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Anti-Doping-Gesetz
Kabinett empfiehlt Kronzeugenregelung

Seit im Jahr 2015 das Anti-Doping-Gesetz eingeführt wurde, werden Doping-Betrügerinnen und Betrüger in Deutschland strafrechtlich verfolgt. Bislang mussten auch Kronzeugen mit dem vollen Strafmaß rechnen. Eine spezielle Kronzeugenregelung soll das nun ändern und so Hinweisgeber ermutigen.

Von Mathias von Lieben | 02.12.2020
Düsseldorf, Blutuntersuchung: Teströhrchen in Zentrifuge
Seit 2015 werden Dopingsünder in Deutschland strafrechtlich verfolgt. (imago)
Staatsanwaltschaften sind besonders auf Informationen von gedopten Sportlerinnen und Sportlern angewiesen, damit sie Doping-Strukturen aufdecken können. Wenn sie auspacken, drohen ihnen aber bislang noch selbst hohe Strafen. Die Rechtsprofessorin Elisa Hoven von der Universität Leipzig war als eine von zwei Sachverständigen für die Evaluation des Anti-Doping-Gesetzes zuständig. Ihre Empfehlung: Eine spezifische Kronzeugenregelung solle mit in das Gesetz aufgenommen werden, da die bestehende, allgemeine Kronzeugenregelung bei Doping-Delikten nicht greife, "um einen Anreiz zu bieten für Athletinnen und Athleten, zu sagen: Wir äußern uns, wir decken Strukturen auf. In dem Wissen: Wir wissen, dass wir nicht mehr strafrechtlich belangt werden."
Eine Empfehlung, die sich die Bundesregierung nun zu eigen macht. "Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass wir weitergehen müssen," sagte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht am Vormittag, nachdem der Bericht im Kabinett verabschiedet wurde. Dadurch würde die Dopingbekämpfung noch schlagkräftiger, heißt es auch von Innen- und Sportminister Horst Seehofer. Die Kronzeugenregelung im Anti-Doping-Gesetz soll laut Justizministerium noch in dieser Legislaturperiode kommen.
Eine Laborantin dekantiert am 16.02.2004 im Institut für Biochemie in der Sporthochschule in Köln eine Urin-Dopingprobe. 
Auch der Kampf gegen Doping leidet unter Corona
Der Anti-Dopingkampf leidet unter der Corona-Pandemie. Auch die Forschung nach neuen Nachweismethoden ist zeitweise gestoppt oder verzögert worden.
Zur Freude von Dagmar Freitag, der Vorsitzenden des Bundestags-Sportausschusses: "Es muss ja eine Motivation für eine Aussage geben und diese Motivation kann man nur bieten, indem man eine Straferleichterung auch für den aussagenden Sportler in Aussicht stellt. Und von daher halte ich das für ausgesprochen wichtig, dass wir jetzt nachholen, was 2015 noch nicht gelungen ist."
Ähnlich sieht das Britta Dassler, die sportpolitische Sprecherin der oppositionellen FDP im Bundestag: "Die Kronzeugenregelung würde endlich einen Anlass für die Athleten bieten, Doping-Netzwerke aufzuzeigen. Hin zu einem sauberen Sport. Und das begrüße ich."
Im Sportausschuss soll der Evaluierungsbericht zum Anti-Doping-Gesetz am 16. Dezember noch einmal gesondert diskutiert werden.
Athletensprecher Hartung begüßt die Pläne
Auch Max Hartung, Präsident von Athleten Deutschland, begrüßt die Pläne. Der Ausblick auf Strafmilderung ermögliche es betroffenen Sportlerinnen und Sportlern nun, "dass sie vielleicht auch andere Sportlerinnen und Sportler, von denen sie wissen, sie betrügen, da eben Informationen weiterzugeben. Ich kann mir vorstellen, dass das Gesetz noch weiter verbessern würde."
Verbessert werden könne das Gesetz laut Bericht auch dadurch, dass Athletinnen und Athleten aktiver über die Existenz und Funktionsweise der Hinweisgebersysteme der Nationalen Anti-Doping-Agentur und der Welt-Anti-Doping-Agentur informiert würden – vor allem von Seiten der Sportverbände. Und: Wenn in den zuständigen Bundesländern weitere Schwerpunktstaatsanwaltschaften für den Doping-Bereich eingeführt würden. Bislang gibt es sie nur in Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.