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Ausgedient

Technologie.- Kino in 3D ist schon länger ein Publikumsmagnet. Doch was es bisher nur in Spezialkinos gab, wird jetzt auch im ganz normalen Kinosaal möglich. Die Umrüstung eines Saals kann jedoch bis zu 200.000 Euro verschlingen.

Von Thomas Reintjes |
    "Man hat wirklich das Gefühl, die Sachen kommen auf einen zu und sind im Raum drin."

    "Beeindruckend. Also, es hat eine Weile gedauert, um reinzukommen, aber dann war es ... zog einen rein. War sehr gut."

    "Wir leben in 3D, das merkt man jetzt erst so richtig."

    "Es ist etwas echter noch als im echten Leben."

    "Ich hab ein bisschen Kopfdruck."

    Kino als echtes Erlebnis, das wollen offenbar immer mehr Zuschauer – wenn es ohne Kopfdruck geht. Der könnte daher stammen, dass 3D-Projektion längst nicht perfekt ist, erklärt Siegfried Fößel vom Fraunhofer IIS in Erlangen.

    "Schief gehen kann dabei, dass der Augenabstand anders berechnet ist als der Mensch tatsächlich hat. Es ist natürlich auch so, dass im normalen Umfeld der Mensch ein Objekt fokussiert, das heißt, die Augen drehen sich zu dem Objekt und er fokussiert es an einer bestimmten Stelle. Heute gibt's viele Techniken, die zunächst mal Bilder parallel aufnehmen, das heißt, es fehlt dann diese Drehung der Augen. Und das führt dann dazu, dass es einen unangenehmen Eindruck macht. Oder es ist einfach so, dass natürlich manche Menschen einen anderen Augenabstand haben als der Normabstand und das macht sich natürlich auch bemerkbar."

    Hinzu kommt, dass bei manchen Projektionstechniken nicht alle Sitzplätze im Kino gleich gut sind. Aber die Plätze am Rand sind ja auch in 2D-Kinos nicht die beliebtesten. Die sind immer noch weit verbreitet. In weniger als zehn Prozent der deutschen Vorführräume steht ein Digitalprojektor.

    Beispielsweise im Kölner Großkino Cinedom laufen hinter der letzten Zuschauerreihe noch Filmstreifen von riesigen Rollen in ratternde Projektoren. Doch einen Raum weiter herrscht nur noch Rauschen. Zwischen den Gebläsen der Digitaltechnik steht Geschäftsführer Martin Ebert.

    "Also das gute alte Zelluloid, auch wenn es schon lange kein Zelluloid, sondern Polyester war, hat endgültig ausgedient. Hier kommt alles von einem Server. Und in diesem Fall werden zwei Projektoren von einem Server beschickt. Vereinfacht gesagt: Für jedes Auge ein Projektor."

    Jeder einzelne davon groß wie ein kleiner Kühlschrank. Zwar kann man den 3D-Effekt auch mit nur einem Projektor erzielen, mit zweien funktioniert es aber besser. Vor allem aber wäre ein einzelner Digitalprojektor viel zu lichtschwach für das riesige Kino vier. 220 Quadratmeter Leinwand wollen ausgeleuchtet werden. In jedem Projektor steckt dazu eine Lampe mit 6500 Watt, also der Leistung von 100 einfachen Glühlampen.

    Generell brauchen 3D-Projektoren mehr Lichtleistung als herkömmliche. Etwa, weil durch die Projektion und die Spezialbrillen immer nur ein Auge gleichzeitig ein Bild wahrnimmt. In dem Kölner Kino werden für die beiden Augen des Zuschauers leicht farbverschobene Bilder projiziert. Filter in der Brille lassen immer nur das für das jeweilige Auge gedachte Bild passieren. So kommt weniger als halb so viel Licht auf der Netzhaut an. Für andere 3D-Verfahren, die etwa mit Polarisation arbeiten, sieht es ähnlich aus. Dass nicht permanent beide Augen mit Bildern versorgt werden, hat auch zur Folge, dass bei den üblichen 24 Bildern pro Sekunden ein Flackern wahrnehmbar wird.

    Deshalb müssen die 3D-Projektoren jedes Auge mit dreimal so vielen Bildern versorgen, insgesamt 144 Bilder pro Sekunde werfen sie auf die Leinwand. Auch für den unter dem Projektor eingebauten Rechner eine Belastung. Der ist übrigens besonders geschützt. Wenn jemand anfängt, am Gehäuse herumzuschrauben, fängt das Gerät an, die Festplatteninhalte zu löschen. Ohnehin liegen die Filme verschlüsselt auf dem System, neue Filme werden von einer externen Festplatte aus eingespielt.

    Zwischen den beiden Projektoren im Kölner Cinedom steht noch ein kleiner handelsüblicher PC. Auf dem sind die Werbefilme gespeichert – sie dürfen nach den Vorgaben der Filmindustrie nicht auf den großen Filmserver. Viele Vorgaben, neue Abläufe, hohe Investitionen – lohnt sich der Umstieg jetzt für die Kinos? Martin Ebert will auf jeden Fall noch weitere Kinosäle umrüsten. Je nach 3D-Verfahren wären dafür auch neue Leinwände nötig. Doch die wollen zurzeit viele Kinobetreiber kaufen.

    "Im Moment hat man zwölf bis 16 Wochen Lieferzeit auf eine neue Leinwand. Auch die eigentlichen Projektoren werden langsam knapp.
    Vielleicht lohnt sich das Warten, denn die Entwicklung geht weiter."

    Für Fraunhofer-Forscher Fößel ist das 3D-Erlebnis noch längst nicht perfekt.

    "Hier gibt’s im Forschungsbereich viele Ideen, wie man das in ein echtes 3D-Kino umwandeln kann. Man denkt jetzt hier zum Beispiel in Richtung Holodeck im Bereich Star Wars, in diese Richtungen kann man denken, aber das sind natürlich Zeitspannen, die eher in den Bereich 20 Jahre Forschung noch hineingehen."

    Für jeden Zuschauer würde ein solcher Film dann anders aussehen. Statt im bequemen Sessel zu sitzen, könnten die Zuschauer um die Szenen herumgehen und sich das dreidimensionale Geschehen aus verschiedenen Perspektiven betrachten.