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Arbeitskosten-Studie
Deutschland nur im Mittelfeld

Noch immer geht es bei der Lohn- und Arbeitskostenentwicklung in Deutschland zu langsam voran. Das hat eine Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung herausgefunden. Vor allem im Dienstleistungsbereich brauche es einen Anstieg der Löhne, fordern Experten.

Von Katharina Hamberger | 17.11.2014
    Eine Hand hält die sechs verschiedenen Banknoten zu 5, 10, 20, 50, 100 und 500 Euro.
    IMK: Vor allem im Dienstleistungsbereich braucht es einen Anstieg der Löhne. (dpa / Daniel Reinhardt)
    Es geht einfach viel zu langsam, wenn es um die Lohn- und Arbeitskostenentwicklung in Deutschland geht. Zu diesem Schluss kommt zumindest das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans Böckler Stiftung. Die Kosten pro Arbeitsstunde hätten sich in Deutschland zwar stärker entwickelt, als noch im letzten Jahrzehnt, sagt Gustav Horn wissenschaftlicher Direktor des IMK:
    "Gleichwohl bleibt Deutschland auf Platz acht der Rangliste der Kosten für eine Arbeitsstunde und ist damit fast unverändert über die Jahre hinweg, zwischen Platz sieben und Platz acht im unteren Bereich der Länder, die eher höhere Löhne zahlen."
    Wenig ruhmreicher Spitzenreiter
    Auch 2013 kam Deutschland im Ranking der EU-Länder auf Platz acht mit 31,30 Euro pro Arbeitsstunde. Spitzenreiter ist Deutschland laut IMK aber in einem anderen, wenig rumreichen Bereich: In keinem anderen Land klaffe die Lücke der Arbeits- und Lohnkosten zwischen Dienstleistung und Industrie so weit auseinander, wie bei uns, so Horn:
    "Hier haben wir einen förmlich gespaltenen Arbeitsmarkt, was die Entlohnung angeht, dass wir gut bezahltes verarbeitendes Gewerbe, insbesondere Industrietätigkeiten haben und dem gegenüber stehen relativ Schlechtbezahlten in weiten Teilen des Dienstleistungsbereiches."
    Über seine Wettbewerbsfähigkeit müsse sich Deutschland jedoch keine Sorgen machen, meint das IMK. Denn der entscheidende Faktor dafür seien die Lohnstückkosten – als die Lohnkosten in Relation zur Produktivität.
    Die Wirtschaft würde hier nicht übermäßig belastet. Allerdings stiegen auch die Lohnstückkosten insgesamt zu wenig im Vergleich zum Euroraum. Zwischen 2000 und 2013 war es im Mittel ein Plus von 0,9 Prozent in Deutschland und 1,7 Prozent im Euroraum. Zwar würden höhere Kosten die Wirtschaft belasten, aber es müsse eben auch eine Balance zwischen der Belastung der Wirtschaft und der Ankurbelung der Nachfrage im Inland, auch mit Blick auf einer längerfristigen Entwicklung geben:
    "Zwar sind die Lohnstückkosten in Deutschland in den letzten Jahren etwas stärker gestiegen, aber wenn man einmal den längerfristigen Maßstab für eine balancierte Entwicklung nimmt, und das ist, was wir uns als Inflationsziel von Seiten der EZB haben geben lassen, nämlich zwei Prozent pro Jahr, das wäre der Maßstab für die Balance. Das ist der Grad der definiert ist, auf dem man gehen muss, liegt Deutschland immer auch darunter. Das heißt wir haben immer noch nicht den Zustand erreicht, wo man sagen kann, Deutschland tut alles, um eine balancierte Entwicklung im Euroraum zu erreichen.
    Ungleichgewicht im Euro-Raum
    Deutschland habe damit maßgeblich zum wirtschaftlichen Ungleichgewicht im Euroraum beigetragen:
    Das ist schädlich für die Weiterentwicklung der Krise des Euroraums. Wir werden solange keine nachhaltige Überwindung dieser Krise haben, solange Deutschland nicht auch auf einen balancierten Pfad einschwenkt."
    Dass Deutschland sich damit als Exportnation auch selbst schadet, macht das IMK an den aktuell schlechten Konjunkturprognosen fest. Das IMK fordert deshalb, dass die Lohnzuwächse sich wieder denen von 2012 annähern sollten. Vor zwei Jahren lag die Jahresrate der Lohnstückkosten-Entwicklung bei 3,1 Prozent. Im ersten Halbjahr 2014 waren es nur noch 1,7 Prozent.
    Lohnzuwächse im Dienstleistungsbereich gefordert
    Vor allem eben im Dienstleistungsbereich brauche es einen Anstieg. Anders als zum Beispiel die Wirtschaftsweisen, die vergangene Woche ihr Jahresgutachten vorgestellt haben, sieht das gewerkschaftsnahe Institut ein Instrument der Bundesregierung schon mal für sehr hilfreich an: den Mindestlohn. Durch den hoffe man auf eine Besserung in den kommenden ein, zwei Jahren, so Horn.