Dan Fornari, Geologe und Chefwissenschaftler an der Woods Hole Oceanographic Institution in Maryland. Weder die Trieste von Jacques Picard, die am 23. Januar 1960 in 11.275 Metern am tiefsten Punkt der Erde aufsetzte, noch 1995 das ferngesteuerte Tauchboot Kaiko waren dafür gebaut, dort unten zu forschen. Genau das soll das neue Hybrid-U-Boot der Amerikaner leisten, so Chefingenieur Andy Bowen:
Das Wort Hybrid bezieht sich auf eine Klasse, die die Eigenschaften von zwei U-Boot-Typen vereint: Auf der einen Seite ist der Hybrid ein autonomes Gefährt, dass unter der Kontrolle eines Bordcomputers und ohne Anbindung an das Mutterschiff agiert. Auf der anderen Seite ist er ein ferngesteuertes Tauch-Boot, bei dem die Energieversorgung und die Datenleitungen über ein Kabel laufen. Unser Hybrid wird beides können, allerdings läuft unsere Kommunikation nicht über ein armdickes Kabel, sondern ein feines Glasfaserkabel mit einem Durchmesser von nur 0,8 Millimetern.
Denn anders als heute bei den ROV, den ferngesteuerten Gefährten also, üblich, kommt die Energie nicht vom Schiff, sondern aus den Batterien an Bord des Tauchboots. Das löst ein grundlegendes Problem: Die heute gängigen Kabel für tiefseetaugliche ROV haben für die Stromversorgung einen Kupferkern und sind deshalb viel zu schwer, wenn erst einmal sieben, acht, neun oder noch mehr Kilometer über der Bordwand hängen. Und das Hightech-Kabel des inzwischen verloren gegangenen japanischen ROV Kaiko war zwar leichter als die Klassiker mit dem Kupferkern, aber es war schlicht zu teuer. Das war nicht sein einziger Nachteil: Es war auch an Bord des Schiffes ungeheuer diffizil zu handhaben und es schränkte die Manövrierfähigkeit Kaikos in extremen Tiefen ein. Bowen:
In unserem Hybridsystem haben wir nur noch diese einzelne Glasfaser zum Informationsaustausch zwischen Hybrid und Schiff. Diese Faser wiegt im Wasser pro Kilometer weniger als ein Kilo, sie ist also sehr leicht und übt kaum Zug auf das Schiff aus. Dieses Kabel ist sicherlich unsere größte technische Herausforderung. Wir können dabei aber auf eine Entwicklung der US-Marine zurückgreifen, die es für das Lenksystem von Torpedos entwickelt hat, und die Partner in unserem Projekt ist.
Andere technische Herausforderungen sind beispielsweise neuartige Schwimmer für die Arbeit in elf Kilometern Wassertiefe, ebenso das druckdichte Gehäuse für Batterien und Elektronik, das aus Hightech-Keramiken gefertigt werden soll. Bei der Beleuchtung sollen Leuchtdioden zum Einsatz kommen, die nur einen Bruchteil der Energie für einen Scheinwerfer brauchen. Und es müssen Sensoren und ein Greifarm weiterentwickelt werden. Der neue Hybrid ist äußerst manövrierfähig. Bowen:
Wir wollen diesen Hybrid so einsetzen, dass er zunächst selbständig den Meeresgrund kartiert, um die interessanten Gebiete zu finden. Etwa anderthalb Tage arbeitet er so. Dann wird er an Bord geholt und für den ferngesteuerten Betrieb umgerüstet, sprich an sein Kabel angeschlossen, mit zusätzlichen Kameras, Sensoren und einem kleinen Greifarm versehen. Dann taucht er ins Zielgebiet und beginnt mit der Probennahme, Messungen und dem Aussetzen von Instrumenten.
Noch nicht einmal ein spezielles Schiff ist notwendig. Denn um schnell auf Ereignisse wie den Ausbruch eines Unterwasservulkans regieren zu können, soll das System auf Abruf per Flugzeug in jeden Hafen und dort auf ein beliebiges hochseetaugliches Schiff gebracht werden können. In vier Jahren gehört der Marianengraben zu den ersten Einsatzgebieten, aber man möchte auch einen Blick unter die Eiskappe des Nordpols wagen und zum Gakkelridge tauchen - dem geheimnisvollsten Meeresgebirge der Welt.