"Die beste Veröffentlichung meines Lebens war die Geburt meiner Tochter Sofia. Sie ist mein bestes Album, zusammen hergestellt mit dem Produzenten Dimitri Vakros."
Badi Assad ist ein unruhiger Geist und das manifestiert sich nicht nur, wenn ihre Finger über das Griffbrett fliegen. Aber was sie macht, macht sie gründlich: Ob es klassische Gitarre war oder Jazz – sie hat immer weitergemacht, bis sie Weltklasse war. Und nicht zuletzt hat sie immer wieder anspruchsvolle Beiträge zur populären Musik Brasiliens geleistet, wie eben jetzt mit "Love And Other Manias". Erst die Geburt ihrer Tochter Sofia vermochte diese Frau auszubremsen. Jedenfalls temporär.
"Ich habe mir gesagt, es ist Zeit, deine Mutterschaft zu genießen und dich um dein Kind zu kümmern. Das war auch noch genau, als die ökonomische Krise in den USA begann. Und ich dachte, kein Problem, denn mit Brasilien ging es gerade bergauf. Inzwischen sage ich mir, Sofia ist sieben Jahre alt, sie ist jetzt unabhängig, und Mama kann wieder reisen."
Dem wieder reisen können hat sich allerdings ein wieder reisen müssen hinzugesellt. Denn mit dem Aufschwung des "Schwellenlandes Brasilien" war es nicht soweit her.
"Und es geht schon wieder bergab! Das ist Brasilien."
"Ich brauchte nicht mehr diesen hohen Grad an Komplexität"
Badi Assads Wahrnehmung änderte sich durch ihre lange Abwesenheit vom Trubel des Musikerdaseins profund; und nicht zuletzt änderte das auch ihre Kunst. Als überzeugte Perfektionistin in allem, was schwierig und anspruchsvoll ist, lernte sie, sich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren und das Schlichte zu schätzen.
"Ich war regelrecht hypnotisiert davon, die Einfachheit des Lebens wiederzuentdecken. Wir haben die Verbindung dahin verloren, uns an der Schönheit der kleinen, unscheinbaren Dinge zu erfreuen. Sofia brachte mir das zurück. Die Lieder, die ich geschrieben habe, waren viel simpler als zuvor. Ich brauchte nicht mehr diesen hohen Grad an Komplexität."
Den Anblick einer verstaubten Gitarre hätte Badi Assad dennoch nicht ertragen. Zwar gab sie kaum Konzerte und veröffentlichte kein Studioalbum mehr seit 2006. Dafür komponierte sie in Heimarbeit Stücke, die auch für vier Platten gereicht hätten.
Die Lieder für "Love And Other Manias" hatte Badi Assad also längst zusammen, als es galt, sie im Studio fein rauszuputzen. Dafür hat sie sich zwei junge Produzenten gesucht, die der neuen Einfachheit vielerlei elektronische oder kammermusikalische Anteile zur Seite stellten. Als es endlich um die Auswahl der Lieder ging, hat sich Badi Assad aber auf ausgewiesene Experten verlassen.
"Ich hatte 40 Lieder oder 60 - naja, jedenfalls sehr viele, davon 40 komplett fertig. Ich wusste aber nicht, wie ich sie auswählen sollte. Also gab ich zwei Konzerte in Sao Paolo in einem sehr kleinen Klub, fünfzig Leute passten da rein und der Laden war rappelvoll. Dann habe ich Zettel verteilt mit all den Liedern und habe die Leute gebeten, mir ihre 14 liebsten Songs auszusuchen. Und die sind jetzt auf dem Album."
Von Schwarmintelligenz ist ja nicht immer viel zu halten. Aber wenn rund 100 musikverrückte Brasilianer ein Badi-Assad-Album zusammenstellen, dann kann das so falsch nicht sein.