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Auf der Suche nach Spitzenkaffee

Kaffee ist das Lieblingsgetränk der Deutschen – noch vor Mineralwasser und Bier. Allerdings kommt bei Geschmackstests regelmäßig heraus, dass die meisten Verbraucher Spitzenkaffee von gängigen Sorten kaum unterscheiden können. Doch es gibt auch besondere Qualitäten. Ein Ernährungswissenschaftler der Uni Münster war deshalb in Guatemala unterwegs.

Von Monika Kovacsics |
    Mit rund 146 Litern pro Kopf liegt Kaffee noch vor Mineralwasser und Bier, wobei Trinkwasser aus der Leitung nicht mitgezählt wird. Kaffee ist zur Massenware geworden, bei Geschmackstests kommt regelmäßig heraus, dass die Meisten Spitzenkaffee von gängigen Sorten kaum unterscheiden können. Doch es gibt auch besondere Qualitäten. Ein Ernährungswissenschaftler von der Fachhochschule Münster hat sich ihnen verschrieben, meine Kollegin Monika Kovacsics hat ihn bei der Suche nach Spitzenkaffee in Guatemala begleitet.

    Zarte Schleierwolken verhängen den mächtigen Vulkan Tajumulco in Guatemala. Stundenlang hat sich das Geländefahrzeug durch tropisch-feuchten Nebelwald hinaufgewunden. Guido Ritter ist auf dem Weg ins Hochland. An den steilen Hängen wächst eine unendliche Vielfalt an Pflanzen, auch Kaffeesträucher besonders edler Sorten. Der Ernährungswissenschaftler ist den Kaffeearomen auf der Spur.

    "Die Kaffeequalität hängt von verschiedenen Faktoren ab. Eine der wichtigsten Faktoren ist die Herkunft des Kaffees, der Ursprung, wie er aufgewachsen ist, welche Sorte, welche Lage, welches Klima, wie er verlesen wird, später die Rösterei spielt auch noch eine Rolle, aber viel entscheidender ist, wo er herkommt, der Kaffee. Und das vor Ort sich anzuschauen, die Lage zu sehen und die Unterscheidung zu erkennen, welcher Kaffee Spitzenkaffee wird, welcher mittlere Qualität, das kann man nur, wenn man sich den Kaffee vor Ort anschaut."

    Häuser einer Finca tauchen auf. Ritter ist auf 1600 Metern angekommen. Hier leben Maya- Familien seit Generationen vom Kaffeeanbau. Die Kaffeesträucher wachsen verstreut im Schatten der Dschungelbäume. Vor allem die begehrte Sorte Arabica. Die vulkanische Erde führt zu besonders feinen Säuren in den Kaffeebohnen.
    "Die Aromenbildung hängt zum einen von der primären Aromenbildung ab, das was in der Kaffeebohne selbst wächst, wie die Fermentation verläuft und daraus entstehen dann die sogenannten Sekundäraromen während des Röstens und nur was vorher im Kaffee drin war, kann auch beim Rösten zum Aroma, zur Aromenvielfalt führen."

    Entscheidend ist die Feldarbeit. Ritter trifft einen Campesino, einen Kaffeebauern mit dem Erntekorb. Auf und ab klettern die beiden am steilen Vulkanhang zu den Büschen, an deren Zweigen leuchtend rote Kaffeekirschen hängen. Der Campesino pflückt nur die reifen, makellosen. Fleckige sortiert er aus, die grünen lässt er hängen und wird später wieder kommen. Die Tatsache, dass nur handverlesene Kaffeekirschen geerntet werden, erhöht die Qualität des Kaffees deutlich.

    "Dieser Kaffee hat eine besondere Qualität, das sieht man schon. Die Sorten, die hier angebaut werden sind besonders gut. Die Art, wie gelesen wird, wie die Weiterverarbeitung nach der Lese wird, das Trocknen hat besonderen Einfluss auf die Qualität. Der ganze Prozess des Herstellens führt zur sogenannten Produktqualität und die Verarbeitung des Kaffees direkt nach der Ernte spielt eine besondere Rolle."

    Arabicabohnen wachsen im Hochland über 600 Meter und gelten als Spitzenkaffee, weil sie besonders feine Säuren aufweisen. Aber auch die viel verbreitete Robusta-Bohne, die zwar leichter anzubauen ist, aber weniger Aroma bildet, kann durch sorgfältige Verarbeitung zu höchster Qualität aufsteigen.

    Im Beneficio, der Verarbeitungsanlage am Rande der Finca, ist Hochbetrieb. Die Campesinos kippen ihre Kaffeekirschen in die Waschanlage. Zwischen Ernte, Waschen und Schälen dürfen nicht mehr als 24 Stunden vergehen, sonst fermentieren die Bohnen und der Kaffee schmeckt später wie alter Wein. Mit einer Schältrommel entfernen sie das Fruchtfleisch. Übrig bleiben helle Kerne, die eigentlichen Kaffeebohnen. Die Bauern breiten sie auf einer riesigen Fläche aus. Der sogenannte Rohkaffee trocknet hier in ca. 20 Zentimeter dicken Lagen an der Sonne, manchmal Tage, manchmal Wochen. Immer wieder schreiten vier bis fünf Männer über den ausgebreiteten Kaffee. Mit Rechen aus Holz kehren sie die unterste Schicht nach oben und wenden den Kaffee alle 20 bis 30 Minuten, damit die Bohnen nicht zu stark trocknen und andererseits kein Schimmel entsteht.

    "Es ist wichtig, dass nicht zu lange getrocknet wird, dass man darauf achtgibt, dass keine Verbrennung der Bohnen stattfindet, so dass volles Aroma vorhanden ist, die dann in der Röstung umgesetzt werden in die besonderen duftenden Aromen."

    Bis vor zehn Jahren kam es den Kleinbauern hauptsächlich auf Masse an. Ihre Arabica-Bohnen wurden ohnehin im Tal mit anderen Kaffeechargen vermischt, die aus großflächigen Plantagen ohne Schatten stammen und mit viel Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden produziert werden. Seit einem Jahr ist der Kaffee der Campesinos im Hochland biozertifiziert. Darauf sind sie besonders stolz. Sie verkaufen ihn direkt an Händler aus Deutschland zu einem guten Preis. So bleibt der Kaffee unvermischt, wird speziell geröstet und hat als Lagenkaffee einmaligen Geschmack.