Martina Musik ist 26 Jahre alt. Die junge Frau in Jeans und Kapuzenpulli wärmt sich an einer Feuertonne.
"Ich fand das von Anfang an eine gute Sache, dass Menschen zusammenkommen und sagen: So wie es ist, wollen wir es nicht. Ich war bei der Demonstration und das Feeling, die Stimmung waren von Anfang an so positiv, dass ich geblieben bin. Ich habe vielleicht 20 Minuten geschlafen, ich habe mich eine Stunde hingelegt und konnte nicht schlafen, weil ich so energetisiert bin von dieser ganzen Stimmung. Es ist einfach toll hier."
Eigentlich wäre gerade ihr erster Tag an der Uni. Martina Musik will Erziehungswissenschaften studieren. Stattdessen ist sie jetzt den ganzen Tag im Protest-Camp und hilft dabei, mitten im Bankenviertel eine kleine Zeltstadt aufzubauen. 50 Schlaf-Zelte, außerdem gibt es ein großes Küchenzelt und einen Info-Stand. Doch warum?
"Ich persönlich finde das System, in dem wir leben sehr, sehr ungerecht. Es gibt ein paar wenige, die ganz, ganz reich sind, und ganz, ganz viele, die einfach immer weniger haben. Wo ständig Hilfe gekürzt wird, damit die da oben weitermachen, wie sie im Moment handeln. Ich habe nicht wirklich viel Ahnung von Wirtschaft, aber ich habe einen gesunden Menschenverstand, und vor allem habe ich ein gesundes Herz und ich sehe: Das ist einfach nicht gerecht."
Ein grundsätzliches und allgemeines Unbehagen, das Gefühl, dass etwas mit unserem politischen und wirtschaftlichen System nicht stimmt, das ist es, was die Menschen im Protest-Camp eint. Es sind Studenten, Erzieher, Informatiker, Freiberufler, Arbeitslose, die oft geradezu euphorisch sind, weil sie im Camp Gleichgesinnte gefunden haben. Ein Programmierer Ende 30 mit wild wucherndem Bart, der seinen Namen nicht sagen will, ist extra aus Bielefeld hierher gekommen.
"Mich spricht das hier sehr stark an, weil ich glaube, dass das einfach etwas ganz Wundervolles ist, was hier auch entsteht. Wir haben Zuwachs, wir haben hier eine Asamblea jeden Tag, und es werden jeden Tag mehr Leute, die daran teilnehmen. Meine persönliche Hoffnung ist, dass wir Wege finden, irgendwie eine Alternative zum bestehenden System aufzubauen. Und ich glaube jeder Mensch, der in unserer westlichen Industriewelt lebt, lebt ja im Widerspruch mit sich selbst, weil viele Dinge sind ja nicht so wirklich schön, die damit verbunden sind. Es hungern Menschen auf der Welt, während in der EU Lebensmittel vernichtet werden, um Preise stabil zu halten, da fällt mir eigentlich nicht viel dazu ein. Gesund ist das nicht."
"Empört Euch" steht auf einem Schild. "Engagiert Euch" auf einem anderen. Doch wofür, das will hier im Moment niemand so genau sagen. Auch Jan Umsonst nicht. Er ist Ende 30, trägt Dread-Locks und arbeitet als Tai-Chi-Lehrer.
"Wir sind der Meinung, wir stehen vor einem globalen Problem. Das heißt, wir brauchen vielfältige Lösungsansätze, die aber alle in eine Richtung gehen: Wir wollen in einer Gesellschaft Leben für die Menschen. Das hier ist erst einmal als eine Art Thinktank zu sehen. Das ist ein Raum, in dem man sich unterhalten kann, über alle Themen, wir wollen reden. Wir wollen auch mit Leuten aus dem Finanzsystem reden, weil wir wollen ja auch wissen, wie ist es denn technisch? Sehr oft stoßen wir auf Menschen, die auch selbst das Gefühl haben, die auch in diesen Bereichen arbeiten und sagen: Da ist was schief gelaufen. Das stinkt zum Himmel."
Es gibt einige Banker, die dieser Einladung zur Diskussion folgen. Auf der einen Seite junge Menschen mit übernächtigten Gesichtern und matschigen Schuhen, auf der anderen Banker in feinen Anzügen, die in der Regel ihre Namen nicht sagen wollen.
"Um mal die Argumente zu hören von den jungen Leuten, die hier sind. Neugierig zu gucken, was hier passiert. Wir sind zwar Banker auf der einen Seite, auf der anderen Seite sehen wir natürlich auch, dass es einige Themen gibt, über die man diskutieren kann. Und dieser ganze Turbokapitalismus, der ist halt von Amerika gekommen und nach Europa rüber geschwappt. Ich glaube, dass das viele Banker auch eher kritisch gesehen haben und das auch nicht gut finden, was da alles passiert."
"Nur die Frage ist halt, irgendwann wird man dann auch an Ideen gemessen. Wenn dann da keine klaren Handlungsempfehlungen kommen, wird sich das dann wohl eher im Sande verlaufen. Es gibt noch keine klaren Ideen."
Die Stadt Frankfurt hat das Protest-Camp bis Ende Oktober genehmigt. In dieser Zeit wollen die Protestierenden diese Ideen erarbeiten. Es soll Diskussionen, Workshops und Vorträge geben. Jeder ist eingeladen, mitzumachen. Viele Frankfurter kommen, ob aus Solidarität oder Neugierde: Es gibt ein Bedürfnis, über die Finanzkrise zu reden.
"Letztlich verstehe ich diese ganze virtuelle Geldmaschine nicht. Es geht nicht, dass die Schere so weit auseinandergeht, dass die Reichen überhaupt keine Bodenhaftung mehr haben."
"Ich war sehr neugierig, fand das sehr, sehr spannend, dass dann viele hier vorbeigehen und dass da ein Dialog ist. Ja, das würde mich auch interessieren."
"Ich komme aus der 68er/70er-Jahre-Generation. Da sind wir auf die Straße gegangen, und ich finde es super, dass auch hier etwas passiert ist, zwar wenig, und ich hoffe, das wird einen Domino-Effekt haben."
Am Küchenzelt wird frische Suppe ausgeteilt. Auf einem Schild steht, dass noch Suppengemüse, Planen und Zahnpasta gebraucht werden. Die Protestierenden können im Moment von Spenden der Frankfurter leben.
"Wir können hier noch um drei Uhr nachts aus drei verschiedenen Sorten Kuchen wählen. Die tollsten Schokoladen, haben Suppe, haben Chili, also wirklich alles. Wir kriegen Feuerholz gespendet. Die Leute kommen her und sagen, ich kann einen Workshop anbieten. Es ist eine gute Stimmung, positiv und wir kriegen von überall Unterstützung."
Drei Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise formiert sich eine Protestbewegung. Es scheint, als hätten viele darauf gewartet.
"Ich fand das von Anfang an eine gute Sache, dass Menschen zusammenkommen und sagen: So wie es ist, wollen wir es nicht. Ich war bei der Demonstration und das Feeling, die Stimmung waren von Anfang an so positiv, dass ich geblieben bin. Ich habe vielleicht 20 Minuten geschlafen, ich habe mich eine Stunde hingelegt und konnte nicht schlafen, weil ich so energetisiert bin von dieser ganzen Stimmung. Es ist einfach toll hier."
Eigentlich wäre gerade ihr erster Tag an der Uni. Martina Musik will Erziehungswissenschaften studieren. Stattdessen ist sie jetzt den ganzen Tag im Protest-Camp und hilft dabei, mitten im Bankenviertel eine kleine Zeltstadt aufzubauen. 50 Schlaf-Zelte, außerdem gibt es ein großes Küchenzelt und einen Info-Stand. Doch warum?
"Ich persönlich finde das System, in dem wir leben sehr, sehr ungerecht. Es gibt ein paar wenige, die ganz, ganz reich sind, und ganz, ganz viele, die einfach immer weniger haben. Wo ständig Hilfe gekürzt wird, damit die da oben weitermachen, wie sie im Moment handeln. Ich habe nicht wirklich viel Ahnung von Wirtschaft, aber ich habe einen gesunden Menschenverstand, und vor allem habe ich ein gesundes Herz und ich sehe: Das ist einfach nicht gerecht."
Ein grundsätzliches und allgemeines Unbehagen, das Gefühl, dass etwas mit unserem politischen und wirtschaftlichen System nicht stimmt, das ist es, was die Menschen im Protest-Camp eint. Es sind Studenten, Erzieher, Informatiker, Freiberufler, Arbeitslose, die oft geradezu euphorisch sind, weil sie im Camp Gleichgesinnte gefunden haben. Ein Programmierer Ende 30 mit wild wucherndem Bart, der seinen Namen nicht sagen will, ist extra aus Bielefeld hierher gekommen.
"Mich spricht das hier sehr stark an, weil ich glaube, dass das einfach etwas ganz Wundervolles ist, was hier auch entsteht. Wir haben Zuwachs, wir haben hier eine Asamblea jeden Tag, und es werden jeden Tag mehr Leute, die daran teilnehmen. Meine persönliche Hoffnung ist, dass wir Wege finden, irgendwie eine Alternative zum bestehenden System aufzubauen. Und ich glaube jeder Mensch, der in unserer westlichen Industriewelt lebt, lebt ja im Widerspruch mit sich selbst, weil viele Dinge sind ja nicht so wirklich schön, die damit verbunden sind. Es hungern Menschen auf der Welt, während in der EU Lebensmittel vernichtet werden, um Preise stabil zu halten, da fällt mir eigentlich nicht viel dazu ein. Gesund ist das nicht."
"Empört Euch" steht auf einem Schild. "Engagiert Euch" auf einem anderen. Doch wofür, das will hier im Moment niemand so genau sagen. Auch Jan Umsonst nicht. Er ist Ende 30, trägt Dread-Locks und arbeitet als Tai-Chi-Lehrer.
"Wir sind der Meinung, wir stehen vor einem globalen Problem. Das heißt, wir brauchen vielfältige Lösungsansätze, die aber alle in eine Richtung gehen: Wir wollen in einer Gesellschaft Leben für die Menschen. Das hier ist erst einmal als eine Art Thinktank zu sehen. Das ist ein Raum, in dem man sich unterhalten kann, über alle Themen, wir wollen reden. Wir wollen auch mit Leuten aus dem Finanzsystem reden, weil wir wollen ja auch wissen, wie ist es denn technisch? Sehr oft stoßen wir auf Menschen, die auch selbst das Gefühl haben, die auch in diesen Bereichen arbeiten und sagen: Da ist was schief gelaufen. Das stinkt zum Himmel."
Es gibt einige Banker, die dieser Einladung zur Diskussion folgen. Auf der einen Seite junge Menschen mit übernächtigten Gesichtern und matschigen Schuhen, auf der anderen Banker in feinen Anzügen, die in der Regel ihre Namen nicht sagen wollen.
"Um mal die Argumente zu hören von den jungen Leuten, die hier sind. Neugierig zu gucken, was hier passiert. Wir sind zwar Banker auf der einen Seite, auf der anderen Seite sehen wir natürlich auch, dass es einige Themen gibt, über die man diskutieren kann. Und dieser ganze Turbokapitalismus, der ist halt von Amerika gekommen und nach Europa rüber geschwappt. Ich glaube, dass das viele Banker auch eher kritisch gesehen haben und das auch nicht gut finden, was da alles passiert."
"Nur die Frage ist halt, irgendwann wird man dann auch an Ideen gemessen. Wenn dann da keine klaren Handlungsempfehlungen kommen, wird sich das dann wohl eher im Sande verlaufen. Es gibt noch keine klaren Ideen."
Die Stadt Frankfurt hat das Protest-Camp bis Ende Oktober genehmigt. In dieser Zeit wollen die Protestierenden diese Ideen erarbeiten. Es soll Diskussionen, Workshops und Vorträge geben. Jeder ist eingeladen, mitzumachen. Viele Frankfurter kommen, ob aus Solidarität oder Neugierde: Es gibt ein Bedürfnis, über die Finanzkrise zu reden.
"Letztlich verstehe ich diese ganze virtuelle Geldmaschine nicht. Es geht nicht, dass die Schere so weit auseinandergeht, dass die Reichen überhaupt keine Bodenhaftung mehr haben."
"Ich war sehr neugierig, fand das sehr, sehr spannend, dass dann viele hier vorbeigehen und dass da ein Dialog ist. Ja, das würde mich auch interessieren."
"Ich komme aus der 68er/70er-Jahre-Generation. Da sind wir auf die Straße gegangen, und ich finde es super, dass auch hier etwas passiert ist, zwar wenig, und ich hoffe, das wird einen Domino-Effekt haben."
Am Küchenzelt wird frische Suppe ausgeteilt. Auf einem Schild steht, dass noch Suppengemüse, Planen und Zahnpasta gebraucht werden. Die Protestierenden können im Moment von Spenden der Frankfurter leben.
"Wir können hier noch um drei Uhr nachts aus drei verschiedenen Sorten Kuchen wählen. Die tollsten Schokoladen, haben Suppe, haben Chili, also wirklich alles. Wir kriegen Feuerholz gespendet. Die Leute kommen her und sagen, ich kann einen Workshop anbieten. Es ist eine gute Stimmung, positiv und wir kriegen von überall Unterstützung."
Drei Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise formiert sich eine Protestbewegung. Es scheint, als hätten viele darauf gewartet.