob es eine Dimension wie in den USA erreicht - nun, sicherlich nicht in der nahen Zukunft.