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Arbeiten in Zeiten der Globalisierung

Durch die globale Vernetzung der Wirtschaft verändert sich die Arbeitswelt zusehends. Dafür interessieren sich nicht nur Soziologen sondern auch Juristen und Wirtschaftswissenschaftler. In Berlin diskutieren Experten aus 66 Ländern über dieses Phänomen.

    Ein Beitrag von Daniela Siebert

    Die Arbeitsverhältnisse in allen Ländern der Welt nähern sich immer mehr an, inzwischen gibt es mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede beobachtet die australische Sozialwissenschaftlerin Kerry Brown. Für sie bestehen die wichtigsten Trends darin, dass Netzwerkorganisationen, Technologie und innerbetriebliche Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern die nationalen Grenzen überschreiten. Das habe natürlich auch Auswirkungen, auf die einzelnen Arbeiter:

    Synchron: Die werden entweder für ihre besonderen Fähigkeiten hoch belohnt oder abgehängt. Die große Kluft zwischen Arm und Reich wird leider größer werden. Es sei denn, wir haben hochrangige subkollektive Akteure in den Arbeitsbeziehungen, aber die haben wir nicht.

    Für die Kongressteilnehmer geht es beim Thema Arbeit um so unterschiedliche Aspekte wie die Zukunft der Gewerkschaften und anderer Interessenvertretungen, internationale Arbeitsstandards, Arbeitsrecht. Menschenrechte und Geschlechterfragen.

    Insgesamt geht die Entwicklung, hin zu flexibleren, weniger gesicherten Beschäftigungsverhältnissen, etwa Teilzeitarbeit, Leiharbeit oder befristete Beschäftigungsverhältnisse. Daher auch der Titel des Kongresses: "Jenseits der traditionellen Beschäftigung". Dieser Trend hat auch seine positiven Seiten findet Professor Jörg Sydow, Wirtschaftswissenschaftler an der FIJ Berlin. Denn so ergäben sich für das Individuum mehr Freiheiten, und Leiharbeit beispielsweise könne auch ein Karriere-Sprungbrett sein. Die globalen Umbrüche in der Arbeitswelt bedeuten, dass Berufseinsteiger heutzutage mit ganz anderen Erwartungen in ihr Arbeitsleben starten sollten als früher unterstreicht Sydow:

    Ich glaube die Orientierung ist ganz wichtig, sich nicht mehr auf Normalarbeitsplatz zu kaprizieren, ein Berufslebenslang. Arbeitgeberwechsel werden häufiger, Phasen abhängiger Beschäftigung werden ersetzt durch Selbständigkeit und darauf orientiert zu werden ist sehr wichtig und wir haben dafür in der BRD noch zu wenig getan.

    Das versteht Sydow als Aufforderung an alle gesellschaftlichen Akteure, einschließlich der Gewerkschaften. Grundsätzlich gebe die IIRA jedoch keine politischen Empfehlungen ab, betont Manfred Weiss, der Weltpräsident der Vereinigung. Es gehe vielmehr um die wissenschaftliche Analyse komplexer Zusammenhänge. In anderen Ländern, vor allem in angloamerikanischen sei die wissenschaftliche Erforschung von Arbeitsbeziehungen schon viel weiter entwickelt als in Deutschland bedauert der Frankfurter Jura-Professor. Er möchte "Arbeitsbeziehungen" gerne auch. hierzulande als Studienfach etablieren:

    Das Problem in Deutschland ist, dass die verschiedenen Fachrichtungen, wie Jura, Wirtschaftswissenschaften, Politik, Soziologie isoliert vor sich hin arbeiten. Nicht merkend, dass Wirklichkeitsfeld wie "Arbeitsbeziehungen" nur sinnvoll von allen zusammen in Diskurs bearbeitet werden kann. Das wollen wir propagieren. Dass das morgen oder übermorgen an deutschen Unis bereits Früchte trägt, dafür bin ich zu alt, um das noch zu glauben. Aber bin Optimist und hoffe, dass sich das durchsetzen wird und hoffe, der Kongress ist ein Katalysator auf diesem Weg.

    Was die versammelten Wissenschaftler auf dem Kongress der International Industrial Relations Association untersuchen, wird nicht nur in weitere akademische Forschung münden. Die Ergebnisse finden ihr Echo auch außerhalb der Universitäten: etwa bei der Internationalen Arbeitsorganisation ILO oder im Bundeswirtschaftsministerium. Staatssekretär Rezzo Schlauch versicherte den Kongressteilnehmern zur Begrüßung:

    Die Ergebnisse ihrer Diskussion werden für uns von großem Interesse sein.