Wir wurden belächelt als die Bauern vom Land, die etwas machen wollen, wo eigentlich die großen Konzerne das Sagen haben.
Nicht ohne Stolz hält Butendiek-Geschäftsführer Wolfgang Paulsen die Baugenehmigung in den Händen - ein 100 Seiten dickes Schriftwerk. Es ist das behördliche Okay für Butendiek, den größten Hochsee-Windpark der Welt.
Das Projektgebiet befindet sich 35 km westlich von Sylt. Wir wollen insgesamt 80 Anlagen der 3-Megawatt-Klasse errichten. 240 Megawatt ist also Gesamtgröße anvisiert. 200.000 Haushalte können anschließend mit Strom versorgt werden.
80 Meter hoch werden die Türme aus dem Wasser ragen, 90 Meter messen die Rotoren. 2,5 Jahre dauerte das Genehmigungsverfahren. Die zuständige Behörde - das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie - musste dabei Neuland betreten. BSH-Präsident Peter Ehlers und seine Leute hatten erstmals zu untersuchen, ob und wie sich ein Offshore-Windpark auf Umwelt und Schifffahrt auswirkt.
Die Genehmigung hängt entscheidend davon ab, dass wir zur Feststellung gelangt sind, dass weder die Schifffahrt gefährdet wird noch die Umwelt beeinträchtigt wird. Die Schifffahrt wird deswegen nicht beeinflusst, weil wir ein Gebiet gefunden haben, dass verkehrsarm ist. Dazu gehört auch eine Risikoanalyse, die zu dem Ergebnis kommt, dass man mit einer Kollision etwa alle 2500 Jahre rechnen muss.
Und dazu gehört auch, dass jedes der 80 Butendiek-Windräder mit einem neuartigen Radarsender bestückt ist - dem automatischen Schiffsidentifikationssystem.
Das ist eigentlich ein System, das die Schiffe anwenden. Das ist ein Transpondersystem, wo automatisch alle wichtigen Daten über das Schiff ausgestrahlt werden und von jedem anderen Schiff empfangen werden können. Und das nutzen wir jetzt auch bei den Windenergieanlagen. Jede Windmühle wir die notwendigen Daten ausstrahlen, und jedes Schiff kann dadurch feststellen: Aha, dort ist ein Turm - also muss ich aufpassen, nicht in diese Gegend zu geraten.
Die Butendiek-Initiatoren haben ihre Hausaufgaben also gemacht und haben nun die Baugenehmigung. Das aber bedeutet noch nicht, dass der Windpark auch wirklich gebaut wird. Scheitern könnte das Projekt noch an den Finanzen. 400 Mio. Euro kostet Butendiek, davon müssen 300 Millionen als Kredite von den Banken kommen. Die aber -gibt Paulsen zu - müssen noch überzeugt werden.
Es ist nicht so, dass sie sagen: Grundsätzlich machen wir es nicht. Aber die Fragen, die in eine Risikobewertung münden. Und da müssen wir zusammen mit den Herstellern schlüssige Antworten liefern. Und das wird der Schwerpunkt des nächsten Jahres sein.
Hinter der Banker-Skepsis steckt eine ganze Reihe von offenen Fragen, was die Technik der Seemühlen betrifft. So ist beispielsweise noch nicht geklärt, wie die Gründung aussehen soll, die Verankerung des Windrads im Meeresgrund.
Wir betreten Neuland damit, dass wir in 20 Meter Wassertiefe sind. So was gibt es weltweit noch nicht.
Bislang haben die Fachleute nur Erfahrung mit relativ kleinen Offshore-Windrädern. Diese stehen auf dem Monopile, einem durchgehenden Rohr, der einfach tief in den Meeresboden gerammt wird. Nur: ob ein Monopile auch bei Wassertiefen von 20 Metern stabil ist, ist noch unklar. Deshalb denkt Paulsen über andere Verfahren nach. Zum Beispiel das Dreibein-Fundament, bei dem sich drei dünne Stelzen in den Meeresgrund bohren. Oder ein schwerer Senkkasten, der das Windrad durch sein enormes Gewicht im Lot hält. Fraglich ist auch, ob die Anlagen 20 Jahre lang halten werden, so lange soll Butendiek Strom liefern. Schließlich muss die Windmühle den stetigen Angriffen von Wind und Wellen trotzen.
Die so zu berechnen, dass das Gesamtsystem inklusive Materialermüdung über die 20 Jahre hält - das wird die größte technische Herausforderung sein.
Dennoch: Das Thema Offshore boomt, und Peter Ehlers liegen am BSH nicht weniger als 30 Anträge für Hochsee-Windparks vor: 24 in der Nordsee, sechs in der Ostsee.
Das ist außerordentlich ehrgeizig. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass sämtliche 30 Anträge, die uns vorliegen, in vollem Umfang genehmigt werden, jedenfalls nicht auf absehbare Zeit.
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