Wenn CDU-Regierungschef Volker Bouffier die hessische Polizei lobt, tobt in Wiesbaden der Landtag - die Opposition aus SPD, Grünen und Linken allerdings nicht vor Begeisterung:
"Ich war elfeinhalb Jahre Innenminister, längste Amtszeit in dieser Republik."
Zwischenruf:
"Das holt Sie jetzt auch ein.- Bouffier."
"Das holt mich ein, jawoll, und deshalb sage ich Ihnen: Ich werde nicht zulassen, dass die hessische Polizei, die hervorragende Arbeit leistet und die unter meiner Amtszeit von ganz hinten für Hessen auf die höchsten Prozentzahlen der Aufklärungsquote gekommen ist - das sind Erfolge, die sind nachweisbar und die lassen wir uns nicht abreden, meine Damen und Herren."
Beifall und Zwischenrufe
Erfolge? Die Zeitungsschlagzeilen lauten derzeit so:
Zitat:
"Krise der Polizeiführung Hessen - ein Netz von Intrigen. Rauswurf eines unbeliebten Polizeichefs - Abkehr vom System Bouffier - zwei Vertraute des Regierungschefs geschasst."
Was dahinter steckt: Als eine seiner ersten Amtshandlungen setzte sein junger Nachfolger, Innenminister Boris Rhein, den umstrittenen Frankfurter Polizeichef Norbert Nedela vor die Tür, den Bouffier einst ins Amt gehievt hatte. 'Differenzen in Fragen der Polizeiführung', so die dürre Begründung. Warum der neue Minister Nedela für untragbar hielt, erklärte Boris Rhein offenbarte er nur indirekt - in seinen Visionen über die zukünftige Führungskultur. Norbert Nedela:
"Was wir brauchen, sind positive, kommunikative und kommunikationsstarke Führungskräfte. Ich will, dass in der hessischen Polizei jeder weiß, warum was wie erfolgen soll. Transparenz soll in den Vordergrund, es soll nichts im Verborgenen geschehen, es muss jeder nachvollziehen können, warum Entscheidungen zum Beispiel auch in personeller Hinsicht getroffen werden."
Im Umkehrschluss könnte das heißen: bislang - also in der Ära Bouffier - agierten Führungskräfte in der Polizei eher autoritär als kommunikationsstark. Konfrontation statt Verständigung war an der Tagesordnung, Personalentscheidungen waren oft nicht nachzuvollziehen. So ähnlich kritisiert es Jörg Bruchmüller, Chef der Gewerkschaft der Polizei in Hessen, schon seit Jahren. Ende 2007 sprach er von 'Führungskult' und davon, dass viele Polizisten sich bei Gewerkschaft und Personalräten über Arbeitsdruck, Vertrauensbruch und fröstelndem Betriebsklima beklagten:
"Eine Führungskultur, die sehr dirigistisch ist, die nicht transparent ist, die natürlich auch von nachgeordneten Führungskräften entsprechend eine Erwartungshaltung verlangt, dieses System hat sich in den letzten Jahren - ich sage das Mal ein bisschen flapsig - durchgemendelt."
Als Innenminister hatte Volker Bouffier die Kritik jahrelang geflissentlich ignoriert. Doch derzeit offenbart der laufende Schadensersatzprozess eines Frankfurter Personalfahnders Defizite bei der Polizeiführung bis ins peinlichste Detail. Der klagende Polizist Jochen Zahn verlangt vom Land 30.000 Euro, weil er kriminalisiert und jahrelang vom Dienst suspendiert worden sei – zu Unrecht. Sein Anwalt Harald Nolte:
"Ein sogenannter Belastungsordner wurde zusammengestellt, von Beamten seiner eigenen Dienststelle. Da wurde Belastungsmaterial zusammengetragen und so was nennt man Bespitzelung."
Gepaart mit Mobbing, meint Nolte. Treibende Kraft beim Vorverurteilen, so erinnern sich befragte Polizisten als Zeugen vor Gericht übereinstimmend, sei die damalige Vizepräsidentin der Frankfurter Polizei gewesen. Sabine Thurau soll zum Spitzeln auch ermuntert haben. Sie selbst erinnert sich nur lückenhaft, bestreitet aber alle Vorwürfe. Volker Bouffier hatte sie zwischenzeitlich zur Präsidentin des Landeskriminalamtes befördert. Sein Nachfolger wiederum hat sie auf ihren Wunsch hin von dieser Funktion vorläufig entbunden und ins Innenministerium versetzt. Der Grund: Gegen die Karrierebeamtin ermittelt die Staatsanwaltschaft. Wegen uneidlicher Falschaussage und Verfolgung Unschuldiger - sie soll weitere Disziplinarverfahren unrechtmäßig forciert und Druck auf polizeiliche Ermittler ausgeübt haben. Norbert Nedela und Sabine Thurau - Einzelfälle, der eine rausgeworfen, die andere beurlaubt - für Volker Bouffier ist der Fall damit erledigt. Nancy Faser, Polizei-Expertin der SPD-Fraktion, widerspricht:
"Man kann nicht mehr von Einzelfällen sprechen, wenn man wochen- und monatelang hier die Fälle in der Polizei hervorkommen und immer wieder deutlich wird, dass viele der Bediensteten rausgemobbt wurden aus ihrem Amt oder beschuldigt wurden, sofort suspendiert wurden, obwohl da eigentlich rechtliche Bedenken bestehen an der sofortigen Suspendierung, dann kann man nicht von Einzelfällen sprechen, dann muss man einfach sagen, da gab es ein System dahinter und dieses System hat der ehemalige Innenminister und heutige Ministerpräsident Bouffier mittels seines damaligen Polizeipräsidenten umgesetzt und eingeführt, es war offensichtlich so, dass man wollte, Dass die Beamten das tun was man will und auf keine Fall Kritik äußern."
Die Polizei-Expertin der SPD-Fraktion spricht von einem "System Druck und Angst". Tarek Al Wazir, Chef der hessischen Grünen wird deutlicher: Er nennt es das "System Bouffier."
"Man hat die Polizeidirektionen aus den Landkreisen herausgelöst, hat aus der Landespolizei-Abteilung ein Landespolizeipräsidium gemacht mit zwei Präsidenten und einem Inspekteur und alles das, was es vorher nie gegeben hat, man hat dann auch gleich noch die Dienstrangabzeichen eingeführt, damit auch jeder weiß, wer vor wem zu buckeln hat. Das Ergebnis sehen wir jetzt."
Eine Polizeiaffäre, so meint jedenfalls die Opposition, die ihren Höhepunkt längst noch nicht erreicht hat. Was heißt das für Bouffier?
"Ich war elfeinhalb Jahre Innenminister, längste Amtszeit in dieser Republik."
Zwischenruf:
"Das holt Sie jetzt auch ein.- Bouffier."
"Das holt mich ein, jawoll, und deshalb sage ich Ihnen: Ich werde nicht zulassen, dass die hessische Polizei, die hervorragende Arbeit leistet und die unter meiner Amtszeit von ganz hinten für Hessen auf die höchsten Prozentzahlen der Aufklärungsquote gekommen ist - das sind Erfolge, die sind nachweisbar und die lassen wir uns nicht abreden, meine Damen und Herren."
Beifall und Zwischenrufe
Erfolge? Die Zeitungsschlagzeilen lauten derzeit so:
Zitat:
"Krise der Polizeiführung Hessen - ein Netz von Intrigen. Rauswurf eines unbeliebten Polizeichefs - Abkehr vom System Bouffier - zwei Vertraute des Regierungschefs geschasst."
Was dahinter steckt: Als eine seiner ersten Amtshandlungen setzte sein junger Nachfolger, Innenminister Boris Rhein, den umstrittenen Frankfurter Polizeichef Norbert Nedela vor die Tür, den Bouffier einst ins Amt gehievt hatte. 'Differenzen in Fragen der Polizeiführung', so die dürre Begründung. Warum der neue Minister Nedela für untragbar hielt, erklärte Boris Rhein offenbarte er nur indirekt - in seinen Visionen über die zukünftige Führungskultur. Norbert Nedela:
"Was wir brauchen, sind positive, kommunikative und kommunikationsstarke Führungskräfte. Ich will, dass in der hessischen Polizei jeder weiß, warum was wie erfolgen soll. Transparenz soll in den Vordergrund, es soll nichts im Verborgenen geschehen, es muss jeder nachvollziehen können, warum Entscheidungen zum Beispiel auch in personeller Hinsicht getroffen werden."
Im Umkehrschluss könnte das heißen: bislang - also in der Ära Bouffier - agierten Führungskräfte in der Polizei eher autoritär als kommunikationsstark. Konfrontation statt Verständigung war an der Tagesordnung, Personalentscheidungen waren oft nicht nachzuvollziehen. So ähnlich kritisiert es Jörg Bruchmüller, Chef der Gewerkschaft der Polizei in Hessen, schon seit Jahren. Ende 2007 sprach er von 'Führungskult' und davon, dass viele Polizisten sich bei Gewerkschaft und Personalräten über Arbeitsdruck, Vertrauensbruch und fröstelndem Betriebsklima beklagten:
"Eine Führungskultur, die sehr dirigistisch ist, die nicht transparent ist, die natürlich auch von nachgeordneten Führungskräften entsprechend eine Erwartungshaltung verlangt, dieses System hat sich in den letzten Jahren - ich sage das Mal ein bisschen flapsig - durchgemendelt."
Als Innenminister hatte Volker Bouffier die Kritik jahrelang geflissentlich ignoriert. Doch derzeit offenbart der laufende Schadensersatzprozess eines Frankfurter Personalfahnders Defizite bei der Polizeiführung bis ins peinlichste Detail. Der klagende Polizist Jochen Zahn verlangt vom Land 30.000 Euro, weil er kriminalisiert und jahrelang vom Dienst suspendiert worden sei – zu Unrecht. Sein Anwalt Harald Nolte:
"Ein sogenannter Belastungsordner wurde zusammengestellt, von Beamten seiner eigenen Dienststelle. Da wurde Belastungsmaterial zusammengetragen und so was nennt man Bespitzelung."
Gepaart mit Mobbing, meint Nolte. Treibende Kraft beim Vorverurteilen, so erinnern sich befragte Polizisten als Zeugen vor Gericht übereinstimmend, sei die damalige Vizepräsidentin der Frankfurter Polizei gewesen. Sabine Thurau soll zum Spitzeln auch ermuntert haben. Sie selbst erinnert sich nur lückenhaft, bestreitet aber alle Vorwürfe. Volker Bouffier hatte sie zwischenzeitlich zur Präsidentin des Landeskriminalamtes befördert. Sein Nachfolger wiederum hat sie auf ihren Wunsch hin von dieser Funktion vorläufig entbunden und ins Innenministerium versetzt. Der Grund: Gegen die Karrierebeamtin ermittelt die Staatsanwaltschaft. Wegen uneidlicher Falschaussage und Verfolgung Unschuldiger - sie soll weitere Disziplinarverfahren unrechtmäßig forciert und Druck auf polizeiliche Ermittler ausgeübt haben. Norbert Nedela und Sabine Thurau - Einzelfälle, der eine rausgeworfen, die andere beurlaubt - für Volker Bouffier ist der Fall damit erledigt. Nancy Faser, Polizei-Expertin der SPD-Fraktion, widerspricht:
"Man kann nicht mehr von Einzelfällen sprechen, wenn man wochen- und monatelang hier die Fälle in der Polizei hervorkommen und immer wieder deutlich wird, dass viele der Bediensteten rausgemobbt wurden aus ihrem Amt oder beschuldigt wurden, sofort suspendiert wurden, obwohl da eigentlich rechtliche Bedenken bestehen an der sofortigen Suspendierung, dann kann man nicht von Einzelfällen sprechen, dann muss man einfach sagen, da gab es ein System dahinter und dieses System hat der ehemalige Innenminister und heutige Ministerpräsident Bouffier mittels seines damaligen Polizeipräsidenten umgesetzt und eingeführt, es war offensichtlich so, dass man wollte, Dass die Beamten das tun was man will und auf keine Fall Kritik äußern."
Die Polizei-Expertin der SPD-Fraktion spricht von einem "System Druck und Angst". Tarek Al Wazir, Chef der hessischen Grünen wird deutlicher: Er nennt es das "System Bouffier."
"Man hat die Polizeidirektionen aus den Landkreisen herausgelöst, hat aus der Landespolizei-Abteilung ein Landespolizeipräsidium gemacht mit zwei Präsidenten und einem Inspekteur und alles das, was es vorher nie gegeben hat, man hat dann auch gleich noch die Dienstrangabzeichen eingeführt, damit auch jeder weiß, wer vor wem zu buckeln hat. Das Ergebnis sehen wir jetzt."
Eine Polizeiaffäre, so meint jedenfalls die Opposition, die ihren Höhepunkt längst noch nicht erreicht hat. Was heißt das für Bouffier?