Irgendwann waren sie eine Band.
"Das betrifft aber hauptsächlich das Live-Spielen."
Und Rio Bravo ist ein Western, wie Rio Grande auch.
"Was ja derselbe Fluss ist, Rio Grande, Rio Bravo, die Amerikaner sagen Rio Grande und die Mexikaner Rio Bravo."
Auf jeden Fall irgendwas mit Texas:
"Einerseits Musik aus dem innerstädtischen und anderseits ist Trompete für uns auch halt der Wilde Westen oder die Steppe oder auch die kleine weiße mexikanische Kirche in der Wüste."
Die Wüste. Die Stadt, die Kirche in der Wüste: vermittelt, hervorgerufen, geschaffen durch die Trompete von Reiner Winterschladen:
"Die Trompete. Trompetensound. Ich finde, Trompete passt also da hin und in den nassen Asphalt von Hamburg, sagen wir mal."
Dal Martino, der Bassist, der Arrangeur, der Produzent der Nighthawks.
"Irgendwann mal war Dal Martino in Los Angeles und erzählte einem Einheimischen etwas über einen Dalmatiner, den Hund, nicht ahnend, dass der Dalmatiner im englischen Dalmation ist, und nicht Dalmatino, und da Vaessen, Volker Vaessen sowieso niemand aussprechen konnte, naja, so entstehen neue Namen.
Der andere, Reiner Winterschladen, der erwähnte Trompeter, ist bei der NDR-Bigband, und wenn man bei der NDR-Bigband ist, hat man genügend Zeit für andere Sachen, Dal Martino:
"Ja, offenbar."
"Und der sitzt immer, wenn man so von vorne drauf guckt, hinten rechts."
Er klingt, dieser Trompeter, hier und da, mit diesem kühlen Ton, wie ... man mag es kaum sagen ...
Ein bisschen Miles Davis
"Ja, Miles Davis. Vom Sound her."
Kraftvoll, kühl, kräftig, kühn, bisweilen explodierend, dieser Ton.
Winterschlagen ist Jazzmusiker, er begann mit Freejazz, der demnächst 58-Jährige. Dal Martino, 55, hat alles Mögliche gemacht in all den Jahren: Wolf Maahn, Eric Burdon, Dominic Miller.
"In Rumänien hab´ ich noch'n Projekt, das nennt sich Phönix, und komme so auf meine 50 bis 100 Konzerte im Jahr. Weil es durchaus so ist, dass man von Nighthawks alleine gar nicht leben könnte, nicht zu zweit, ne, und wir sind ja immer zu zweit, ne, plus natürlich die Band, und wenn wir live spielen, sitzen wir alle in einem Boot."
Martino ist kein Jazzmusiker:
"Ich bin kein Jazzmusiker, ich wusste nur nicht, wohin, die deutsche Jazzmusik bietet mir Asyl sozusagen. Wobei wir, glaube ich, auch Grenzgänger sind zu anderen Bereichen."
Pop vielleicht, wenn eine Sängerin dabei ist oder ein Sänger.
"Das sind im Prinzip richtige Songs, die auch eher aus anderen musikalischen Bereichen vielleicht sind, ne. Man nennt es dann teilweise Trip-Hop oder so, ne, ja."
Oder zu einer guten Tasse Kaffee in einer Hotel-Lounge.
"Also Lounge-Musik ist oft instrumental, wahrscheinlich hat man uns deswegen da mit in die Kiste geworfen, aber Lounge-Musik ist auch ´ne Dünnbrettbohrerei, eigentlich, wenn man ganz ehrlich ist."
"Und das ist genau das, was wir nicht machen. Unsere
Stücke fangen irgendwo an und finden nie wieder an diesen Punkt zurück. Das ist sozusagen unsere Art, uns vor dem Jazz zu verneigen, dass man nie mehr da ist, wo man mal war."
Doch Jazz, irgendwie damit, wie Dal Martino meint. Und artifiziell, hier und da. Was gut tut. Cinemascopeformat, manchmal ein wenig Ambient, manchmal ein wenig Dub - alles, was die Kiste hergibt. Urbane Einsamkeit, ländliche Anspannung.
Dal Martinos Lieblingsstück? Der Titelsong der CD Rio Bravo: Rio Grande - der Grenzfluss mit den zwei Namen, wie gesagt, die südlich des Flusses nennen ihn Rio Bravo, die nördlich dieses Flusses Rio Grande.
"Ist so ´ne Art kleine Filmmusik, es ist nur zwei Minuten 20 lang und das ist mein Lieblingsstück."
In beiden Filmen, in Rio Bravo und in Rio Grande, taucht übrigens John Wayne auf. Wayne konnte nur Western.