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Anziehungspunkt für Verliebte

Zigtausende Liebesschlösser wurden in den vergangenen Jahren am Geländer der Hohenzollernbrücke befestigt. Der US-Amerikaner Peter Miller ist auf der Suche nach Ex-Paaren und Entliebten, die für ihn ihr Schloss knacken lassen wollen – als Bestandteil seiner Kunst.

Von Silke Kachtik | 10.02.2013
    "Mein Name ist Peter Miller, ich bin ein Künstler, ich komme ursprünglich aus den Staaten. In vielen meiner Arbeiten gibt es das Element von Aha: Auch das kann man machen oder auch das kann in der Welt stattfinden, oder auch das ist möglich. Auch das, was wir heute machen gehört dazu."

    Peter Miller sucht sie: die Entliebten, die Verlassenen, die Ex-Paare. Seine Arbeiten sind Zeugnis einer romantischen und humorvollen Sicht auf die Welt.

    "Wollen Sie Ihr Liebesschloss von der Hohenzollernbrücke entfernen? Ein Schlosser und eine Scheidungsanwältin sind kostenlos für Sie da" heißt es in einer Annonce in einer Kölner Tageszeitung. Es ist der Prolog zu Peter Millers aktueller Kunstaktion in Köln. Dazu müssen die einstmals Verliebten nur ihr Schloss finden und die Beweise zur Identifizierung des Schlosses der Scheidungsanwältin vorlegen. Dann schreitet der Schlosser zur Tat.

    "Ich hoffe, niemand versteht das als aggressiven Akt. Alle Menschen, die ich kenne, haben sich aus einer Liebesbeziehung mal trennen müssen. Das ist nicht so 'strange', es ist nicht selten, es passiert uns allen und es ist sehr wichtig. Und es kann auch ein hoffnungsvoller, Prozess und Anfang sein."

    Über 160.000 der sogenannten Liebesschlösser sollen am Geländer der Eisenbahn- und Fußgängerbrücke in den letzten vier Jahren angebracht worden sein. In die Galerie zu Peter Miller hat sich bisher aber noch kein trennungswilliges Paar verirrt.

    Für den Künstler und die Kuratorin Heike Ander jedoch kein Grund zur Panik.

    "Wir sind eigentlich jetzt kurz davor zur Brücke zu gehen, haben aber gerade eben gehört, dass auf der Brücke schon viele Menschen stehen."

    "Ich glaube das Interessanteste ist, ich weiß selber nicht, wie das geht. Ich wollte das einfach in 'motion' setzen und sehen was passiert. Und jetzt sehen wir."

    Trennungswillige Schlosspaare - Fehlanzeige
    Eine ungewöhnliche Prozession setzt sich in Bewegung. Allen voran Peter Miller, der einen Behördentisch durch die Kölner Altstadt über seinem Kopf balanciert. Auf der Hohenzollernbrücke schiebt sich der Tross durch die vielen Spaziergänger hindurch, vorbei am Verkaufsstand mit den obligatorischen Vorhängeschlössern - Gravierservice inklusive. Noch durch die Menge Schaulustiger hindurch, dann lässt sich das ungewöhnliche Dreigestirn aus Schlosser, Scheidungsanwältin und dem vollbärtigen Künstler mitten auf der Brücke nieder.

    Keines der Passantenpaare entpuppt sich als Protagonist für Millers Performance. Noch nicht. Dafür wird gerademal 10 Meter weiter eine 40 Jahre währende Liebe gefeiert.

    "I love you, Irene und Ulrich, 12 Januar 1973."

    Irene und Ulrich Schmittek aus Arnsberg im Sauerland feiern ihren 40. Hochzeitstag. Für ihre drei Kinder Anlass genug, den Eltern ein Liebesschloss für die Kölner Hohenzollernbrücke zu spendieren:

    "Es ist halt ein Ort der Liebe und Freundschaft und es ist schön hier herzugehen und zu sehen, dass es viele Menschen gibt, die sich lieben und das sieht man ja nicht überall."

    "Wer hat die Schlüssel?"
    "Soll ich die reinwerfen oder was?"
    "Jetzt küssen!"
    "Alles Gute!"
    "Danke, danke."

    Unter dem lauten Einrollen eines weiteren Zuges in den Kölner Hauptbahnhof besiegeln drei 16-jährige Mädchen aus Köln und Kassel mit einem Schloss ihre Freundschaft:

    "Wir hoffen, dass wir in 20 Jahren wiederkommen und uns an die schönen Zeiten erinnern."

    Wo das Klicken von nur wenigen Gramm Stahl so viel Glück beschert, und ein Schloss mit der symbolischen Strahlkraft eines Möbiusbandes ausgestattet ist, scheint kein Raum für die schlechten Zeiten. Peter Millers Kunstaktion konnte kein Paar beim Knacken ihres Liebesschlosses unterstützen.

    "Die Performance war einfach, die beiden professionellen Leute auf der Brücke zusammenzubringen und Köln das anzubieten als Möglichkeit. Die Aktion war einfach hier zu sein und zu sehen was passiert. Und manchmal passiert nichts und das Nichts kann auch sehr schön sein."