In Bonn präsentierte sich Schwarzkunst: ein Erinnerungsstück für Louis Baye Siki Phall, einen Boxer aus dem Senegal, der höchst überraschend ein Idol der nördlichen Hemisphäre entzauberte: "Battling Siki" schickte einen bis dahin amtierenden Weltmeister zu Boden (und provozierte damit die Frage, ob ein Afrikaner den Titel führen dürfe); er führte in Paris ein rasches und leichtes Leben, starb 1925 im Alter von 28 Jahren in New York. Sieben Kugeln im Rücken. Doch taucht der legendäre Faustgewaltige nur schemenhaft auf. Seine Biographie, wiewohl sie als exemplarisch begriffen werden könnte, erscheint der Bonner Produktion, die auch auf mehreren französischen Vorstadtbühnen gezeigt werden soll, nicht weiter von Interesse.
Es geht Bruyère und Toeplitz um optische Entgrenzung und akustische Grenzerfahrung. Sie machen die Besucher des Events zu unmittelbaren Teilhabern des Matyriums, der Selbstkasteiung und des Geprügeltwerdens, Eben um das, was der Boxer durchlebt – und, so die wenig subtile Botschaft, der von der weißen Herrenrasse geduckte und niedergehaltene Schwarze.
"Battling Siki" ist Staatskunst im rot-grünen Stadium der postmodernen Gesellschaft: im Ansatz politisch korrekt gedacht und in der Ausführung eine ausufernde Zumutung, die – absichtsvoll schmerzhaft – mit multikulturellen Gedankensplittern operiert und mit interkulturellen Gesten hantiert. Die neue Bonner Produktion, hoch subventioniert vom Land NRW, repräsentiert eine Form der Event-Kultur, die mit dem politischen Verweis auf die schrecklichen Wirklichkeiten des 20. Jahrhunderts kokettiert, bei genauem Hinhören nichts besagt und schon gar nichts Konkretes. Sie ist mitnichten Nachhall vergangener Kriege und Klassenkämpfe, vielleicht aber greller Vorschein der künftigen.
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