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Ausweis mit neuen Funktionen

Der elektronische Personalausweis soll Geschäfte und staatliche Dienstleistungen im Netz einfacher und bequemer machen. Doch das digital aufgerüstete Dokument kommt nur langsam in Fahrt - für Herbst ist ein Pilotversuch geplant, und 2009 sollen die ersten Dokumente unters Volk gebracht werden.

Von Philip Banse |
    Der elektronische Personalausweis wird groß sein wie eine Scheckkarte. Auf einem kontaktlos auslesbaren Funk-Chip sollen, nach dem Gesetzentwurf des Innenministeriums, die gleichen biometrischen Merkmale gespeichert werden wie im neuesten Reisepass: ein digitales Gesichtsbild und Fingerabdrücke. Nach der hitzigen Diskussion um den biometrisch aufgerüsteten Pass betonte Martin Schallbruch, IT-Direktor im Bundesinnenministerium, dass der neue Personalausweis nicht nur der staatlichen Kontrolle diene:

    "Der Personalausweis hat auch einen Service-Zweck, hat auch einen Datenschutzzweck und ist insofern ein Projekt, was viele Vorteile für die Bürger bringt."

    Diese versprochenen Vorteile für die Bürger sollen ebenfalls verschlüsselt auf dem Funkchip abgelegt werden: wichtig ist vor allem die Zertifikatsdatei. Mit ihr sollen sich Surfer im Internet eindeutig identifizieren können. Staatliche Stellen und Onlinehändler wüssten genau, mit wem sie es zu tun haben, ohne dass der Nutzer erst zur Post laufen, seinen Ausweis vorlegen und dann ein unterschriebenen Brief schicken muss. Aber auch Internetnutzer wüssten besser, wem sie ihre Daten anvertrauen, sagt Jan Möller, Projektleiter "Elektronischer Personalausweis" im Bundesinnenministerium:

    "Die Idee ist, dass ein Dienstanbieter online personenbezogene Daten verifiziert aus dem elektronischen Personalausweis anfragen kann, dazu eine Anfrageberechtigung, ein Zugriffszertifikat vorlegt, das genau enthält, welche Daten denn angefragt werden, was auch enthält, wer dort anfragt. Man hat also eine gegenseitige Authentisierung. Dann kann der Bürger durch Eingabe einer PIN die Daten frei geben oder auch nicht, je nach dem, was er möchte."

    Kommerzielle Online-Angebote und Dienste des Staates könnten wesentlich einfacher und sicherer genutzt werden, so Möller. Internet-Videotheken könnten leicht das Alter ihrer Nutzer überprüfen, Stadtbibliotheken bei Online-Anmeldungen den genaue Wohnort ihrer Kunden. Wer sich im Netz jedoch nicht nur ausweisen möchte, sondern auch ein Dokument unterschreiben will, muss draufzahlen und wahrscheinlich technisches Know-how mitbringen. Eine elektronische Signatur nämlich, eine Datei also, mit der sich digitale Dokumente gerichtsfest unterschreiben lassen, eine solche Signatur muss der Bürger selbst auf seinen Ausweis laden und extra bezahlen. Denn nur rund 30 von knapp 500 Online-Diensten des Staates verlangten eine Unterschrift, sagt Martin Schallbruch, der IT-Chef des Innenministeriums.

    "Und es gibt auch Vertreter der Wirtschaft – ich glaube eBay ist auch so einer – die sagen: Ich würde auch gar nicht die qualifizierte elektronische Signatur einsetzen, weil dann komme ich von den mündlich geschlossenen Verträgen zu den schriftlich geschlossenen Verträgen kommen, das birgt wieder neue Risiken und so weiter und so fort."

    Zentral sei die Möglichkeit, sich im Netz zuverlässig auszuweisen. eBay zum Beispiel muss bisher viel Aufwand betreiben, um seine Nutzer bei der ersten Anmeldung zu identifizieren. Dennoch sieht Wolf Osthaus aus der Geschäftsführung von eBay den elektronischen Personalausweis skeptisch:

    "Ich gestehe ein, dass ich auf längere Sicht nicht sehe, dass die Registrierung per elektronischem Personalausweis zu einer Pflicht auf dem eBay-Marktplatz wird. Das hat praktische Gründe, weil wir eine Durchdringung im Markt frühestens 2020 zu erwarten haben. Es ist aber auch die Frage: Brauchen wir das tatsächlich."

    Für viele Verbraucher könnte der elektronische Personalausweis durchaus Vorteile haben, sagt Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar. Wenn Banken, Online-Händler und Wett-Anbieter den neuen Ausweis verlangen, sei das ein besserer Schutz gegen den Missbrauch persönlicher Daten. Datenschützer Schaar kritisiert aber, dass auf dem Personalausweis Fingerabdrücke gespeichert werden sollen. Das sei nicht zu rechtfertigen. Die biometrischen Daten sollen nur staatliche Stellen auslesen dürfen, sagt das Innenministerium. Doch auch Udo Helmbrecht, Chef des Bundesamtes für die Sicherheit in der Informationstechnik, weiß nicht, wie verhindert werden soll, dass eBay die Fingerabdrücke vom Ausweis abruft:

    "Das kann ich Ihnen jetzt nicht sagen. Wir stehen am Anfang. Wir haben Diskussionen darüber, welche Daten sollen überhaupt ausgelesen werden. Ich brauche nicht bei jedem Bestellvorgang die Adresse. ich brauche nicht überall das Alter, ich brauche nicht überall die Augenfarbe. Genauso gibt es Dinge, wo wir uns anonym bewegen wollen."

    Diese offenen Fragen sollen in den nächsten Monaten in öffentlichen Veranstaltungen mit Technikern, Daten- und Verbraucherschützern diskutiert werden.