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Astronomen auf Planetenhatz

Astronomie. - Alle bislang entdeckten 150 Planeten in anderen Systemen wurden auf indirekte Weise entdeckt. Jetzt könnte Astronomen aus Jena ein Coup geglückt sein: das erste direkte Bild eines fernen Planeten. Doch die Konkurrenz schläft nicht.

Von Dirk Lorenzen |
    Der Stern heißt GQ Lupi, ist gut 400 Lichtjahre entfernt und er ist - astronomisch gesehen - blutjung, gerade mal etwa eine Million Jahre alt. In den vergangenen sechs Jahren hat Ralph Neuhäuser, Direktor der Universitätssternwarte Jena, diesen Stern fünfmal genau beobachtet - und dabei zu seiner großen Freude jedes Mal ganz knapp neben dem Stern ein schwaches Lichtpünktchen entdeckt.

    "Als wir sahen, dass sich das Objekt mitbewegt, da waren wir uns schon ziemlich sicher, dass es eben ein sehr massearmes Objekt sein muss, weil es eben so leuchtschwach und extrem jung ist. Es ist dann eben die große Frage, welche Masse jetzt genau zutreffend ist. Und als wir dann unser Entstehungsmodell damit verglichen haben, sahen wir schon, es ist deutlich unter zehn Jupitermassen, und die große Überraschung für mich war, dass auch das Atmosphärenmodell so extrem gut gepasst hat. Zwei ganz verschiedene theoretische Modelle passten exakt perfekt und gaben die gleichen Ergebnisse. Deswegen sind wir einigermaßen sicher, dass wir wirklich einen Planeten haben, aber natürlich haben diese theoretischen Modelle immer auch Annahmen und Vereinfachungen. Deswegen, eine gewisse Unsicherheit verbleibt."

    Das schwache Objekt ist sicher genau so alt wie der Stern, also auch erst etwa eine Million Jahre. Junge Planeten sind viel heller als alte, weil sie gleichsam noch die Hitze ihrer Entstehung abstrahlen. Knackpunkt ist die Masse des Objekts - doch die steht leider nicht dran. Auf die Masse lässt sich nur indirekt schließen, eben mit Hilfe theoretischer Modelle für die Entstehung von Stern und Planet oder die Eigenschaften der Atmosphäre. Sollte der Begleiter wirklich ein Planeten sein, so wäre er für uns recht ungewöhnlich: Denn dieses Objekt ist 100mal weiter von seinem Stern entfernt als die Erde von der Sonne. Ist es so weit draußen überhaupt ein Planet?

    "n der Tat ist die Frage der Definition des Planeten umstritten. Die meisten gehen davon aus, dass Objekte unterhalb von grob 13 Jupitermassen ein Planet sind, weil solche Objekte dann von der Masse und somit Druck und Temperatur im Innern keinerlei Kernfusion machen können und das würde man als Planet bezeichnen. Also: Solange wir unter 13 Jupitermassen sind, wäre es ein Planet, selbst in 100 Astronomischen Einheiten Abstand."

    Bei GQ Lupi können die Astronomen im Moment kaum mehr tun. Die theoretischen Modelle müssen besser und geeicht werden - aber das wird dauern. Eine direkte Massenbestimmung wäre möglich, wenn man die genaue Bahn des vermeintlichen Planeten verfolgt - doch dieser Kandidat braucht über 1000 Jahre, um einmal um den Stern zu kurven, für einen Astronomen entschieden zu lang. Um überhaupt dieses Lichtpünktchen zu entdecken, hat das Team um Ralph Neuhäuser die weltweit besten Teleskope genutzt:

    "Wir haben hauptsächlich mit dem Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte beobachtet. Das bisher beste Bild hatten wir im Juni letzten Jahres aufgenommen, da sehen wir die Helligkeit, Abstand, Position und so weiter, dann haben wir noch ein Bild mit dem Subaru und dem Hubble Space Telescope und wir können daraus eben sehen, dass sich der Abstand auf keinen Fall verändert hat. Und nachdem wir das wussten, war uns klar, dass das leuchtschwache Objekt zu dem hellen Stern dazugehört und um das näher zu untersuchen, haben wir dann ein Spektrum aufgenommen im Infrarotbereich. Durch das Spektrum können wir die Oberflächenschwerkraft, Temperatur und den Radius bestimmen und natürlich auch nach Molekülen und Atomen in der Atmosphäre suchen und haben dabei Kohlenmonoxid und Wasser in der Atmosphäre dieses Planeten gefunden."

    Planeten wie in unserem Sonnensystem lassen sich mit dieser Methode bei anderen Sternen auf absehbare Zeit nicht fotografieren - sie sind zu alt, damit zu lichtschwach und zu nah am Stern. Aber die vier 8-Meter-Teleskope auf dem Berg Paranal in Chile lassen sich zusammenschalten - und mit dieser Interferometrie genannten Methode sehen die Teleskope plötzlich so scharf wie ein gigantisches 100-Meter-Teleskop.

    "Dadurch kann man dann enger am Stern nach Planeten suchen. Das wird sicher in den nächsten Jahren möglich sein. Zunächst wird man jetzt versuchen, mit den ersten Instrumenten, die man am VLTI verwendet, nach den Planeten zu suchen, die man durch Radialgeschwindigkeit schon gefunden hat und zwar dort speziell die jungen, weil die noch heller sind als die älteren, also bei Epsilon Eridani zum Beispiel, das ist ein recht junger Stern, 200 Millionen Jahre, da ist es realistisch, den Planeten durch das Interferometer direkt zu detektieren."

    Ob der Begleiter von GQ Lupi wirklich ein Planet oder doch ein ganz massearmer Stern ist, wird sich so schnell nicht klären lassen. Aber mit dem Interferometer in Chile könnte schon bald das erste gesicherte Bild eines fremden Planeten gelingen - wenn die Astronomen Glück haben, noch in diesem Jahrzehnt. Die Jagd nach dem ersten Planetenfoto geht also weiter.