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Aus für "Zimmer frei!" im WDR
Keine Mitbewohner mehr gesucht

20 Jahre hielt die TV-Wohngemeinschaft von Christine Westermann und Götz Alsmann. Immer wieder waren sie auf der Suche nach einem prominenten Mitbewohner. Jetzt ist Schluss mit der WDR-Fernsehsendung "Zimmer frei!".

Von Jörg Albrecht | 26.09.2016
    Die Moderatoren Götz Alsmann (l.) und Christine Westermann (r.) posieren nach der Aufzeichnung der letzten Ausgabe der WDR Fernsehshow "Zimmer frei!".
    Die Moderatoren Götz Alsmann (l.) und Christine Westermann (r.) posieren nach der Aufzeichnung der letzten Ausgabe der WDR Fernsehshow "Zimmer frei!". (dpa / picture alliance / Henning Kaiser)
    "Stichwort Abschied, meine Damen und Herren. – Dafür habe ich dich 20 Jahre geliebt. – Ich weiß. Es hat allerdings 15 Jahre gedauert, bis du es zugegeben hast. – Bis du es gemerkt hast."
    47 Jahre ist Christine Westermann alt, als die Fernsehmoderatorin zusammen mit dem neun Jahre jüngeren Entertainer Götz Alsmann 1996 vom Westdeutschen Rundfunk den Auftrag bekommt, das Sommerloch in seinem Dritten Programm zu stopfen. 47 Jahre! Ein geradezu biblisches Alter für Fernsehschaffende – besonders für weibliche. Heutzutage hätte wahrscheinlich selbst ein Enddreißiger – wie Alsmann damals – das Verfallsdatum für Moderatoren überschritten.
    1996 ist das noch anders. Damals sind zumindest die öffentlich-rechtlichen Sender noch nicht dem Jugendwahn verfallen und so gibt der WDR Westermann und Alsmann eine Show, in der ein Prominenter in Spielen und Gesprächen seine WG-Tauglichkeit unter Beweis stellen muss. Erster Bewerber für das freie Zimmer ist am 9. Juli 1996 Volksmusikant Karl Moik.
    Stolze 17 "Zimmer frei!"-Ausgaben werden innerhalb von sieben Wochen versendet. Das neue Format kommt an und aus dem Pausenfüller wird eine regelmäßige Show, die es in 20 Jahren auf knapp 700 Ausgaben mit fast ebenso vielen prominenten Gästen bringt. Manch einer darf auch gleich zwei Mal vorbeischauen beim "Kindergeburtstag für Erwachsene", wie Götz Alsmann die Sendung einmal bezeichnet hat.
    "Wir haben noch ein kleines, schönes Spielchen, auf das ich mich sehr gefreut habe. Es geht um Folgendes: Jeder von uns bekommt ein Krachinstrument. Was möchtest du haben? Trillerpfeife oder Ratsche? – Ratsche. – Ich nehme die Hupe."
    Alsmann der geborene Alleinunterhalter
    Alsmann gibt den Clown mit ADHS-Symptom und kaspert rum. Eigentlich der geborene Alleinunterhalter. Hier aber mit Frau an seiner Seite, gegen die eine Standuhr fast schon hyperaktiv wirkt. Und so fragt man sich in den ersten Sendungen immer wieder: Wofür kriegt die Westermann ihr Honorar? Richtig! Sie ist für den – nennen wir es einmal – journalistischen Teil in "Zimmer frei!" zuständig. Sie soll dem Gast Dinge entlocken, von denen bislang kein Zuschauer etwas weiß und – bei den meisten Prominenten – auch gar nicht wissen will. Vielleicht ist es aber gerade das ungleiche Temperament des Moderatorenduos, das dem Mix aus Partyspielchen, Talk und Improvisation Charme verleiht und eine besondere Farbe im grauen, durchformatierten TV-Einerlei.
    In der Regel gucken ein paar Hunderttausend zu. Für ein Drittes Programm eine ganz passable Quote. Dennoch ist die Sendung nie über Ihr Nischendasein hinausgekommen. "Na, haste gestern auch geguckt?" Wenn einem montags jemand diese Frage gestellt hat, dann war der "Tatort" gemeint, nicht aber "Zimmer frei!". A propos "Tatort": Vor zwei Wochen war Schauspieler Axel Prahl zu Gast. In einer ganz persönlichen Version des Rio-Reiser-Klassikers Junimond brachte er das Ende von "Zimmer frei!" auf den Punkt:
    "Ich kann es kaum fassen. War es wirklich ihr Wille? Ihre schöne Sendung – die gibt es bald nicht mehr."
    Programm soll verjüngt werden
    Jetzt also hat der WDR seine Wohngemeinschaft dicht gemacht. Wie man munkelt, auch um sein Programm künftig weiter zu verjüngen. Die Dritten wollen eben nicht mehr nur die 60plus-Zuschauer bedienen. Statt für die Zielgruppe Kukident sucht man jetzt Formate für das Joko-und-Klaas-Publikum. Das weiß allerdings noch gar nicht, dass es Dritte Programme überhaupt gibt. Von den diversen Testballons, die der Sender schon im Sommer 2015 mit gesichtslosen Moderatoren gestartet hat, ist übrigens – anders als 1996 – keiner quotenmäßig abgehoben.
    "Und es tut mir so weh, ja das tut mir so weh. Vor allem, wenn ich mir anschaue, was ich sonst noch im Fernsehen so sehe. Es ist vorbei – bei bei Junimond."