Sommerpause? Für Verkehrsminister Alexander Dobrindt ist das ein Fremdwort – zumindest in diesem Jahr. In den kommenden Wochen soll ein Gesetzentwurf zum Straßenverkehrsgesetz in die Ressortabstimmung gehen. Das heißt, mit den anderen Ministerien abgestimmt werden, die das Thema automatisiertes Fahren ebenfalls betrifft.
Mit dem Justizministerium zum Beispiel. Denn wenn ein Fahrer zukünftig nicht mehr die gesamte Zeit seine Aufmerksamkeit dem Verkehr widmen muss, dann wirft das natürlich rechtliche Fragen auf. So muss das automatische System mit voller Kontrolle über ein Fahrzeug dem menschlichen Fahrer rechtlich gleichgestellt werden, damit dem Fahrer kein zusätzliches Haftungsrisiko entsteht. Ein wichtiges Thema auch für die Versicherungsbranche, sagt Bernhard Gause, Mitglied der Geschäftsführung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft:
"Natürlich wird dann, wenn der Fehler im Auto lag, zu prüfen sein, ob nicht der Hersteller im Wege der Produkthaftung in Anspruch genommen werden kann durch den Versicherer. Und hier werden eventuell neue Regeln zu entwickeln sein."
Der Fahrer muss wahrnehmungsbereit bleiben
Noch allerdings wird der Gesetzentwurf intern im Verkehrsministerium abgestimmt – wie ein Sprecher Dobrindts dem Deutschlandradio Hauptstadtstudio bestätigte.
Zukünftig dürfen, so steht es im Entwurf, aus dem das Handelsblatt zitiert, Fahrzeuge betrieben werden, die für eine bestimmte Zeit und in bestimmten Situationen die Kontrolle übernehmen, während sich - Zitat - der Fahrzeugführer während der Fahrzeugführung mittels automatisierter Fahrfunktion vom Verkehrsgeschehen und der Fahrzeugsteuerung abwenden darf.
Allerdings muss er wahrnehmungsbereit bleiben und weiter an Lenkrad und Bremspedal sitzen, damit er im Notfall wieder vom System übernehmen kann. Endlich ungestört im Auto SMS schreiben oder lesen – in Zukunft und mit entsprechender Technik: kein Problem. Schlafen aber dürfte der Fahrer nicht.
Bei Unfällen soll eine Blackbox bei der Ursachenforschung helfen
Was dieses – wie es im Gesetzentwurf heißt – "Mindestmaß an Aufmerksamkeit" bedeutet, also zum Beispiel nach wie vielen Sekunden ein Fahrer reagiert haben muss, das müssen im Streitfall Gerichte klären, heißt es laut Handelsblatt in der Begründung des Entwurfs.
Kommt es zu einem Unfall, sollen Daten aus einer Blackbox – wie sie auch Flugzeuge haben – helfen, die Ursache zu klären. Bei diesem Thema wird die Grüne-Bundestagsabgeordnete Valerie Wilms hellhörig. Damit schaffe der Verkehrsminister indirekt ein Überwachungssystem für den Individualverkehr:
"Und das sollte er sich reiflich überlegen, ob wir dann den komplett gläsernen Fahrer schaffen. Da sind noch Datenschutzfragen zu klären, die sind nicht ganz klein."
Das Verkehrsministerium hat darüber hinaus eine Ethikkommission unter Vorsitz des früheren Verfassungsrichters Udo di Fabio eingesetzt. Verkehrsminister Dobrindt hatte erklärt, zwei Grundsätze sollten dabei klar sein: Sachschaden gehe immer vor Personenschaden. Außerdem dürfe es keine Klassifizierung von Personen geben, etwa nach Größe oder Alter.