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Ausgezeichnete Klassiker

Der 1545 geborene Giulio Caccini zählte zu den bekanntesten Komponisten seiner Zeit und war selbst ein vorzüglicher Sänger. Roberta Invernizzi interpretiert auf ihrer neuen CD Arien und Madrigalen Caccinis auf beeindruckende Weise. Ein weiterer Star der Alten Musik ist die französische Sopranistin Sandrine Piau. Sie erfüllte sich jetzt mit einer Aufnahme geistlicher Musik von Antonio Vivaldi einen Herzenswunsch. Beide CDs haben in diesem Jahr die MIDEM Classical Awards gewonnen.

Von Christiane Lehnigk |
    Heute möchte ich Ihnen zwei Aufnahmen vorstellen, die in den Sparten "Frühe Musik" und "Barock" bei den diesjährigen MIDEM Classical Awards als Gewinner hervorgingen.

    Das ist zum einen die beim Schweizer Label Divox erschienene Einspielung mit der Sopranistin Roberta Invernizzi und der Accademia Strumentale Italiana, die unter dem Titel ‚Dolcissimo sospiro' Arien und Madrigalen von Giulio Caccini gewidmet ist.

    Die zweite CD ist die 31.Veröffentlichung innerhalb der Vivaldi-Edition, die das französische Label naïve auf der Grundlage der Manuskriptsammlung in der Nationalbibliothek der Universität von Turin seit 2001 veröffentlicht. Dies ist die 5.Folge mit Geistlichen Werken von Antonio Vivaldi und enthält unter anderem die Motette "In furore" und den Psalm "Laudate Pueri", eine Aufnahme mit der französischen Sopranistin Sandrine Piau, dem Geiger Stefano Montanari und der Accademia Bizantina unter der Leitung von Ottavio Dantone.

    Die MIDEM ist die weltgrößte Musikmesse und widmet sich, im Gegensatz zu anderen Messen, ausschließlich "Klassischer Musik". Sie findet jeweils Ende Januar an der Côte d'Azur statt, in diesem Jahr nun zum 41.Mal. Vergeben wurden die Preise für insgesamt 15 Kategorien von einer internationalen Jury, die sich aus Mitgliedern renommierter Fachmagazine, Internetportale und Radio-Stationen zusammensetzt. Nominiert waren 630 Produktionen von 121 Labels aus 19 Ländern.

    Was die Alte Musik betrifft, da scheinen in diesem Jahr vor allem große weibliche Stimmen, die es inzwischen in diesem Genre gibt, geehrt worden zu sein.

    Bei der CD mit Arien und Madrigalen von Giulio Caccini, der zu den bekanntesten Komponisten seiner Zeit gehörte und selbst ein vorzüglicher Sänger war, handelt es sich um ein beeindruckendes Dokument der hochentwickelten Gesangskunst der Spätrenaissance.

    In seiner Sammlung "Le nuove musiche" experimentiert Caccini mit allen möglichen Ausdrucksformen des monodischen Stils, des expressiven rezitativischen Sologesangs und er legt dabei besondere Sorgfalt auf die Notierung der Verzierungen. Caccini beklagt im Vorwort die Übertreibungen vieler seiner Zeitgenossen, war es doch bis dahin den Sängern und Instrumentalisten erlaubt, jede Art von Musik nach eigenem Belieben mit freien Erfindungen anzureichern. Roberta Invernizzi beherrscht die Diminutionskunst dieser intimen Musik mit einer Intensität und umwerfenden Leichtigkeit zugleich, die ihresgleichen sucht. Angereichert werden die Lieder mit Instrumentalmusik von Caccini-Zeitgenossen wie Bassani, Merulo oder Luzzaschi gespielt von Mitgliedern der Accademia Strumentale Italiana: Alberto Rasi - Viola da gamba, Béatrice Pornon - Laute und Luca Guglielmi, Orgel und Cembalo. Bei dem Titel 'Vestiva i colli' von Giovanni Antonio Terzi ist der Lautenist Rolf Lislevand zu Gast.


    " Musikbeispiele: von Giulio Caccini (Con le luci/Dolcissimo sospiro)
    und Orazio Bassani (Toccata per la viola) "

    Dies war ein Ausschnitt aus der CD von Roberta Invernizzi und der Accademia Strumentale Italiana mit Arien und Madrigalen von Giulio Caccini sowie zeitgenössischen Instrumentalstücken.

    Wie Roberta Invernizzi ist auch die französische Sopranistin Sandrine Piau inzwischen ein Star in der Alten Musik-Szene. Für sie war, nach eigenen Aussagen, das Projekt mit geistlicher Musik von Antonio Vivaldi eine Herzensangelegenheit. Die Aufnahme ist ein Beispiel virtuoser barocker Gesangskunst und demonstriert einmal mehr, welch Könner Vivaldi auf dem Gebiet der Vokalmusik war. Er gehörte mit Alessandro Scarlatti zu einem der profiliertesten Opern-Komponisten seiner Zeit, was aber erst mit dem Wiederentdecken seiner dramatischen Werke in den letzten Jahren ans Licht der Öffentlichkeit rückte.

    Doch auch die geistliche Musik atmet Opernluft und gibt die Möglichkeit zur Darstellung aller barocken Affekte bis in die höchsten Lagen.


    " Musikbeispiel: Antonio Vivaldi, Motetto RV 626 "


    Sandrine Piau sang die Wut-Arie 'In furore iustissimae irae' aus der gleichnamigen Solo-Motette RyomVerzeichnis 626 von Antonio Vivaldi. Sie wurde begleitet von der Accademia Bizantina unter der Leitung von Ottavio Dantone.

    Diese Aufnahme, die den diesjährigen Midem Award in der Sparte ‚Barockmusik' bekam, ist eine weitere Veröffentlichung in dem Vivaldi-Projekt Paris-Turin, das die Manuskriptsammlung in der Nationalbibliothek der Universität von Turin zur Grundlage hat.

    Viele dieser insgesamt 450 Kompositionen sind unbekannt und seit dem 18.Jahrhundert nicht mehr aufgeführt worden. Sie der größeren Öffentlichkeit international bekannt zu machen, ist das erklärte Ziel der Wissenschaftler und Musiker, die an diesem Projekt beteiligt sind. Dazu gehört auch in jedem Jahr eine Opern-Neueinspielung, und die Aufnahme von "Griselda" mit dem Ensemble Mattheus und Christophe Spinosi erhielt bei der Midem in diesem Jahr den Preis in der Sparte "Oper".

    Die in Ravenna beheimatete Accademia Bizantina ist ein weltweit erfolgreiches Spezialensemble für Alte Musik, das seit 1996 von dem Organisten und Cembalisten Ottavio Dantone geleitet wird. Der Schwerpunkt der musikalischen Arbeit liegt vorwiegend auf dem italienischen Repertoire des 17. und 18.Jahrhunderts, in der Vivaldi-Edition haben sie schon 2005 die Oper ‚Tito Manlio' eingespielt. Konzertmeister und Solist bei der Accademia Bizantina ist seit 1995 der Geiger Stefano Montanari.

    Im Mittelpunkt der 5.Ausgabe mit Geistlichen Werken in der Vivaldi-Edition steht der Psalm Laudate Pueri für Sopran, Flöte, 2 Violinen, Viola und Basso continuo RyomVerzeichnis 601. Es ist ein Vesperspalm, ein hochvirtuoses "concertato" Werk, das eine überaus wandlungsfähige Stimme verlangt, mit einem Umfang bis drei Oktaven über dem dreigestrichenen d . Sandrine Piau ist hierfür die ideale Besetzung.


    " Musikbeispiel: Antonio Vivaldi, Laudate Pueri, RV 601 "


    Die Neue Platte im Deutschlandfunk. Wir stellten Ihnen heute zwei CDs vor, die bei der diesjährigen Musikmesse Midem die Gewinner in den Sparten "Frühe Musik" und "Barock" waren: Arien und Madrigale von Giulio Caccini mit Roberta Invernizzi und der Accademia Strumentale Italiana, erschienen bei Divox und Geistliche Werke von Antonio Vivaldi mit Sandrine Piau und der Accademia Bizantina unter der Leitung von Ottavia Dantone, veröffentlicht vom Label naive.


    Titel: Dolcissimo sospiro -
    Giulio Caccini: Arie & Madrigale
    Ausführende: Roberta Invernizzi, Sopran
    Accademia Strumentale Italiana
    Label: DIVOX Antiqua
    Bestell-Nr.: CDX-70202-6


    Titel: Vivaldi -
    In furore, Laudate pueri e concerti sacri
    Ausführende: Sandrine Piau, Sopran
    Accademia Bizantina
    Leitung: Ottavia Dantone
    Label: naive, LC 05718
    Bestell-Nr.: OP 30416