"Man könnte theoretisch Spaltstoffe produzieren wie Plutonium. Das macht ein Problem, was eigentlich nicht in die Zielsetzung eines Fusionsreaktors liegt."
Er sieht die Sache mit der Kernfusion durchaus skeptisch – Wolfgang Liebert, der Leiter von IANUS. So heißt die Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Naturwissenschaft, Technik und Sicherheit, angesiedelt an der TU Darmstadt. Gleich in doppelter Hinsicht wittert Liebert Gefahr: Der erste Risikofaktor heißt Tritium, das ist eine radioaktive Variante von Wasserstoff. Zusammen mit Deuterium, einer weiteren Form von Wasserstoff, ist Tritium der Brennstoff, der bei vielen Millionen Grad im Inneren eines Fusionsreaktors zu Helium verschmelzen soll. Tritium aber dient auch als Hilfsstoff für die Nuklearwaffentechnik. Liebert:
"Alle fortgeschrittenen Kernwaffenstaaten benutzen Tritium als Fusionsverstärker in Spaltbomben, damit mehr Energie freigesetzt werden kann durch kleine Zugaben von zwei bis drei Gramm Tritium. Oder in den thermonuklearen Bomben, also in der Wasserstoffbombe."
In einem Fusionskraftwerk könnte Tritium unbemerkt für Waffenprogramme abgezweigt werden, fürchtet Liebert. Wichtiger noch scheint Risikofaktor Nummer 2: Wenn im Reaktor die Wasserstoffkerne zu Helium verschmelzen, werden – ähnlich wie heute bei Kernreaktoren – schnelle Neutronen frei. Diese Neutronen fliegen aus der Reaktorkammer heraus und sollen zum einen dazu genutzt werden, Strom zu gewinnen. Zum anderen aber sollen diese Neutronen auch Tritium, also den Brennstoff, regelrecht brüten, und zwar aus dem Leichtmetall Lithium. Wolfgang Liebert hält nun folgendes für möglich:
"Genau dieselben Neutronenflüssen, die man für die Tritiumproduktion nutzen will, kann man abzweigen für die Produktion von Plutonium."
Und zwar indem man einen Teil des Lithiums, also des eigentlichen Brutmaterials, austauscht gegen Uran. Dieses Uran würde sich dann im Laufe der Zeit umwandeln in waffenfähiges Plutonium. Ähnliches geschieht ja heute schon in militärischen Brutreaktoren. Und was halten die Fusionsforscher von diesen Befürchtungen? Nicht viel, meint Jean Jacquinot, wissenschaftlicher Berater der französischen Kernenergiebehörde.
"Wollte jemand einen Fusionsreaktor zum Brüten von Waffenplutonium missbrauchen, müsste er ihn erstmal umbauen. Und das ist sehr kompliziert: Man müsste die Anlage öffnen, diverse Komponenten austauschen, dann ein Jahr warten, bis genug Material gebrütet ist. Das alles ist viel zu kompliziert, viel zu teuer und dauert viel zu lange. Es gibt wirklich einfachere Wege, sich Spaltmaterial zu besorgen, etwa durch Zentrifugen. Also: Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass jemand dumm genug ist, Waffenplutonium mit einem Fusionsreaktor herstellen zu wollen."
Doch auch, wenn Jacquinot die Möglichkeit, einen Fusionsreaktor zu militärischen Zwecken umzurüsten, ziemlich abstrus findet – was ist, wenn es doch irgendwann irgendjemand versucht?
"Nun - ein Fusionsreaktor enthält normalerweise weder Plutonium noch Uran, nicht ein einziges Gramm. Wenn doch, wäre das äußerst einfach nachzuweisen, selbst aus einiger Entfernung, und zwar über den radioaktiven Zerfall von Plutonium. Es wäre also höchst einfach, jemandem auf die Schliche zu kommen, der einen Fusionsreaktor zum Brüten von Plutonium missbrauchen wollte."
Wolfgang Liebert überzeugt das nicht. Im Gegensatz zu Jean Jacquinot hält er es für ratsam, künftige Fusionsreaktoren ebenso zu überwachen wie es heute bei Kernreaktoren geschieht. Nur: Ob eine Behörde wie die Internationale Atomenergieorganisation IAEO in Wien dafür jemals ein politisches Mandat erhält, ist derzeit noch nicht abzuschätzen.
Er sieht die Sache mit der Kernfusion durchaus skeptisch – Wolfgang Liebert, der Leiter von IANUS. So heißt die Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Naturwissenschaft, Technik und Sicherheit, angesiedelt an der TU Darmstadt. Gleich in doppelter Hinsicht wittert Liebert Gefahr: Der erste Risikofaktor heißt Tritium, das ist eine radioaktive Variante von Wasserstoff. Zusammen mit Deuterium, einer weiteren Form von Wasserstoff, ist Tritium der Brennstoff, der bei vielen Millionen Grad im Inneren eines Fusionsreaktors zu Helium verschmelzen soll. Tritium aber dient auch als Hilfsstoff für die Nuklearwaffentechnik. Liebert:
"Alle fortgeschrittenen Kernwaffenstaaten benutzen Tritium als Fusionsverstärker in Spaltbomben, damit mehr Energie freigesetzt werden kann durch kleine Zugaben von zwei bis drei Gramm Tritium. Oder in den thermonuklearen Bomben, also in der Wasserstoffbombe."
In einem Fusionskraftwerk könnte Tritium unbemerkt für Waffenprogramme abgezweigt werden, fürchtet Liebert. Wichtiger noch scheint Risikofaktor Nummer 2: Wenn im Reaktor die Wasserstoffkerne zu Helium verschmelzen, werden – ähnlich wie heute bei Kernreaktoren – schnelle Neutronen frei. Diese Neutronen fliegen aus der Reaktorkammer heraus und sollen zum einen dazu genutzt werden, Strom zu gewinnen. Zum anderen aber sollen diese Neutronen auch Tritium, also den Brennstoff, regelrecht brüten, und zwar aus dem Leichtmetall Lithium. Wolfgang Liebert hält nun folgendes für möglich:
"Genau dieselben Neutronenflüssen, die man für die Tritiumproduktion nutzen will, kann man abzweigen für die Produktion von Plutonium."
Und zwar indem man einen Teil des Lithiums, also des eigentlichen Brutmaterials, austauscht gegen Uran. Dieses Uran würde sich dann im Laufe der Zeit umwandeln in waffenfähiges Plutonium. Ähnliches geschieht ja heute schon in militärischen Brutreaktoren. Und was halten die Fusionsforscher von diesen Befürchtungen? Nicht viel, meint Jean Jacquinot, wissenschaftlicher Berater der französischen Kernenergiebehörde.
"Wollte jemand einen Fusionsreaktor zum Brüten von Waffenplutonium missbrauchen, müsste er ihn erstmal umbauen. Und das ist sehr kompliziert: Man müsste die Anlage öffnen, diverse Komponenten austauschen, dann ein Jahr warten, bis genug Material gebrütet ist. Das alles ist viel zu kompliziert, viel zu teuer und dauert viel zu lange. Es gibt wirklich einfachere Wege, sich Spaltmaterial zu besorgen, etwa durch Zentrifugen. Also: Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass jemand dumm genug ist, Waffenplutonium mit einem Fusionsreaktor herstellen zu wollen."
Doch auch, wenn Jacquinot die Möglichkeit, einen Fusionsreaktor zu militärischen Zwecken umzurüsten, ziemlich abstrus findet – was ist, wenn es doch irgendwann irgendjemand versucht?
"Nun - ein Fusionsreaktor enthält normalerweise weder Plutonium noch Uran, nicht ein einziges Gramm. Wenn doch, wäre das äußerst einfach nachzuweisen, selbst aus einiger Entfernung, und zwar über den radioaktiven Zerfall von Plutonium. Es wäre also höchst einfach, jemandem auf die Schliche zu kommen, der einen Fusionsreaktor zum Brüten von Plutonium missbrauchen wollte."
Wolfgang Liebert überzeugt das nicht. Im Gegensatz zu Jean Jacquinot hält er es für ratsam, künftige Fusionsreaktoren ebenso zu überwachen wie es heute bei Kernreaktoren geschieht. Nur: Ob eine Behörde wie die Internationale Atomenergieorganisation IAEO in Wien dafür jemals ein politisches Mandat erhält, ist derzeit noch nicht abzuschätzen.