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Arbeitsprogramm EU-Kommission
Nur noch Kernaufgaben

Die EU-Kommission will sich im kommenden Jahr auf eine niedrige Zahl neuer Vorhaben konzentrieren und umstrittene Altprojekte über Bord werfen. Zudem hat Brüssel 452 bestehende Initiativen überprüft. Von diesen sollen nun 83 zurückgezogen oder verändert werden.

Von Jörg Münchenberg | 16.12.2014
    Vor dem Gebäude der EU-Kommission wehen blaue Europa-Flaggen.
    Das Gebäude der EU-Kommission in Brüssel (Emmanuel Dunand / AFP)
    Konzentration auf einige Großprojekte. Mit dieser Vorgabe hat die EU-Kommission heute ihr neues Arbeitsprogramm für 2015 vorgestellt. Die Botschaft dahinter: Brüssel will und soll nicht mehr für alles zuständig sein, sondern sich vor allem um Wachstum und Innovationen kümmern, erklärte Vizekommissionspräsident Frans Timmermanns. Vor allem bei der Umsetzung des geplanten 315 Milliarden Euro schweren Investitionspaketes will die Kommission jetzt schnell die notwendigen Gesetzesvorhaben vorlegen:
    "Wir haben gezeigt, dass wir schnell handeln können. Nun müssen wir liefern, um private Investitionen in die europäische Wirtschaft zu fördern - dabei geht es um mindestens 315 Milliarden Euro in den nächsten drei Jahren. Wir werden ein engagiertes Paket für den digitalen Binnenmarkt liefern; wir werden weitere Schritte in Richtung Energieunion gehen. Wir wollen die Wirtschafts- und Währungsunion vertiefen und die Kapitalunion vollenden, was Europa auch für Investoren attraktiver macht".
    Kritik von Umweltpolitikern
    Weiter ganz oben auf der Agenda: Gesetzesvorschläge für eine moderne Migrationspolitik, die Förderung der Mobilität von Arbeitnehmern in Europa sowie mehr Fairness bei der Besteuerung. Dazu gehört nach den Steuerdumpingfällen in Luxemburg und anderen EU-Mitgliedsländern auch die Einführung eines automatischen Informationsaustausches über die Zusammenarbeit zwischen Steuerbehörden und Unternehmen.
    Gleichzeitig hat die Kommission insgesamt 450 bestehende Vorhaben auf den Prüfstand gestellt. Rund 80 Projekte, so Timmermanns, sollen jetzt wegfallen oder verändert werden:
    "Zum Start der neuen Kommission müssen wir auch reinen Tisch machen, damit wir uns auf die wichtigen Vorhaben konzentrieren können. Die, die für Wachstum und Jobs sorgen und bei denen es Chancen auf eine schnelle Umsetzung gibt".
    Auf der Streichliste stehen unter anderem geplante Richtlinien zu Ökosteuern und zu Zielvorgaben für die Wiederverwertung. Doch gerade bei den Recyclingvorgaben werde man später einen verbesserten Vorschlag nachlegen, versprach Timmermanns. Dennoch Kritik an dieser Stelle gerade von Umweltpolitikern. Der SPD-Abgeordnete Jo Leinen:
    "Das ist fast ein Anschlag auf die Kernelemente europäischer Umweltpolitik. Die Kreislaufwirtschaft, also die Reduzierung der Abfälle und auch die Luftreinhaltung aus der Arbeitsebene rauszuholen, da nichts mehr zu machen, das hat weitgehend Empörung nicht nur bei Umweltschützern, sondern auch bei vielen Umweltministern in der Europäischen Union ausgelöst".
    Lob von der CDU-Gruppe
    Auch die geplanten Mindestvorgaben für den Schutz von Müttern in Europa sollen auf den Prüfstand, sofern sich Rat und Parlament nicht doch noch innerhalb von sechs Monaten auf einen Kompromiss verständigen. Auch dafür gab es Kritik nicht zuletzt von den Grünen, während wiederum Herbert Reul, der Chef der CDU-Gruppe im Europäischen Parlament das neue Arbeitsprogramm ausdrücklich lobte:
    "Endlich macht mal einer Ernst und quatscht nicht nur rum und reduziert die Vorlagen. In vielen Parlamenten der Welt, im Deutschen Bundestag ist es eine Selbstverständlichkeit, dass Gesetze, die aus der alten Periode nicht fertig geworden sind, sowieso wegfallen, und zwar vollständig. Ich finde das einen sehr guten Beitrag".
    Dennoch hat auch Timmermanns heute ausdrücklich seine Kooperationsbereitschaft angeboten. Sollte es breiten Widerstand seitens des EU-Parlamentes oder der Mitgliedsstaaten gegen bestimmte Vorhaben geben, werde dies die EU-Kommission natürlich berücksichtigen.