Ein Dorf am Fuße des Balkan-Gebirges: Jeden Abend holen die die Alten von Enina ihre Tiere vom Sammelplatz, wo schon der Dorfhirte wartet. Wie dunkle Schatten huschen die Alten mit ihren dunklen Joppen, schwarzen Kopftüchern und gebeugten Rücken über die Wege und verschwinden alsbald wieder hinter den schmiedeeisernen Toren ihrer Höfe.
Bei Großmutter Todka ist gerade Tochter Greta mit Enkelin Miglena und derem Baby zu Besuch. Ein Auto hält vor dem Haus. Alle drei Tage, wenn es dunkel wird, tut sich seltsames im Dorf. Ein weißer Lieferwagen hält vor einigen Häusern. Schwere Säcke verschwinden in der Schwärze der hereinbrechenden Nacht
In Baba Todkas alter Küchenmaschine bullert ein Feuerchen. Die drei Frauen sitzen um den Tisch. Baba Todka wühlt in den großen Säcken und kippt Hunderte kleine Plasteteile und Glaskügelchen auf die geblümte Wachsdecke.
"Ich bin 1936 geboren. Gearbeitet habe ich fast 40 Jahre, zuerst in einem Militärbetrieb, dann in einer Hydraulikfabrik. Jetzt bekomme ich 92 Leva Rente, das sind genau 46 Euro. Davon kann niemand leben."
Kriminelle Geschäftsleute haben längst erkannt, dass mit Rentnern wie Baba Todka gute Geschäfte zu machen sind, sehr gute Geschäfte.
"Ich bekomme einige Säcke voll mit diesen Teilen hier, eine Plastescheibe, so groß wie eine Zehn-Euro-Münze. Auf die wird ein kleiner dicker Knopf gesteckt, der oben statt kleiner Löcher eine runde Vertiefung hat. Da hinein muss ein Glaskügelchen gelegt werden. Über das Ganze kommt dann ein größerer Plastekonus mit einer Art Gewinde. Am Ende entsteht ein Plastekorken zum Verschließen von Cognac-Flaschen. Die Arbeitgeber machen damit in Russland und im Westen gute Geschäfte."
In drei Tagen muss Baba Todka 10.000 solcher Plaste-Kronkorken zusammensetzen. Die Arbeit erfordert Kraft, denn die Teile lassen sich nur durch starken Druck miteinander verbinden. Wann immer sie können, kommen Tochter Greta und Enkelin Miglena aus der nahen Stadt, um ihrer Mutter bei der Aufbesserung der Rente zu helfen.
"Wir gehören zu den Glückspilzen, weil wir Arbeit haben. Aber sie achten darauf, dass nicht alle im Dorf Arbeit bekommen. Erst schüren sie Neid, weil jeder verdienen will, dann erhöhen sie heimlich die Anzahl der Teile. Längst sind es mehr als 10.000 Cognac-Korken. Beschwerte ich mich, würde sofort ein anderer die Arbeit bekommen. Ich schweige also. Für drei Tage Arbeit erhalte ich umgerechnet 7 Euro, also 14 Leva."
46 Euro Rente, das reicht in Bulgarien gerade einmal, um die laufenden Rechnungen zu bezahlen. Baba Todka braucht die sieben Euro dringend.
"Es gibt viele Leute, die im Laden anschreiben lassen. Wenn die Rente kommt, tragen sie sie gleich in den Laden, und schon machen sie wieder Schulden. In fünf Jahren sind die Preise für Strom, Wasser und Telefon um 100 Prozent gestiegen. Meine Rente aber hat sich nicht geändert. Für die 14 Leva, die ich für diese Arbeit bekomme kann ich mir vielleicht zwei Pakete Waschpulver leisten oder ein Kilo Lammfleisch."
In den letzten Tagen ist Baba Todka unruhig. Ein Gerücht wabert durchs Dorf. Bald soll es keine Säcke mehr geben.
"Die haben mit uns einen solch hohen Gewinn gemacht, dass sie sich jetzt eine ganze Produktionsstätte bauen. Das Geld stammt aus unserer Arbeit. Denn natürlich haben sie dafür keinen Lev Steuern oder Sozialabgaben gezahlt. Das ist kein Geheimnis. Überall in der Gegend kannst du diese Geräusche hören. Und die Kontrollorgane machen einfach die Augen zu."
In den nächsten Tagen wird für Baba Todka also auch diese kleine Einnahmequelle versiegen. Und dann? Was wird sie ohne Cognac-Korken machen?
"Ich werde mich dem Hasard widmen. Es gibt da so ein Gewinnspiel im Fernsehen. Das heißt Goldfieber. Einmal im Monat werde ich dort anrufen. Das kann ich mir gerade so leisten und dann hoffen, dass auch ich endlich einmal in meinem Leben gewinne."
Bei Großmutter Todka ist gerade Tochter Greta mit Enkelin Miglena und derem Baby zu Besuch. Ein Auto hält vor dem Haus. Alle drei Tage, wenn es dunkel wird, tut sich seltsames im Dorf. Ein weißer Lieferwagen hält vor einigen Häusern. Schwere Säcke verschwinden in der Schwärze der hereinbrechenden Nacht
In Baba Todkas alter Küchenmaschine bullert ein Feuerchen. Die drei Frauen sitzen um den Tisch. Baba Todka wühlt in den großen Säcken und kippt Hunderte kleine Plasteteile und Glaskügelchen auf die geblümte Wachsdecke.
"Ich bin 1936 geboren. Gearbeitet habe ich fast 40 Jahre, zuerst in einem Militärbetrieb, dann in einer Hydraulikfabrik. Jetzt bekomme ich 92 Leva Rente, das sind genau 46 Euro. Davon kann niemand leben."
Kriminelle Geschäftsleute haben längst erkannt, dass mit Rentnern wie Baba Todka gute Geschäfte zu machen sind, sehr gute Geschäfte.
"Ich bekomme einige Säcke voll mit diesen Teilen hier, eine Plastescheibe, so groß wie eine Zehn-Euro-Münze. Auf die wird ein kleiner dicker Knopf gesteckt, der oben statt kleiner Löcher eine runde Vertiefung hat. Da hinein muss ein Glaskügelchen gelegt werden. Über das Ganze kommt dann ein größerer Plastekonus mit einer Art Gewinde. Am Ende entsteht ein Plastekorken zum Verschließen von Cognac-Flaschen. Die Arbeitgeber machen damit in Russland und im Westen gute Geschäfte."
In drei Tagen muss Baba Todka 10.000 solcher Plaste-Kronkorken zusammensetzen. Die Arbeit erfordert Kraft, denn die Teile lassen sich nur durch starken Druck miteinander verbinden. Wann immer sie können, kommen Tochter Greta und Enkelin Miglena aus der nahen Stadt, um ihrer Mutter bei der Aufbesserung der Rente zu helfen.
"Wir gehören zu den Glückspilzen, weil wir Arbeit haben. Aber sie achten darauf, dass nicht alle im Dorf Arbeit bekommen. Erst schüren sie Neid, weil jeder verdienen will, dann erhöhen sie heimlich die Anzahl der Teile. Längst sind es mehr als 10.000 Cognac-Korken. Beschwerte ich mich, würde sofort ein anderer die Arbeit bekommen. Ich schweige also. Für drei Tage Arbeit erhalte ich umgerechnet 7 Euro, also 14 Leva."
46 Euro Rente, das reicht in Bulgarien gerade einmal, um die laufenden Rechnungen zu bezahlen. Baba Todka braucht die sieben Euro dringend.
"Es gibt viele Leute, die im Laden anschreiben lassen. Wenn die Rente kommt, tragen sie sie gleich in den Laden, und schon machen sie wieder Schulden. In fünf Jahren sind die Preise für Strom, Wasser und Telefon um 100 Prozent gestiegen. Meine Rente aber hat sich nicht geändert. Für die 14 Leva, die ich für diese Arbeit bekomme kann ich mir vielleicht zwei Pakete Waschpulver leisten oder ein Kilo Lammfleisch."
In den letzten Tagen ist Baba Todka unruhig. Ein Gerücht wabert durchs Dorf. Bald soll es keine Säcke mehr geben.
"Die haben mit uns einen solch hohen Gewinn gemacht, dass sie sich jetzt eine ganze Produktionsstätte bauen. Das Geld stammt aus unserer Arbeit. Denn natürlich haben sie dafür keinen Lev Steuern oder Sozialabgaben gezahlt. Das ist kein Geheimnis. Überall in der Gegend kannst du diese Geräusche hören. Und die Kontrollorgane machen einfach die Augen zu."
In den nächsten Tagen wird für Baba Todka also auch diese kleine Einnahmequelle versiegen. Und dann? Was wird sie ohne Cognac-Korken machen?
"Ich werde mich dem Hasard widmen. Es gibt da so ein Gewinnspiel im Fernsehen. Das heißt Goldfieber. Einmal im Monat werde ich dort anrufen. Das kann ich mir gerade so leisten und dann hoffen, dass auch ich endlich einmal in meinem Leben gewinne."