Zunächst muss der Betreffende eine Behinderung haben. Er muss aus gesundheitlichen Gründen gehindert sein, seinen alten Beruf auszuüben bzw. wettbewerbsfähig auszuüben; und er muss für die Notwendigkeit einer Rehabilitation unbedingt der besonderen Hilfen bedürfen, die ein Berufsförderungswerk vorhält. Und diese besonderen Hilfen sind die Unterstützung in einem Rehabilitationsteam, das neben den Ausbildern aus Ärzten, Psychologen und Sozialarbeitern besteht. Man muss sich ja vorstellen, dass bei den Betroffenen in ihrem Leben doch eine ganz wesentliche Zäsur vorgelegen hat, die nicht so ohne weiteres zu verkraften ist.
Auch Erwin Schöler hat eine Umschulung in Michaelshoven gemacht. Er kann sich noch genau erinnern an den Unfall, der seinen Lebensweg .
Das war am 16.2.1996. Das werde ich natürlich nicht vergessen! Das war die letzte Baustelle, die wir hatten. Und da bin ich in einen Schacht rückwärts runtergefallen, also zirka fünf Meter zwischen Rohre, und wach geworden bin ich dann erst im Krankenhaus. Da fing die Odyssee an. Die haben mir gleich gesagt: da bleibt etwas zurück mit dem Fuß. Und die nächsten vier Jahre waren jedes Jahr zwei Operationen, ich bin fast drei Jahre nur an Gehhilfen gegangen, so dass ich nach vier Jahren wieder soweit war, dass ich stundenweise arbeiten konnte. Also das war schon extrem, die vier Jahre.
An eine Rückkehr in den alten Beruf als Schmelzschweißer auf Baustellen war nicht mehr zu denken, da der komplizierte Knochenbruch am Fuß zu einer Gehbehinderung führte. Zwar konnte Erwin Schöler in seiner alten Firma eine zeitlang als Pförtner arbeiten; diese Stelle wurde jedoch gestrichen. Über die Berufsgenossenschaft kam er dann zum Berufsförderungswerk nach Michaelshoven.
Der Anfang war die Berufsfindung. Das waren zwei Wochen. Ich war dann im Internat Eins untergebracht, die zwei Wochen. Die Berufsfindung, das war eine ärztliche Untersuchung, eine Prüfung in Rechtschreibung, Mathematik, Intelligenztest war dabei. Das waren die ersten Tage, die ersten Gespräche, welchen Wunsch hat man. Man ist erst mal gefragt worden, in welche Richtung will man gehen, was stellt man sich vor. Es sind bestimmte Arbeitsplätze eingerichtet, in meinem Fall die kaufmännischen, das sind dann die PCs. Da bekommt man Aufgaben, eine Route von Lkws berechnen, dass er den kürzesten Weg fährt, Excel-Tabellen erstellen, in Word sind Aufgaben dabei. Wenn man Berufsanfänger ist, dann sieht man ja, ist das der richtige Weg oder nicht.
Für Erwin Schöler wäre auch noch technischer Zeichner in Frage gekommen. Er aber entschied sich für Bürokaufmann, auch weil wegen seines Fußes eine sitzende Tätigkeit am besten ist. Es war eine gute Wahl, wie sich später heraus stellte. Erwin Schöler fand gleich nach seiner Rehabilitation eine freie Stelle in Michaelshoven. Gegen mehrere hundert Bewerber setzte er sich durch und arbeitet heute im zentralen Einkauf.
Den richtigen Beruf für die Rehabilitanten zu finden, ist natürlich eine der wichtigsten Aufgaben der Berufsförderungswerke. Die Neigung zu einer bestimmten Ausbildung muss mit den Fähigkeiten des Bewerbers übereinstimmen, damit später auch Chancen bestehen, dass er auf dem Arbeitsmarkt eine neue Anstellung findet. Auch Fred Apel durchlief die Berufsfindung im Berufsförderungswerk in Leipzig. Heute wird er umgeschult auf den Beruf des Druckers.
Ich muss ganz ehrlich sagen: Im Vorfeld war für mich nicht klar, dass ich Drucker werde. Ich wusste nicht, was mich erwartet, ich wusste nicht, was für Berufe hier ausgeübt werden, und ich wusste demzufolge nicht, was ich im späteren Berufsleben machen werde. Also bin ich hierher, völlig unbedarft und habe die 14 Tage Berufsfindung und Arbeitserprobung gemacht, und da sind mir die einzelnen Berufe überhaupt vorgestellt worden, näher gebracht worden, und da war für mich eigentlich klar, dass ich was Handwerkliches machen wollte. Und da war dieser Drucker nahe liegend. Ich könnte aber nicht sagen, dass ich darauf schon hingearbeitet habe.
Das geht vielen Umschülern so. Meist erlernen sie Berufe, an die sie früher gar nicht gedacht haben. Und für manche Rehabilitanten ist das Berufsförderungswerk auch die Chance, in einen neuen Beruf einzusteigen, der ihnen mehr Zufriedenheit gibt als ihr alter Beruf.
Doch der Weg zum Berufsförderungswerk ist nicht immer geradlinig vorgezeichnet. Denn die Berufsförderungswerke sind in der Öffentlichkeit nicht sehr bekannt. Die Rehabilitanten kommen meist auf Umwegen dorthin, , wie auch Fred Apel.
Ich bin natürliche als erstes auf dem Arbeitsamt gewesen, hatte dann, als ich arbeitslos war, ein Gespräch mit dem Arbeitsamt, beim Arbeitsvermittler, der versucht hat, mich wieder in meinem alten Beruf aufm Bau zu vermitteln, und ich ihm klipp und klar gesagt habe, dass ich da keine Chance sehe, weil die Abstände, in denen ich krank machen musste, immer kürzer wurden und ich die Belastung gesundheitlich einfach nicht mehr verkrafte. Und da hat er gesagt: Herr Apel für das Renteneintrittsalter sind sie einfach zu jung. Da habe ich gesagt: Ich will keine Rente, ich will arbeiten. Und dann hat er mich gefragt, ob ich an einer Umschulung interessiert wäre.
Damit war der Weg zum Berufsförderungszentrum in Leipzig vorgezeichnet, das gleich nach der Wende errichtet wurde und 1991 mit den ersten Kursen begann. Behinderte damals die schlechte Infrastruktur die Arbeit, sind es heute Sparmaßnahmen.
Damals musste man noch mit vielen Schwierigkeiten zurechtkommen. Nicht alle Telefonleitungen waren gelegt, und der Neubau war noch nicht errichtet. Heute sind die Probleme anderer Art, wie der Geschäftsbericht von 2003 ausweist. Für die Rehabilitationsmaßnahmen ist nicht mehr soviel Geld vorhanden.
So ist die Belegung um etwas mehr als 30 Prozent von 2002 auf 2003 zurückgegangen. Das führt natürlich dazu, dass weniger Menschen mit Behinderungen umgeschult werden können. Ohne Umschulung aber haben sie kaum eine Chance auf dem Arbeitsmarkt. Dabei zeigt sich, dass Rehabilitanten gute Aussichten haben, vermittelt zu werden. Alois Fischer, Geschäftsführer des Berufsförderungswerkes in Leipzig:
Wir sind in sehr, sehr intensiven Kontakt mit der Wirtschaft, mit Unternehmen. Denn berufliche Rehabilitation kann nicht Selbstzweck als solcher sein. Zweck der beruflichen Rehabilitation ist die dauerhafte Integration auf dem ersten Arbeitsmarkt. Neben vielen Kontakten, dass wir Unternehmen zu uns ins Haus einladen, Veranstaltungen machen, raus gehen, Unternehmen über unsere Arbeit, über unsere Rehabilitanten informieren, sind wir Mitglied in den unterschiedlichsten berufständischen Organisationen, um unmittelbar vor Ort für unser Haus Werbung zu machen und unser Haus verkaufen zu können.
Darüber hinaus werden schon während der Ausbildung durch ein Praktikum Kontakte zu den Unternehmen geknüpft. Ferner hat das Berufsförderungswerk eine eigene Integrationsstelle, die versucht, die Absolventen in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. In Ostdeutschland ist das schwierig, da dort immer noch kein so dichtes Unternehmensnetzwerk besteht wie im Westen. Dann versuchen manche Rehabilitanten, sich selbstständig zu machen und schaffen sogar selbst neue Arbeitsplätze, wie Carola Hiller.
Es war schwer mit Anfang dreißig noch mal einen komplett neuen Weg einzuschlagen und es nicht zu wissen, ob es der richtige ist. Sie werden es in den seltensten Fällen erleben, dass einer mit einer vorgefertigten Meinung zum Arbeitsamt oder zum Reha-Berater kommt und weiß, was er will. Der Beruf des Mediengestalters ist auch noch so jung, dass man wenig auf Erfahrung zurückgreifen kann. Aber mit dem Reha-Berater zusammen haben wir versucht, meine Talente, Neigungen und Fähigkeiten herauszukristallisieren, Computer war meine Sache, das habe ich auch gemocht und mit dieser Richtung auch geliebäugelt. Und dann hat eigentlich der Reha-Berater diesen Beruf ins Spiel gebracht, und ich habe mich dann damit auseinandergesetzt und den Möglichkeiten entsprechend informiert und habe dann gesagt: O. k., ich riskiere das und versuche das.
Insgesamt drei feste Angestellte hat die Firma ABISZET und einen freiberuflichen Mitarbeiter. Derzeit macht die Firma mit Werbefolien zum Beispiel für Plakatwände oder Lastwagen den meisten Umsatz. Carola Hiller hat sich rasch etabliert. Seit einem Jahr ist sie selbstständig und erstellt neben den Werbefolien auch Broschüren und andere gedruckte Medien für Unternehmen. Ihr Ziel ist es, ein Kapitalpolster aufzubauen, um die Firma weiter zu festigen. Sie sieht ihre Zukunft positiv, auch wenn der Absatzmarkt in Ostdeutschland schwieriger ist als im Westen.
Innerhalb eines Jahres hat sie ihre kleine Betriebsorganisation so gut eingerichtet, dass sie nicht mehr jeden Tag in der Firma anwesend sein muss und sich auch mit zusätzlichen Aufgaben beschäftigen kann. So ist sie bei den Wirtschaftsjuroren der Industrie- und Handelskammer engagiert, wo sie mit einem anderen Unternehmer aus Dessau ins Gespräch kam. Daraus entwickelte sich die Gründung einer kleinen Aktiengesellschaft.
Die AG wurde gegründet aufgrund der Nachfrage im Marketing und Consulting-Bereich. – Man kann nicht mehr alles alleine abdecken als Werbeagentur. Und wir haben die Idee zusammen ausgesponnen und haben uns entschlossen, den Schritt zu wagen und Fuß zu fassen, um größere Aufträge abarbeiten zu können. In den Betrieben ist es oftmals gefragt, dass ein Komplettangebot gesucht wird oder dass man eine umfassende Beratung erhält, vom Unternehmensberater, Mitarbeitercoaching, und auch Werbung und Design, Marketing.
Dass Berufsförderungswerke mehr als nur Integration in vorhandene Arbeitsplätze leisten können, zeigt das Beispiel von Carola Hiller. Drei Absolventen machen sich im Durchschnitt pro Jahr selbstständig. In einer Region, in der Arbeitsplätze rar sind, belegt der Erfolg der Firma ABISZET, dass Chancen auch in Ostdeutschland existieren - , man muss sie nur entdecken. Voraussetzung ist aber, dass die Menschen eine gute Ausbildung bekommen, die sich an den Erfordernissen des Marktes orientiert. Ohne die Ausbildung des Berufsförderungszentrums wäre der Erfolg von Carola Hiller nicht möglich gewesen.
Nicht immer verläuft die Eingliederung von Absolventen ohne Probleme. Die Zurückhaltung der ostdeutschen Unternehmer aufgrund der schwierigen Wirtschaftslage macht eine Vermittlung auch für das Berufsförderungswerk nicht einfach, zumal auch in Ostdeutschland die Anforderungen steigen. Darüber hinaus gibt es die alten Vorurteile, mit denen die Einrichtungen zu kämpfen haben.
Die Förderwerke werden oft mit Schwerbehinderteneinrichtungen gleich gesetzt. Die meisten Rehabilitanten haben jedoch nur so genannte Teilleistungsschwächen, können keine schweren Lasten heben oder haben durch einen Unfall ein Handicap, wodurch sie für viele Berufe dennoch in Frage kommen. Ein zweiter Grund ist, dass die Berufsförderungswerke oft in einen Topf geworfen werden mit Umschulungseinrichtungen, die sehr unterschiedlich ausgebildete Absolventen in den Arbeitsmarkt entlassen.
Viele Unternehmer haben schlechte Erfahrungen mit Umschülern gemacht, was sich hin und wieder negativ auf das Ansehen der Berufsförderungswerke auswirkt. Haben Unternehmer jedoch Rehabilitanten eingestellt, ändert sich dieses Vorurteil, sagt Alois Fischer, Geschäftsführer des Berufsförderungswerkes in Leipzig:
Sehr oft ist es so, dass wir nicht nur einen Rehabilitanten im Unternehmen unterbringen, sondern schon mehrere Rehabilitanten haben. Wunschziel ist es, dass uns die Arbeitgeber schon mal signalisieren können, wir werden Bedarf haben, habt ihr wieder jemanden. Wir haben eine Reihe von Unternehmen, wo es so läuft, und wir würden uns gerne noch mehr wünschen. Vor allem auch deshalb, weil wir dann hergehen können, wenn wir bereits vor der Prüfung Rehabilitanten in Arbeitsverhältnisse vermitteln können, dass wir dann auch sehr zielgerichtet, speziell für die Bedürfnisse des Betriebes Zusatzqualifikationen bei uns im Haus geben können, so dass dann die Einarbeitungszeit im neuen Unternehmen wesentlich geringer wird und der Unternehmer dann auch Mehrwert mit seinen neuen Mitarbeiter hat.
Dennoch sind die Unternehmen nach wie vor zurückhaltend. Das liegt natürlich an der unsicheren Konjunkturlage. Manchmal sind Unternehmer auch schlecht informiert über die Fähigkeiten der Absolventen. Das Berufsförderungswerk schätzt die Perspektiven dennoch günstig ein. Die Industrie- und Handelskammer in Leipzig zum Beispiel hat in einer Studie festgestellt, dass in ihrem Bezirk in den nächsten Jahren mit Fachkräftemangel zu rechnen sei. Für Unternehmer könnte es sich schon bald lohnen, auch einmal bei einem Berufsförderungswerk nachzufragen, wenn sie einen Mitarbeiter benötigen. Dort finden sie berufserfahrene Menschen, die rasch in den betrieblichen Alltag integriert werden können.
Das war auch bei Rudolf Schubert der Fall, der in Köln eine neue Anstellung beim ADAC gefunden hat. Durch ein Rückenleiden konnte er nicht mehr seinen alten Beruf als Krankenpfleger ausüben und musste sich nach einem neuen Tätigkeitsfeld umsehen.
Ich komme aus der Krankenpflege. Das ist ein völlig artfremder Beruf. Ich hatte mir eigentlich überlegt, Sozialversicherungsfachangestellter zu werden, mit meiner Vorbildung als Krankenpfleger und Bürotätigkeit zu verbinden. Ich habe dann schnell gemerkt, dass die Krankenkassen ein zu starres System sind und habe dann in Absprache mit meinen Ausbildern im Berufsföderungswerk ganz schnell umorientiert auf Bürokaufmann.
Der ADAC ist mit Rudolf Schubert zufrieden. Auch die Umschulung zum Bürokaufmann konnte Rudolf Schubert in vielen Fächern leichter bewältigen, als seine oft zwanzig Jahre jüngeren Mitschüler. Hier zeigt sich, dass der Wechsel in einen anderen Beruf keine Schwierigkeiten bedeutet, wenn man auf die individuellen Voraussetzungen der Rehabilitanten eingeht und für sie den geeigneten Beruf findet. Qualität honorieren dann auch die Unternehmen, wie der ADAC, bei dem Rudolf Schubert im Service-Bereich tätig ist. Renate Hannen, Personaltrainerin:
Aus der Erfahrung, die ich jetzt speziell mit Herrn Schubert gemacht habe, ist bei mir ein sehr positiver Eindruck hinterlassen worden. Denn ich habe mitbekommen, dass er wirklich sehr gut betreut wird, ich habe dann auch immer in Absprache mit dem Berufsförderungswerk - es gab so genannte Coaching-Termine, wo ich auch zugestimmt habe, dass er die auch mitverfolgt -, da wurde dann noch auf die einzelnen Schwächen eingegangen. Und hier konnte Herr Schubert in den Fächern, wo er noch nicht ganz so fit war, in den Coaching-Terminen seinen Leistungsstand verbessern, und das fand ich ausgesprochen gut.
Vorteilhaft für einen neuen Arbeitgeber ist es natürlich, dass er die Ausbildung nicht bezahlen muss und somit Kosten einspart. Er bekommt die neuen Mitarbeiter gewissermaßen umsonst, gut ausgebildet und in der Regel hoch motiviert, da die Umschüler gerne in den Berufsprozess integriert werden möchten. Die Berufsförderungswerke belegen so auch, dass nach wie vor eine Nachfrage nach gut ausgebildeten Mitarbeitern besteht.
So haben kurz nach ihrer Rehabilitation – bezogen auf alle Berufsförderungswerke - rund 25 Prozent der Umschüler sofort eine Anstellung gefunden. Nach einem Jahr finden derzeit knapp über 60 Prozent einen festen Arbeitsplatz, noch vor einigen Jahren waren es über 70 Prozent. Auch dies eine Folge der seit vier Jahren lahmenden Konjunktur. Beachtenswert ist dennoch, dass viele der Rehabilitanten vor der Reha-Maßnahme sogar über ein Jahr arbeitslos waren und später doch wieder in einem Ausbildungsberuf wie Bürokaufmann oder Qualitätsfachmann vermittelt werden konnten. Trotz der Erfolge stehen die Berufsförderungswerke unter Druck. Werner van de Sand, Ausbildungsleiter in Michaelshoven, in Köln:
Die Finanzierer der beruflichen Rehabilitation sind im wesentlich drei Gruppen von Sozialversicherungsträger. Das sind in erster Linie die Agenturen für Arbeit, dann sind es die Rentenversicherungsträger und die dritte große Gruppe sind die Berufsgenossenschaften. Wie man in der Zeitung lesen kann, geht es ihnen allen darum, Mittel zu begrenzen und natürlich wird im Zusammenhang mit öffentlichen Diskussionen immer wieder darüber nachgedacht, an welchen Teilen man möglicherweise sparen kann. Aus vielen Diskussionen lässt sich möglicherweise schon ablesen, dass man auch in der beruflichen Rehabilitation sparen will.
Insgesamt wurden in den letzten fünf Jahren mehr als 110 000 Menschen in den Berufsförderungswerken aus- und weitergebildet. Und die meisten konnten auch wieder in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden. Die Bedeutung dieser sozialen Einrichtung zeigt sich auch darin, dass fast 50 Prozent der Rehabilitanten nicht älter sind als 34 Jahre, also eigentlich noch einen weiten Weg bis zur Rente vor sich haben sollten. Eine frühzeitige Pensionierung würde nicht nur die Sozialversicherungsträger erheblich belasten.
Die Berufsförderungswerke sind somit ein wesentlicher Teil wertorientierter Dienstleister, wie sie sich auch selbst beschreiben. Und angesichts der Veränderungen der letzen Jahre in der beruflichen Rehabilitation wird die Aufgabe der Berufsförderungswerke eher zu- als abnehmen. Werner van de Sand:
Es hat sich eine Menge geändert. Das wichtigste Phänomen, das wir beobachten, ist, dass wir immer mehr Teilnehmer mit Mehrfachbehinderung bekommen. Wir erfassen die Daten. Und wir können bei dieser Gelegenheit feststellen, dass die Summe aller Behinderungen im prozentualen Anteil bei 220 liegt. Das heißt mit anderen Worten, dass durchschnittlich jeder Teilnehmer mit zwei Behinderungen ins Berufsförderungswerk kommt. Also es ist durchaus denkbar, dass jemand wegen einer Wirbelsäulenbehandlung seinen alten Beruf als Maurer nicht mehr ausüben kann und dass man dann bei einer medizinischen Untersuchung feststellt, dass eine psychische Erkrankung hinzukommt.
Psychische Erkrankungen sind häufig die zweitwichtigste Ursache einer Rehabilitation, nach Muskel- und Skelett-Erkrankungen. Einsparungen in diesen Bereichen werden für behinderte Menschen schmerzlich sein. So konnte das Berufsförderungswerk in Leipzig laut Geschäftsbericht von 2003 befristete Verträge ihrer Mitarbeiter nicht verlängern, da insbesondere die Arbeitsagentur nicht mehr soviel Mittel zur Verfügung stellen kann wie bisher.
Die Gefahr besteht, dass auch die Qualität der Ausbildung leidet. Denn für bestimmte Berufe wie Industrieelektroniker, Drucker oder Qualitätsfachmann sind oft teure Maschinen erforderlich, um eine gute Ausbildung zu garantieren. Wenn diese Investitionen nicht mehr möglich sind, droht auch die Ausbildung schlechter zu werden mit all ihren Auswirkungen auf die beruflichen Chancen. Daher versucht auch das Berufsförderungswerk in Leipzig, über seine Arbeit zu informieren, um noch mehr Akzeptanz zu finden, wie Geschäftsführer Alois Fischer unterstreicht:
Ich bin überzeugt, dass wir sehr bekannt sind. Aber man kann immer noch bekannter werden. Unser Bereich Marketing, Öffentlichkeitsarbeit ist sehr viel unterwegs, zum einen mit Unternehmen, aber auch an die Bevölkerung, dass wir jetzt selbst auch in Kürze wieder den Tag der Offenen Tür haben, wo wir die Leute ins Haus holen, über unsere Möglichkeiten informieren, mit Beiträgen in den Medien. Berufliche Rehabilitation ist eine gesellschaftspolitische wichtige Aufgabe, und man kann gar nicht genügend dafür klappern. Und das tun wir auch.
Auch Erwin Schöler hat eine Umschulung in Michaelshoven gemacht. Er kann sich noch genau erinnern an den Unfall, der seinen Lebensweg .
Das war am 16.2.1996. Das werde ich natürlich nicht vergessen! Das war die letzte Baustelle, die wir hatten. Und da bin ich in einen Schacht rückwärts runtergefallen, also zirka fünf Meter zwischen Rohre, und wach geworden bin ich dann erst im Krankenhaus. Da fing die Odyssee an. Die haben mir gleich gesagt: da bleibt etwas zurück mit dem Fuß. Und die nächsten vier Jahre waren jedes Jahr zwei Operationen, ich bin fast drei Jahre nur an Gehhilfen gegangen, so dass ich nach vier Jahren wieder soweit war, dass ich stundenweise arbeiten konnte. Also das war schon extrem, die vier Jahre.
An eine Rückkehr in den alten Beruf als Schmelzschweißer auf Baustellen war nicht mehr zu denken, da der komplizierte Knochenbruch am Fuß zu einer Gehbehinderung führte. Zwar konnte Erwin Schöler in seiner alten Firma eine zeitlang als Pförtner arbeiten; diese Stelle wurde jedoch gestrichen. Über die Berufsgenossenschaft kam er dann zum Berufsförderungswerk nach Michaelshoven.
Der Anfang war die Berufsfindung. Das waren zwei Wochen. Ich war dann im Internat Eins untergebracht, die zwei Wochen. Die Berufsfindung, das war eine ärztliche Untersuchung, eine Prüfung in Rechtschreibung, Mathematik, Intelligenztest war dabei. Das waren die ersten Tage, die ersten Gespräche, welchen Wunsch hat man. Man ist erst mal gefragt worden, in welche Richtung will man gehen, was stellt man sich vor. Es sind bestimmte Arbeitsplätze eingerichtet, in meinem Fall die kaufmännischen, das sind dann die PCs. Da bekommt man Aufgaben, eine Route von Lkws berechnen, dass er den kürzesten Weg fährt, Excel-Tabellen erstellen, in Word sind Aufgaben dabei. Wenn man Berufsanfänger ist, dann sieht man ja, ist das der richtige Weg oder nicht.
Für Erwin Schöler wäre auch noch technischer Zeichner in Frage gekommen. Er aber entschied sich für Bürokaufmann, auch weil wegen seines Fußes eine sitzende Tätigkeit am besten ist. Es war eine gute Wahl, wie sich später heraus stellte. Erwin Schöler fand gleich nach seiner Rehabilitation eine freie Stelle in Michaelshoven. Gegen mehrere hundert Bewerber setzte er sich durch und arbeitet heute im zentralen Einkauf.
Den richtigen Beruf für die Rehabilitanten zu finden, ist natürlich eine der wichtigsten Aufgaben der Berufsförderungswerke. Die Neigung zu einer bestimmten Ausbildung muss mit den Fähigkeiten des Bewerbers übereinstimmen, damit später auch Chancen bestehen, dass er auf dem Arbeitsmarkt eine neue Anstellung findet. Auch Fred Apel durchlief die Berufsfindung im Berufsförderungswerk in Leipzig. Heute wird er umgeschult auf den Beruf des Druckers.
Ich muss ganz ehrlich sagen: Im Vorfeld war für mich nicht klar, dass ich Drucker werde. Ich wusste nicht, was mich erwartet, ich wusste nicht, was für Berufe hier ausgeübt werden, und ich wusste demzufolge nicht, was ich im späteren Berufsleben machen werde. Also bin ich hierher, völlig unbedarft und habe die 14 Tage Berufsfindung und Arbeitserprobung gemacht, und da sind mir die einzelnen Berufe überhaupt vorgestellt worden, näher gebracht worden, und da war für mich eigentlich klar, dass ich was Handwerkliches machen wollte. Und da war dieser Drucker nahe liegend. Ich könnte aber nicht sagen, dass ich darauf schon hingearbeitet habe.
Das geht vielen Umschülern so. Meist erlernen sie Berufe, an die sie früher gar nicht gedacht haben. Und für manche Rehabilitanten ist das Berufsförderungswerk auch die Chance, in einen neuen Beruf einzusteigen, der ihnen mehr Zufriedenheit gibt als ihr alter Beruf.
Doch der Weg zum Berufsförderungswerk ist nicht immer geradlinig vorgezeichnet. Denn die Berufsförderungswerke sind in der Öffentlichkeit nicht sehr bekannt. Die Rehabilitanten kommen meist auf Umwegen dorthin, , wie auch Fred Apel.
Ich bin natürliche als erstes auf dem Arbeitsamt gewesen, hatte dann, als ich arbeitslos war, ein Gespräch mit dem Arbeitsamt, beim Arbeitsvermittler, der versucht hat, mich wieder in meinem alten Beruf aufm Bau zu vermitteln, und ich ihm klipp und klar gesagt habe, dass ich da keine Chance sehe, weil die Abstände, in denen ich krank machen musste, immer kürzer wurden und ich die Belastung gesundheitlich einfach nicht mehr verkrafte. Und da hat er gesagt: Herr Apel für das Renteneintrittsalter sind sie einfach zu jung. Da habe ich gesagt: Ich will keine Rente, ich will arbeiten. Und dann hat er mich gefragt, ob ich an einer Umschulung interessiert wäre.
Damit war der Weg zum Berufsförderungszentrum in Leipzig vorgezeichnet, das gleich nach der Wende errichtet wurde und 1991 mit den ersten Kursen begann. Behinderte damals die schlechte Infrastruktur die Arbeit, sind es heute Sparmaßnahmen.
Damals musste man noch mit vielen Schwierigkeiten zurechtkommen. Nicht alle Telefonleitungen waren gelegt, und der Neubau war noch nicht errichtet. Heute sind die Probleme anderer Art, wie der Geschäftsbericht von 2003 ausweist. Für die Rehabilitationsmaßnahmen ist nicht mehr soviel Geld vorhanden.
So ist die Belegung um etwas mehr als 30 Prozent von 2002 auf 2003 zurückgegangen. Das führt natürlich dazu, dass weniger Menschen mit Behinderungen umgeschult werden können. Ohne Umschulung aber haben sie kaum eine Chance auf dem Arbeitsmarkt. Dabei zeigt sich, dass Rehabilitanten gute Aussichten haben, vermittelt zu werden. Alois Fischer, Geschäftsführer des Berufsförderungswerkes in Leipzig:
Wir sind in sehr, sehr intensiven Kontakt mit der Wirtschaft, mit Unternehmen. Denn berufliche Rehabilitation kann nicht Selbstzweck als solcher sein. Zweck der beruflichen Rehabilitation ist die dauerhafte Integration auf dem ersten Arbeitsmarkt. Neben vielen Kontakten, dass wir Unternehmen zu uns ins Haus einladen, Veranstaltungen machen, raus gehen, Unternehmen über unsere Arbeit, über unsere Rehabilitanten informieren, sind wir Mitglied in den unterschiedlichsten berufständischen Organisationen, um unmittelbar vor Ort für unser Haus Werbung zu machen und unser Haus verkaufen zu können.
Darüber hinaus werden schon während der Ausbildung durch ein Praktikum Kontakte zu den Unternehmen geknüpft. Ferner hat das Berufsförderungswerk eine eigene Integrationsstelle, die versucht, die Absolventen in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. In Ostdeutschland ist das schwierig, da dort immer noch kein so dichtes Unternehmensnetzwerk besteht wie im Westen. Dann versuchen manche Rehabilitanten, sich selbstständig zu machen und schaffen sogar selbst neue Arbeitsplätze, wie Carola Hiller.
Es war schwer mit Anfang dreißig noch mal einen komplett neuen Weg einzuschlagen und es nicht zu wissen, ob es der richtige ist. Sie werden es in den seltensten Fällen erleben, dass einer mit einer vorgefertigten Meinung zum Arbeitsamt oder zum Reha-Berater kommt und weiß, was er will. Der Beruf des Mediengestalters ist auch noch so jung, dass man wenig auf Erfahrung zurückgreifen kann. Aber mit dem Reha-Berater zusammen haben wir versucht, meine Talente, Neigungen und Fähigkeiten herauszukristallisieren, Computer war meine Sache, das habe ich auch gemocht und mit dieser Richtung auch geliebäugelt. Und dann hat eigentlich der Reha-Berater diesen Beruf ins Spiel gebracht, und ich habe mich dann damit auseinandergesetzt und den Möglichkeiten entsprechend informiert und habe dann gesagt: O. k., ich riskiere das und versuche das.
Insgesamt drei feste Angestellte hat die Firma ABISZET und einen freiberuflichen Mitarbeiter. Derzeit macht die Firma mit Werbefolien zum Beispiel für Plakatwände oder Lastwagen den meisten Umsatz. Carola Hiller hat sich rasch etabliert. Seit einem Jahr ist sie selbstständig und erstellt neben den Werbefolien auch Broschüren und andere gedruckte Medien für Unternehmen. Ihr Ziel ist es, ein Kapitalpolster aufzubauen, um die Firma weiter zu festigen. Sie sieht ihre Zukunft positiv, auch wenn der Absatzmarkt in Ostdeutschland schwieriger ist als im Westen.
Innerhalb eines Jahres hat sie ihre kleine Betriebsorganisation so gut eingerichtet, dass sie nicht mehr jeden Tag in der Firma anwesend sein muss und sich auch mit zusätzlichen Aufgaben beschäftigen kann. So ist sie bei den Wirtschaftsjuroren der Industrie- und Handelskammer engagiert, wo sie mit einem anderen Unternehmer aus Dessau ins Gespräch kam. Daraus entwickelte sich die Gründung einer kleinen Aktiengesellschaft.
Die AG wurde gegründet aufgrund der Nachfrage im Marketing und Consulting-Bereich. – Man kann nicht mehr alles alleine abdecken als Werbeagentur. Und wir haben die Idee zusammen ausgesponnen und haben uns entschlossen, den Schritt zu wagen und Fuß zu fassen, um größere Aufträge abarbeiten zu können. In den Betrieben ist es oftmals gefragt, dass ein Komplettangebot gesucht wird oder dass man eine umfassende Beratung erhält, vom Unternehmensberater, Mitarbeitercoaching, und auch Werbung und Design, Marketing.
Dass Berufsförderungswerke mehr als nur Integration in vorhandene Arbeitsplätze leisten können, zeigt das Beispiel von Carola Hiller. Drei Absolventen machen sich im Durchschnitt pro Jahr selbstständig. In einer Region, in der Arbeitsplätze rar sind, belegt der Erfolg der Firma ABISZET, dass Chancen auch in Ostdeutschland existieren - , man muss sie nur entdecken. Voraussetzung ist aber, dass die Menschen eine gute Ausbildung bekommen, die sich an den Erfordernissen des Marktes orientiert. Ohne die Ausbildung des Berufsförderungszentrums wäre der Erfolg von Carola Hiller nicht möglich gewesen.
Nicht immer verläuft die Eingliederung von Absolventen ohne Probleme. Die Zurückhaltung der ostdeutschen Unternehmer aufgrund der schwierigen Wirtschaftslage macht eine Vermittlung auch für das Berufsförderungswerk nicht einfach, zumal auch in Ostdeutschland die Anforderungen steigen. Darüber hinaus gibt es die alten Vorurteile, mit denen die Einrichtungen zu kämpfen haben.
Die Förderwerke werden oft mit Schwerbehinderteneinrichtungen gleich gesetzt. Die meisten Rehabilitanten haben jedoch nur so genannte Teilleistungsschwächen, können keine schweren Lasten heben oder haben durch einen Unfall ein Handicap, wodurch sie für viele Berufe dennoch in Frage kommen. Ein zweiter Grund ist, dass die Berufsförderungswerke oft in einen Topf geworfen werden mit Umschulungseinrichtungen, die sehr unterschiedlich ausgebildete Absolventen in den Arbeitsmarkt entlassen.
Viele Unternehmer haben schlechte Erfahrungen mit Umschülern gemacht, was sich hin und wieder negativ auf das Ansehen der Berufsförderungswerke auswirkt. Haben Unternehmer jedoch Rehabilitanten eingestellt, ändert sich dieses Vorurteil, sagt Alois Fischer, Geschäftsführer des Berufsförderungswerkes in Leipzig:
Sehr oft ist es so, dass wir nicht nur einen Rehabilitanten im Unternehmen unterbringen, sondern schon mehrere Rehabilitanten haben. Wunschziel ist es, dass uns die Arbeitgeber schon mal signalisieren können, wir werden Bedarf haben, habt ihr wieder jemanden. Wir haben eine Reihe von Unternehmen, wo es so läuft, und wir würden uns gerne noch mehr wünschen. Vor allem auch deshalb, weil wir dann hergehen können, wenn wir bereits vor der Prüfung Rehabilitanten in Arbeitsverhältnisse vermitteln können, dass wir dann auch sehr zielgerichtet, speziell für die Bedürfnisse des Betriebes Zusatzqualifikationen bei uns im Haus geben können, so dass dann die Einarbeitungszeit im neuen Unternehmen wesentlich geringer wird und der Unternehmer dann auch Mehrwert mit seinen neuen Mitarbeiter hat.
Dennoch sind die Unternehmen nach wie vor zurückhaltend. Das liegt natürlich an der unsicheren Konjunkturlage. Manchmal sind Unternehmer auch schlecht informiert über die Fähigkeiten der Absolventen. Das Berufsförderungswerk schätzt die Perspektiven dennoch günstig ein. Die Industrie- und Handelskammer in Leipzig zum Beispiel hat in einer Studie festgestellt, dass in ihrem Bezirk in den nächsten Jahren mit Fachkräftemangel zu rechnen sei. Für Unternehmer könnte es sich schon bald lohnen, auch einmal bei einem Berufsförderungswerk nachzufragen, wenn sie einen Mitarbeiter benötigen. Dort finden sie berufserfahrene Menschen, die rasch in den betrieblichen Alltag integriert werden können.
Das war auch bei Rudolf Schubert der Fall, der in Köln eine neue Anstellung beim ADAC gefunden hat. Durch ein Rückenleiden konnte er nicht mehr seinen alten Beruf als Krankenpfleger ausüben und musste sich nach einem neuen Tätigkeitsfeld umsehen.
Ich komme aus der Krankenpflege. Das ist ein völlig artfremder Beruf. Ich hatte mir eigentlich überlegt, Sozialversicherungsfachangestellter zu werden, mit meiner Vorbildung als Krankenpfleger und Bürotätigkeit zu verbinden. Ich habe dann schnell gemerkt, dass die Krankenkassen ein zu starres System sind und habe dann in Absprache mit meinen Ausbildern im Berufsföderungswerk ganz schnell umorientiert auf Bürokaufmann.
Der ADAC ist mit Rudolf Schubert zufrieden. Auch die Umschulung zum Bürokaufmann konnte Rudolf Schubert in vielen Fächern leichter bewältigen, als seine oft zwanzig Jahre jüngeren Mitschüler. Hier zeigt sich, dass der Wechsel in einen anderen Beruf keine Schwierigkeiten bedeutet, wenn man auf die individuellen Voraussetzungen der Rehabilitanten eingeht und für sie den geeigneten Beruf findet. Qualität honorieren dann auch die Unternehmen, wie der ADAC, bei dem Rudolf Schubert im Service-Bereich tätig ist. Renate Hannen, Personaltrainerin:
Aus der Erfahrung, die ich jetzt speziell mit Herrn Schubert gemacht habe, ist bei mir ein sehr positiver Eindruck hinterlassen worden. Denn ich habe mitbekommen, dass er wirklich sehr gut betreut wird, ich habe dann auch immer in Absprache mit dem Berufsförderungswerk - es gab so genannte Coaching-Termine, wo ich auch zugestimmt habe, dass er die auch mitverfolgt -, da wurde dann noch auf die einzelnen Schwächen eingegangen. Und hier konnte Herr Schubert in den Fächern, wo er noch nicht ganz so fit war, in den Coaching-Terminen seinen Leistungsstand verbessern, und das fand ich ausgesprochen gut.
Vorteilhaft für einen neuen Arbeitgeber ist es natürlich, dass er die Ausbildung nicht bezahlen muss und somit Kosten einspart. Er bekommt die neuen Mitarbeiter gewissermaßen umsonst, gut ausgebildet und in der Regel hoch motiviert, da die Umschüler gerne in den Berufsprozess integriert werden möchten. Die Berufsförderungswerke belegen so auch, dass nach wie vor eine Nachfrage nach gut ausgebildeten Mitarbeitern besteht.
So haben kurz nach ihrer Rehabilitation – bezogen auf alle Berufsförderungswerke - rund 25 Prozent der Umschüler sofort eine Anstellung gefunden. Nach einem Jahr finden derzeit knapp über 60 Prozent einen festen Arbeitsplatz, noch vor einigen Jahren waren es über 70 Prozent. Auch dies eine Folge der seit vier Jahren lahmenden Konjunktur. Beachtenswert ist dennoch, dass viele der Rehabilitanten vor der Reha-Maßnahme sogar über ein Jahr arbeitslos waren und später doch wieder in einem Ausbildungsberuf wie Bürokaufmann oder Qualitätsfachmann vermittelt werden konnten. Trotz der Erfolge stehen die Berufsförderungswerke unter Druck. Werner van de Sand, Ausbildungsleiter in Michaelshoven, in Köln:
Die Finanzierer der beruflichen Rehabilitation sind im wesentlich drei Gruppen von Sozialversicherungsträger. Das sind in erster Linie die Agenturen für Arbeit, dann sind es die Rentenversicherungsträger und die dritte große Gruppe sind die Berufsgenossenschaften. Wie man in der Zeitung lesen kann, geht es ihnen allen darum, Mittel zu begrenzen und natürlich wird im Zusammenhang mit öffentlichen Diskussionen immer wieder darüber nachgedacht, an welchen Teilen man möglicherweise sparen kann. Aus vielen Diskussionen lässt sich möglicherweise schon ablesen, dass man auch in der beruflichen Rehabilitation sparen will.
Insgesamt wurden in den letzten fünf Jahren mehr als 110 000 Menschen in den Berufsförderungswerken aus- und weitergebildet. Und die meisten konnten auch wieder in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden. Die Bedeutung dieser sozialen Einrichtung zeigt sich auch darin, dass fast 50 Prozent der Rehabilitanten nicht älter sind als 34 Jahre, also eigentlich noch einen weiten Weg bis zur Rente vor sich haben sollten. Eine frühzeitige Pensionierung würde nicht nur die Sozialversicherungsträger erheblich belasten.
Die Berufsförderungswerke sind somit ein wesentlicher Teil wertorientierter Dienstleister, wie sie sich auch selbst beschreiben. Und angesichts der Veränderungen der letzen Jahre in der beruflichen Rehabilitation wird die Aufgabe der Berufsförderungswerke eher zu- als abnehmen. Werner van de Sand:
Es hat sich eine Menge geändert. Das wichtigste Phänomen, das wir beobachten, ist, dass wir immer mehr Teilnehmer mit Mehrfachbehinderung bekommen. Wir erfassen die Daten. Und wir können bei dieser Gelegenheit feststellen, dass die Summe aller Behinderungen im prozentualen Anteil bei 220 liegt. Das heißt mit anderen Worten, dass durchschnittlich jeder Teilnehmer mit zwei Behinderungen ins Berufsförderungswerk kommt. Also es ist durchaus denkbar, dass jemand wegen einer Wirbelsäulenbehandlung seinen alten Beruf als Maurer nicht mehr ausüben kann und dass man dann bei einer medizinischen Untersuchung feststellt, dass eine psychische Erkrankung hinzukommt.
Psychische Erkrankungen sind häufig die zweitwichtigste Ursache einer Rehabilitation, nach Muskel- und Skelett-Erkrankungen. Einsparungen in diesen Bereichen werden für behinderte Menschen schmerzlich sein. So konnte das Berufsförderungswerk in Leipzig laut Geschäftsbericht von 2003 befristete Verträge ihrer Mitarbeiter nicht verlängern, da insbesondere die Arbeitsagentur nicht mehr soviel Mittel zur Verfügung stellen kann wie bisher.
Die Gefahr besteht, dass auch die Qualität der Ausbildung leidet. Denn für bestimmte Berufe wie Industrieelektroniker, Drucker oder Qualitätsfachmann sind oft teure Maschinen erforderlich, um eine gute Ausbildung zu garantieren. Wenn diese Investitionen nicht mehr möglich sind, droht auch die Ausbildung schlechter zu werden mit all ihren Auswirkungen auf die beruflichen Chancen. Daher versucht auch das Berufsförderungswerk in Leipzig, über seine Arbeit zu informieren, um noch mehr Akzeptanz zu finden, wie Geschäftsführer Alois Fischer unterstreicht:
Ich bin überzeugt, dass wir sehr bekannt sind. Aber man kann immer noch bekannter werden. Unser Bereich Marketing, Öffentlichkeitsarbeit ist sehr viel unterwegs, zum einen mit Unternehmen, aber auch an die Bevölkerung, dass wir jetzt selbst auch in Kürze wieder den Tag der Offenen Tür haben, wo wir die Leute ins Haus holen, über unsere Möglichkeiten informieren, mit Beiträgen in den Medien. Berufliche Rehabilitation ist eine gesellschaftspolitische wichtige Aufgabe, und man kann gar nicht genügend dafür klappern. Und das tun wir auch.