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Aufsichtsrat, Aktionäre, Piëch
Wie funktioniert VW?

Bisher schwieg Volkswagen-Chef Martin Winterkorn zu seiner öffentlichen Demontage durch Firmenpatriarch Ferdinand Piëch. Wie geht es im Machtkampf bei VW nun weiter? Und wie sehen die Machtverhältnisse im Aufsichtsrat aus?

Von Michael Braun | 13.04.2015
    Der Vorstandsvorsitzende der Volkswagen AG, Martin Winterkorn (r) und der Aufsichtsratsvorsitzende der Volkswagen AG, Ferdinand Piech, stehen am 13.05.2014 bei der Hauptversammlung der Volkswagen AG auf dem Messegelände in Hannover (Niedersachsen)
    Der Vorstandsvorsitzende der Volkswagen AG, Martin Winterkorn (r) und der Aufsichtsratsvorsitzende der Volkswagen AG, Ferdinand Piech. (picture alliance / dpa / Julian Stratenschulte)
    Jetzt wollen sie miteinander reden, Ferdinand Piëch und Martin Winterkorn angeblich in den nächsten Tagen. Und die Piëchs und die Porsches auch, der Familienclan also, der 50,7 Prozent der Stimmrechte bei VW hält und deren einer Repräsentant, eben der Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch, sich gegen Winterkorn gestellt hat. Der Porsche-Zweig scheint für Winterkorn zu sein, zumindest gegen Ferdinand Piëchs Alleingang. Auch der Enkel des legendären Käfer-Konstrukteurs beschwört in Sonntagsreden die Einheit im Unternehmen:
    "Mein Großvater hat mich bestimmt darin geprägt, nach guten Leuten Ausschau zu halten, denn einer allein ist nichts, denn nur ein gutes Team leistet etwas."
    So kann auch Martin Winterkorn reden, wenn er erklären soll, warum es der deutschen Autoindustrie und im besonderen VW sehr gut geht:
    "Erfolgsfaktor Nummer 1: Unternehmen, Arbeitnehmervertreter und Gewerkschaften haben gemeinsam für diese Wettbewerbsfähigkeit gesorgt, die wir heute haben. Das konstruktive Miteinander von Unternehmen, Beschäftigten, ist für den Standort Deutschland mittlerweile ein starkes Pfund."
    Geht Winterkorn ganz? Oder übernimmt der den Aufsichtsrat?
    In der Praxis weiß Piëch aber aus seiner Rolle als Vorstandschef von Audi, dann von VW, dann als Aufsichtsratsvorsitzender bei VW, dass jedes Team Führung braucht. Und dass die bei VW von ihm ausgeht, daran hat er bisher keinen Zweifel gelassen. Etwa als er seinem Nachfolger als VW-Vorstandschef, dem früheren BMW-Manager Bernd Pischetsrieder, 2006 einen neuen Vorstandsvertrag gab, ihn gleichwohl kurz darauf entmachtete. Auch als Porsche 2009 VW zu übernehmen suchte, damit auch Piëchs Führungsrolle bedrohte, gelang dem Porsche-Enkel Piëch ein erfolgreicher Gegenangriff. Professor Wolfgang Meinig von der Forschungsstelle für Automobilwirtschaft in Bamberg charakterisierte Piëch damals so:
    "Er macht keine halben Sachen, der spielt nicht, sondern der handelt."
    Nun handelte er gegen Martin Winterkorn. Warum? Noch weiß man es nicht. Analysten gehen aber davon aus, dass Winterkorn seinen Vorstandsvertrag im nächsten Jahr nun nicht mehr verlängert. Geht er ganz? Oder übernimmt der den Aufsichtsrat? Mit dem mitbestimmungsberechtigten Betriebsrat und – auf der Bank der Anteilseigner – mit den 20 Prozent des Landes Niedersachsen und dazu den Stimmen der Familie Porsche dürfte sich eine kaum überwindbare Phalanx gegen Ferdinand Piëch aufgebaut haben. Jürgen Pieper, Autoanalyst vom Bankhaus Metzler, kann sich jedenfalls erstmals vorstellen, dass Piëch die Grenzen seiner Macht erfährt:
    "Wenn alle Kräfte gegen ihn stehen, ob dann der Punkt kommt, wo er einlenkt: Das kann ich mir zumindest mal vorstellen. Erlebt haben wir es alle noch nicht, das ist richtig."