Samstag, 04. Mai 2024

Flugblatt-Affäre
Aiwanger bittet um Entschuldigung - und tritt nicht zurück

Der Vorsitzende der Freien Wähler, Aiwanger, hat erneut die Vorwürfe gegen ihn wegen eines antisemitischen Flugblatts zurückgewiesen. Er bereue zutiefst, wenn sein Verhalten Gefühle verletzt habe, sagte der stellvertretende bayerische Ministerpräsident in München. Unterdessen wächst der politische Druck auf ihn - auch von Seiten der CSU, dem Koalitionspartner der Freien Wähler in Bayern.

01.09.2023
    Der stellvertretende bayerische Ministerpräsident Hubert Aiwanger bittet auf einer Pressekonferenz um Entschuldigung und sieht sich als Opfer einer Kampagne.
    Der stellvertretende bayerische Ministerpräsident Hubert Aiwanger bittet auf einer Pressekonferenz um Entschuldigung und sieht sich als Opfer einer Kampagne. (picture alliance / dpa / Lennart Preiss)
    Aiwanger erklärte in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz, er distanziere sich von dem Pamphlet. Er habe auch nie - wie behauptet - den Hitlergruß gezeigt. Ob er in seiner Jugend menschenfeindliche Witze gemacht habe, könne er aus der Erinnerung weder vollständig dementieren noch bestätigen. Aiwanger sagte, er bitte um Entschuldigung, falls dies geschehen sei. Der FW-Vorsitzende sprach von einer politischen Kampagne gegen ihn. Auf Rücktrittsforderungen ging er nicht ein.
    Aiwanger hatte bereits am Wochenende dementiert, als 17-jähriger Schüler ein antisemitisches Flugblatt verfasst zu haben, das jedoch in seinem Schulranzen gefunden worden war. Bayerns Ministerpräsident Söder legte Aiwanger daraufhin einen Katalog mit 25 Fragen vor, die dieser "zeitnah" beantworten solle.

    Union erhöht Druck auf Aiwanger

    CDU-Chef Merz forderte eine umfassende und zügige Aufklärung. Er sprach von einer "höchst unappetitlichen Geschichte". Er hätte nicht für möglich gehalten, dass 17-jährige Schüler noch in den 1980er Jahren so etwas schrieben, sagte Merz den Zeitungen der Funke Mediengruppe. CSU-Landesgruppenchef Dobrindt warf Aiwanger vor, sich bisher "sehr, sehr schmallippig" zu den Berichten über seine Vergangenheit geäußert zu haben. Das sei in der aktuellen Situation sicher nicht angemessen, sagte Dobrindt dem Sender "Welt".
    Der FW-Vorsitzende hatte zuvor gesagt: "Es ist auf alle Fälle so, dass vielleicht in der Jugendzeit das eine oder andere so oder so interpretiert werden kann, was als 15-Jähriger hier mir vorgeworfen wird." Seit dem Erwachsenenalter sei er kein Antisemit und kein Extremist. Dobrindt nannte diesen Satz verstörend, da er Interpretationen zulasse.
    Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag, Wiese, verlangte Aiwangers sofortigen Rücktritt. Andernfalls werde das auch für Bayerns Ministerpräsident Söder zunehmend zum Problem werden, sagte Wiese der "Rheinischen Post".

    Ausschuss-Sondersitzung im Landtag

    Im bayerischen Landtag setzte die Opposition durch, dass am 7. September ein sogenannter Zwischenausschuss zusammenkommt. Das Gremium kann nach der letzten Plenarsitzung vor einer Landtagswahl dringliche Angelegenheiten behandeln. Nur ein Teil der Abgeordneten ist dort Mitglied - aktuell sind es 51.
    Die Partei des Wirtschaftsministers, der Landesverband der Freien Wähler in Bayern, stärkte demonstrativ ihrem Parteivorsitzenden den Rücken. In einer Erklärung hieß es: "Vorstände und Kabinettsmitglieder stehen geschlossen hinter Hubert Aiwanger". Die Rede ist von Diffamierungsversuchen und einer "Kampagne aus Schmutzeleien". Die Partei stellt klar, dass eine Fortsetzung der Koalition mit der CSU nur mit Hubert Aiwanger möglich sei.
    Diese Nachricht wurde am 31.08.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.