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Ausstellung
Bach in Berlin

Drei Mal war der Komponist Johann Sebastian Bach in Berlin. Was hat er da gemacht und wie ist er hingekommen? In Eisenach, wo die Postkutschen damals abfuhren, ist jetzt eine Ausstellung zu sehen, die von Bachs Berlin-Besuchen handelt.

Von Henry Bernhard |
    Johann Sebastian Bach oder wie Sebastian Krumbiegel ihn nennt, den "Meister". Als Thomaner hat er die Werke Bachs rauf und runter gesungen und hat die Texte bis heute im Kopf.
    Johann Sebastian Bach als Statue. (Deutschlandradio / Nicolas Hansen)
    Johann Sebastian Bach gehört nach Mitteldeutschland; nach Eisenach, wo er geboren ist, nach Ohrdruf, nach Arnstadt, nach Weimar, Köthen, Leipzig. Aber es hätte auch anders kommen können. Zum Beispiel, wenn eine seiner Reisen nach Berlin erfolgreich ausgegangen wäre - spekuliert Jörg Hansen, Direktor des Bachhauses in Eisenach.
    "Na ja, man hat ja schon den Besuch 1719 als verkappte Bewerbung Bachs nach Berlin bezeichnet. Er hat sich ja auch einmal in Halle beworben, und er hat sich ja auch einmal in Hamburg beworben. Also, es ist nicht so, dass Bach nicht seine Fühler in andere Richtungen ausgestreckt hätte."
    Drei Mal war Johann Sebastian Bach in Berlin, mindestens. Beim ersten Mal soll er für seinen Dienstherren in Köthen ein Cembalo kaufen. Die Ausstellung zeigt einen großen historischen Stadtplan mit den für Bach wichtigen Orten in der damals 60.000-Einwohner-Stadt Berlin: Darunter das Stadtschloss, in dem er für den Markgrafen Christian Ludwig von Brandenburg spielt, der so begeistert ist, dass er beim Abschied um die Übersendung "einiger Stücke" bittet. Zwei Jahre später schickt Bach ihm die "Brandenburgischen Konzerte".
    Jörg Hansen führt durch die kleine Ausstellung im Bachhaus Eisenach, nicht Bachs Geburtshaus, aber immerhin historisch und in der Nähe gelegen.
    "Das Titelblatt, das Widmungsblatt der Brandenburgischen Konzerte; der Markgraf von Brandenburg, hier im Original-Kupferstich."
    Geschichte, Form und Gestaltung der Brandenburgischen Konzerte erklärt ein recht charmanter Animationsfilm.
    Der Besucher kann Dinge anfassen
    Stimme aus dem Film: "In ihrer fantasievollen Individualität gehören die sechs Brandenburgischen Konzerte zu dem besten, was die musikalische Welt von 1721 zu bieten hat. Manche meinen daher, das Geschenk an den Markgrafen sei eine verkappte Bewerbung Bachs nach Berlin gewesen."
    Jörg Hansen: "Ein Cembalo-Modell, damit die Besucher auch lernen, wie das Ganze funktionierte. Ich kann vor allem hier koppeln, und der Ton wird dann verstärkt, und die Besucher können das dann lernen, was der Bach denn eigentlich in Berlin machte."
    Die Ausstellung setzt darauf, dass der Besucher Dinge anfassen kann. Und sei es der Anschlagmechanismus eines Cembalos, aufgeschnitten, zum Ausprobieren.
    "Das ist Museum der Zukunft, denke ich."
    Bach hat es gefallen in Berlin, drei seiner Söhne leben später hier, Schüler, Freunde aus Dresden. Als er zum zweiten Mal anreist, 1741, kommt er aus Leipzig und ist schon 18 Jahre lang Thomaskantor.
    "Ganz klar sah er, dass die Musik jetzt in Berlin spielte. Und er streckte auch wieder seine Fühler dahin aus."
    Bach musiziert mit dem Preußen-König
    Er besucht seinen Sohn, Carl Philipp Emanuel, und wohnt bei dessen Freund Georg Ernst Stahl. Für Stahl schreibt er die Hochzeitskantate, "O holder Tag, erwünschte Zeit".
    Noch mindestens ein weiteres Mal kommt Bach nach Berlin. 1747. Er musiziert mit dem Preußen-König. Friedrich der Große spielt Bach ein Thema vor und bittet ihn, eine dreistimmige Fuge darüber zu improvisieren. Daraus entsteht später das "Musikalische Opfer".
    Die Ausstellung zeigt originale Partituren und - ein wirklicher Clou - Partitur-Modelle, deren Noten der Besucher klappen, kurbeln, hochschrauben und drehen kann, um die Logik und den Witz der strengen und abstrakten Bach’schen Komposition zu verstehen.
    "Das ist auch ganz witzig gemacht von Bach. Er schreibt nämlich im Original eine ganz lange Zeile mit 28 Takten hin und sagt, "Canon á 4". Das heißt, aus dieser ganz langen Zeile müssen vier Stimmen werden. Und die Lösung ist, dass man die Zeile in vier Stücke á sieben Takte teilt und die dann übereinander schreibt. Und bei jedem Durchgang der sieben Takte, wenn eine Stimme ihre sieben Takte fertig gesungen oder gespielt hat, dann gibt sie ihren Teil an die nächste Stimme weiter. Und so wandern alle Stimmen im Kreise. Deswegen ist das ein Kanon zum Kurbeln. Wir können hier kurbeln und dann wechseln die Stimmen. Und wenn man dann genau rechtzeitig umdreht, dann erklingt das Ganze lückenlos und man sieht auch, wie das königliche Thema dann immer von einer Stimme in die andere wandert."