Archiv


Bauernaufstand gegen Globalisierung

Im Jahr 1987 gründeten alternativ gesonnene französische Bauern die Confédération Paysanne. Protest gegen Schnellimbiss-Ketten, bessere Preise für echte Spezialitäten, umweltverträgliche Landwirtschaft und der Kampf gegen die Gentechnik sind ihre Themen. Unter ihrer Galionsfigur José Bové haben sie sogar einen europaweiten Bekanntheitsgrad erreicht.

Von Siegfried Forster | 17.08.2007
    "Die Welt ist keine Ware" – einer der Slogans der Bauerngewerkschaft Confédération Paysanne, die so geläufig geworden sind wie einst Chansons von Edith Piaf oder Charles Trenet. Innerhalb von nur 20 Jahren Existenz sind die Bauernrebellen zu Ikonen der Globalisierungs-Debatte aufgestiegen. Chantal Jacovetti, Bäuerin im südfranzösischen Departement Lozère und langjähriges Mitglied im Nationalen Sekretariat der "Confédération Paysanne":

    "Das größte Verdienst der Confédération Paysanne in den letzten 20 Jahren war es, das Projekt der Landwirtschaft im Herzen der Gesellschaft zu verankern. Für uns geht die Landwirtschaft nicht nur die Bauern an. In Frankreich sind heute nur noch drei Prozent der Bevölkerung Bauern, aber wir bevölkern 50 Prozent des Territoriums und ernähren 100 Prozent der Mägen."

    Landwirtschaft geht alle an und Bauern mischen sich in alles ein, lautete die Anti-These zum konservativen und korporatistischen Bauern-Groß-Verband FNSEA. Umgepflügt wird von den Bauernrebellen seither längst nicht nur der Acker. Als die USA Ende der 90er Jahre Roquefort-Käse strafbesteuern, weil Europa sich weigert, Hormon-Rinder zu importieren, verwandeln die Conf-Kämpfer den Schimmelkäse zu einem Fanal gegen das Welthandels-System. Öffentlich gemäht werden von der Confédération Paysanne vor allem Felder mit Genmais und wenn José Bové auf einem Traktor zu sehen ist, dann fährt er mit Sicherheit zu seiner nächsten Gerichtsverhandlung und nicht zu seinen Schafen im Aveyron:

    "Wir werden diese wildgewordene Globalisierung öffentlich anklagen, die versucht, die Menschen überall auf der Welt zu zerreiben. Wir nehmen diese wirtschaftliche Logik nicht länger hin. Wir wollen, dass die Spielregeln sich ändern."

    José Bové, der wortgewandte Streiter der Confédération Paysanne, ging mit Schnauzbart und Pfeife als Asterix im gallischen Kampf gegen die Globalisierung in die Geschichte ein. Mit einfachen und eingängigen Worten wettert er auf Französisch und Englisch gegen Genmanipulation, "Einheits-Fraß" und die Diktatur der Multinationalen. Bauernschläue gepaart mit Medienspektakel, wie damals, als er an jenem 12. August 1999 zusammen mit 300 anderen Schafzüchtern in Millau eine McDonald’s-Baustelle "demontierte". Alain Molle, damaliger Sprecher der Confédération Paysanne:

    " »Wir denken in der Tat, dass die McDonald’s ein Symbol, ja eine Karikatur des Ultra-Liberalismus sind. Sie verkörpern einen Nicht-Respekt der lokalen Kulturen, Produkte und der Qualität. Wir verteidigen eine Landwirtschaft der Qualität, mit Herkunfts-Garantien, keine banalisierte, standardisierte Nahrung, wie sie in McDonald’s Filialen ausgegeben wird.""

    Den Bauern gelingt das Kunststück, Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten für ihre Anliegen zu mobilisieren. Der Résistance-Kämpfer und Sonderbotschafter Frankreichs, Stéphane Hessel, sieht selbst Parallelen zwischen dem Kampf der Confédération Paysanne und den Widerstandskämpfern im Zweiten Weltkrieg:

    "Der Widerstand gegen das Vichy-Regime beinhaltete damals Überschreitungen der Gesetze in Richtung Legitimität. Ja, das war ein wenig unterschiedlich. Aber das war nicht so unterschiedlich. Die Confédération Paysanne kämpft gegen Kräfte, gegen die man nur siegreich sein kann, wenn man die gesamte Bevölkerung dafür mobilisiert, dass ein neues Bewusstsein notwendig ist, damit die Weltwirtschaft anders als bislang funktioniert."

    Doch bei den französischen Präsidentschafts-Wahlen in diesem Jahr musste sich José Bové mit 1,3 Prozent der Wählerstimmen begnügen und durch die radikale Politisierung verlor die Confédération Paysanne auch bei den Bauern viele Stimmen. Bei der von Präsident Sarkozy für Oktober einberufenen "Generalstände für den Umweltschutz", dem "Grenelle de l’environnement" steht ein entscheidendes Kräftemessen bevor. Im Mittelpunkt: ein Moratorium für den Anbau von Genpflanzen. Die größte Angst der Regierung: Wenn José Bové noch vorher für seine Genmais-Zerstörungen in den Knast kommen sollte, dann hat Präsident Sarkozy schon so gut wie verloren.