Mittwoch, 24. April 2024

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Basketball-Nationalmannschaft
"Es ist wichtig, diese Mannschaft zusammenzuhalten"

Die Erwartungen vor der Basketball-WM waren groß. Eine Woche nach dem Start geht es für das deutsche Team jedoch nur noch darum, die Chance auf Olympia zu wahren. "Wenn der Druck zu groß ist, führt das zu einer Art Lähmung", sagt Ex-Bundestrainer Dirk Bauermann im Dlf-Sportgespräch.

Dirk Bauermann und Ingo Weiss im Gespräch mit Maximilian Rieger | 08.09.2019
Eine Szene im Basketball-WM-Spiel zwischen Deutschland und Jordanien.
Die deutsche Nationalmannschaft um Dennis Schröder ist bei der Basketball-WM in China unter den Erwartungen geblieben. (dpa/Swen Pförtner)
Die vielleicht talentierteste Mannschaft aller Zeiten, so wurde die deutsche Basketball-Nationalmannschaft vor dem Start der Weltmeisterschaft in China bezeichnet - von aktuellen Spielern wie Max Kleber, aber auch von ehemaligen wie Dirk Nowitzki. Eine Woche nach dem Start ist die Bilanz ernüchternd: Zwei Niederlagen gegen Frankreich und die Dominikanische Republik, Zwischenrunde verpasst, im letzten Spiel gegen Kanada geht es nur noch darum, die Chance auf die olympischen Spiele zu wahren.
Zu großer Druck
Wie konnte es dazu kommen? Der ehemalige Nationaltrainer Dirk Bauermann hält es "für absolut ausgeschlossen", dass es der jungen Mannschaft am Willen gefehlt hat. Er sieht die Ursache für das frühe WM-Aus woanders: "Wenn man zu viel nachdenkt, wenn der Druck vielleicht zu groß ist, dann führt das zu etwas, was man mit Lähmung beschreiben könnte: Das Hirn fängt an zu rennen, man macht Fehler, die man normalerweise nicht machen würde, die Füße werden langsamer und man kommt defensiv nicht dahin, wo man gern hinkommen würde."
Bauermann glaubt, dass die Erfahrung das Team reifer macht. Auch die Erfolge in der Ära von Dirk Nowitzki seien nur möglich gewesen, weil das Team über Jahre hinweg gewachsen sei.
"Die Mannschaft hat gerade erst angefangen"
Eine Analyse, der DBB-Präsident Ingo Weiss im Dlf-Sportgespräch zustimmt und ergänzt, man müsse auch realistisch bleiben: "Diese Mannschaft hat ja gerade erst angefangen." Das eigentliche Ziel - die Olympia-Qualifikation - sei außerdem noch nicht verloren und die Erfahrung, die die Spieler in China gerade sammeln, "genau das, was sie brauchen." Damit die jungen Spieler diese Erfahrungen weiterhin sammeln können, so Bauermann, "wird es so wichtig sein, dass es gelingt, diese Mannschaft, die eine große Zukunft hat und eine große Qualität, zusammenzuhalten".
An einen Imageverlust für den deutschen Basketball glaubt Weiss nicht. "Der Stellenwert des Basketballs misst sich nicht an einem Turnier." Der Basketball boome weiter, was sich auch an den steigenden Mitgliederzahlen in den Vereinen zeigen würde. Angesichts der Erfolge der U-20-Nationalmannschaft und der vielen NBA-Spieler mache er sich auch "über die mediale Präsenz keine Sorgen", so Weiss.
"Wir sind nicht hier, um politische Dinge anzustoßen"
Über den Gastgeber hatte der DBB-Präsident Gutes zu berichten. China sei nach Basketball verrückt, die Stimmung in der Halle unglaublich gewesen. "Die Mannschaft ist sehr zufrieden und glücklich, weil sie gut angenommen wird", schildert Weiss. Auf die Menschenrechtslage in dem Land angesprochen, das die Presse einschränkt und Minderheiten unterdrückt, sagt Weiss: "Wir sind hier, um Sport zu treiben und nicht, um politische Dinge anzustoßen." Das sei Aufgabe von anderen, wobei er auf den Staatsbesuch von Bundeskanzlerin Merkel verwies.
Auch für Dirk Bauermann, der im vergangenen Jahr für einige Monate einen chinesischen Club trainiert hat, waren die politschen Umstände nicht leicht. "Man schläft schlecht, weil man ständig in dem Konflikt ist: Kann ich das so mit meinem Gewissen als politisch denkenden Mensch vereinbaren?", berichtet er. Auch die Kommunikation mit den Spielern sei schwer gewesen, weil das hierarchische Denken so stark ausgeprägt sei. Er sei trotzdem geblieben, weil er die sportliche Herausforderung genossen habe und er gut verdient habe. "Sicher, das ist ein Grund, das muss man so sagen. Und da ist man dann auch mit sich selber nicht so ganz zufrieden."
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.