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Aquakultur im Naturschutzgebiet

In Portugal soll die größte Steinbuttzucht der Welt entstehen. Ein spanisches Unternehmen will seine Salzwassertanks in einem Naturschutzgebiet bauen. Mehrere hundert Arbeitsplätze werden versprochen, da soll der Umweltschutz zurückstecken.

Von Jochen Faget |
    Schäumend rollen die Wellen gegen den endlosen Strand, an dem sich majestätisch Sanddünen erheben, dahinter ebenso endlose Föhrenwälder. Die Atlantikküste bei dem mittelportugiesischen Städtchen Mira verdient den Namen unberührt. Darum gehört sie auch zum Natura-2000-Netzwerk der EU. Nur eins stört den Frieden: Ausgerechnet hier, so hat Portugals Fischereiminister angekündigt, soll die weltgrößte Steinbutt-Zuchtstation entstehen. "Hier sind die nötigen klimatischen und landschaftlichen Bedingungen erfüllt", versichert Manuel Rodriguez de Sousa-Faro, der Präsident des spanischen Fischereikonzerns Pescanova und verkündet stolz, darum einen Investitionsvertrag über 140 Millionen Euro mit der portugiesischen Regierung abgeschlossen zu haben:

    "Portugal, weil wir hier Verständnis und aktive Unterstützung für unser Projekt vorgefunden haben, wie es auch im Sinne der Europäischen Union ist."

    Auf 82 Hektar sollen in den nächsten vier Jahren hinter den Dünen von Mira Seewassertanks entstehen und mindestens 7000 Tonnen Steinbutt produziert werden. Ein Mammutprojekt, das die Regionalregierung im benachbarten spanischen Galizien vorher allerdings als umweltgefährdend abgelehnt hatte. Darum herrscht nicht nur Freude in Portugal. Der Präsident der Umweltschutzorganisation Quercus warnt:

    "Wir reden von einer Großinvestition, die in Portugal gemacht werden kann und soll. Aber wir können uns doch nicht ohne Weiteres für einen Ort entscheiden, der aus umweltpolitischer Sicht höchst sensibel ist."

    Zuerst 200, später dann 350 Arbeitsplätze soll die Zuchtstation in der strukturschwachen Region Mira schaffen, dagegen ist schwer zu argumentieren. Obendrein verspricht das Unternehmen neue, in Portugal noch unbekannte Technologien einzusetzen. "Das Wasser kommt sauberer in den Atlantik zurück, als es in die Zuchttanks eingeleitet wird", heißt es aus dem portugiesischen Landwirtschafts- und Fischereiministerium. Man dürfe den Zug Meeresfischzucht nicht verpassen, vor allem weil Portugal bis jetzt gerade einmal 5,3 Prozent seines Fischkonsums mit Zuchtfischen decke. Darüber hinaus seien die Fischbestände der Ozeane erschöpft, Alternativen müssten her.

    Aber nicht in einem Naturschutzgebiet, halten die Umweltschützer dagegen, was wiederum den Chef der staatlichen Agentur für Investitionen, die den Fischhandel mit dem spanischen Unternehmen an Land gezogen hat, erzürnt:

    "Wenn wir täten, was Quercus fordert, gäbe es gar keine Investitionen in Portugal","

    wettert Agenturchef Basílio Horta.

    ""Die Umweltschützer waren bis jetzt gegen alle Projekte: gegen Raffinerieansiedlungen, gegen Fischzucht, gegen Tourismus. Was sollen wir denn noch tun?"

    Immerhin: Das Fischereiministerium hat inzwischen weitere Umweltstudien angekündigt und versichert, zumindest die besonders sensible mittelportugiesische Dünenlandschaft würde durch das Projekt nicht betroffen. Vom Standort Mira will Minister Jaime Silva aber nicht abgehen:

    "Wir haben Mira ja nicht willkürlich ausgesucht. Wir haben praktisch die gesamte portugiesische Küste analysiert und festgestellt, dass dort die besten Voraussetzungen herrschen, sowohl was die Umweltbelastung und die unternehmerischen Aspekte betrifft, als auch die nötigen Umweltbedingungen."