Es stimmt, gegen die Wahl von Christoph Hein hat es massive und unsachliche Polemiken gegeben, vor allem in überregionalen Zeitungen aus dem fernen Westen. Da war von einer Wahl die Rede, die ihre Begründung allein in Heins Ostbiographie finde. Gegen den Schriftsteller Christoph Hein wurde eingewandt, daß dessen praktische Theaterarbeit als Dramaturg von Benno Besson bereits zwanzig Jahre zurückliege. Und daß er sich als Dramatiker einem eher konventionellen Realismus verschrieben hat, der seine Stücke nach der Wende, als sie nicht mehr von einer Reibung mit der bösen gesellschaftlichen Wirklichkeit profitieren konnten, wenig erfolgreich sein ließ. Und da der 60jährige Christoph Hein nun auch nicht gerade für einen Jungintendanten gelten konnte, machte sich das Rätselraten um die Gründe für Senator Fliers Wahl in einem bösen Ost-West-Kulturkampf Luft. Was nicht Hein, sondern allein Senator Flierl mit seinem ungeschickten Vorgehen zu verantworten hatte. Doch die Hatz der Feuilletons hat für Christoph Hein, der das Theater nicht als ostdeutsches oder als westdeutsches, sondern als deutsches Theater leiten wollte, schlimme Folgen.
Christoph Heins Entscheidung, in dieser Situation erst gar nicht anzutreten, ist so nobel wie sympathisch naiv. Mit seiner intellektuellen Redlichkeit und seiner moralischen Dünnhäutigkeit bestätigt er dabei die Warner, die dem Schriftsteller nicht die praktische Härte für das Intendantengeschäft zugetraut hatten.
Während sich Thomas Flierl weiterhin als unbeschädigter und erfolgreicher Macher sieht. Gegen einen offenen Brief aus dem Ensemble, der ihm vorwirft, statt künstlerischer Vielfalt eine Einheitlichkeit etablieren zu wollen, wendet er sich mit durchaus neuem Differenzierungsvermögen.
Die verfahrene Situation will Thomas Flierl erstmals nicht im Alleingang, sondern mit Hilfe einer Findungskommission lösen. Hortensia Völckers von der Kulturstiftung des Bundes, Ulrich Khuon, Intendant des Hamburger Thalia Theaters und der Leipziger Intendant Wolfgang Engel sollen sich auf die schwierige Suche nach einem neuen Intendanten machen: Senator Flierl.