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Bayern München reformiert seine Nachwuchsarbeit

Mit frischen Kräften versucht der FC Bayern München zukünftig seine stagnierende Nachwuchsarbeit zu verbessern. Dazu kommen namhafte Trainer und Koordinatoren aus den renommierten Nachwuchsakademien aus Stuttgart, Freiburg und nicht zuletzt auch vom Stadtrivalen 1860 München.

Von John Hennig |
    Werner Kern ist seit vierzehn Jahren Nachwuchskoordinator des FC Bayern München. Rund 500 Talente hat er in dieser Zeit im Juniorteam spielen sehen. Aktuell stehen mehr als fünfzig Spieler bei Profivereinen unter Vertrag, davon gleich sieben bei Bayern München, auf die Kern besonders stolz ist:

    "Weil das einfach unsere besten Spieler sind, unsere Vorzeigeobjekte und ich mein, unser Vorstand schaut natürlich drauf, ob da was raus kommt bei der ganzen Geschichte. Das muss sich ja rentieren. Das ist ja ein Investment, Jugendarbeit, so wie wir das betrieben haben, die ganze Zeit."

    Im Juni geht Kern, 66 Jahre alt, in den Ruhestand. Bereits im vorigen Sommer sollte er durch Hans-Jörg Butt abgelöst werden. Doch der setzte sich noch eine Saison als Ersatztorhüter bei den Profis auf die Bank und wurde im Hintergrund eingearbeitet. Butt soll zusammen mit Michael Tarnat als sportlichem Leiter den Nachwuchs¬bereich verjüngen und modernisieren.

    "Wir sind ja nicht vermessen, dass wir sagen, wir sind diejenigen, die alles können und alles wissen, sondern der Fußball entwickelt sich weiter, auch im Jugendbereich, natürlich schaut man da auch über die Grenzen von Bayern München hinaus, und guckt, was sich verändert."

    Der Umbruch geschieht zu einer Zeit, in der es beim FC Bayern München nicht wie gewünscht läuft. Titel in den wichtigsten Jugend-Mannschaften der U19 und U17 sind selten. Und die U23, die zweite Mannschaft, dümpelt in der Regionalliga Süd im unteren Mittelfeld der Tabelle. Auch Kern sieht die vergangenen Jahre trotz der vielen ausgebildeten Profis kritisch.

    "Wir haben in den letzten zwei Jahren nicht gut abgeschnitten (mit der A-Jugend) und du hast keine Chance mit der zweiten Mannschaft zu überleben, weil das ja eine U23 ist, wenn du keine sehr guten Nachwuchsspieler haben, beziehungsweise wenn die guten gleich nach oben weiter rücken. Das ist ein großes Problem und da sind wir ein bisschen ausgeblutet.""

    Kern hat die Nachwuchsarbeit in Deutschland mit geprägt. Gerade in den Jahren 2001 bis 2004 war die Bayern-Jugend die beste des Landes. Doch die Konkurrenz hat aufgeholt: Nachwuchsleistungszentren wurden nach der verkorksten Europameisterschaft 2000 zum Standard in Deutschland. Als herausragende Ausbildungsstandorte gelten mittlerweile Freiburg oder Stuttgart. Nun sollen gerade Leute aus diesen Vereinen Aufbauhilfe in München leisten.
    Marcus Sorg, jahrelang Nachwuchs- und kurzzeitig sogar Bundesliga-Trainer in Freiburg, sowie Marc Kienle, zuletzt Nachwuchsleiter in Stuttgart, werden in Zukunft die U17 und U19 der Bayern trainieren.

    ""Also wir saßen in einem Team zusammen und haben diskutiert, was wir vielleicht machen können, was wir verändern können und so sind wir auf die Namen gekommen, natürlich auch weil sie sehr sehr gute Arbeit gemacht haben in Freiburg und Stuttgart, das wir natürlich auch das Knowhow, was sie haben mit hier hinein bringen können und dann neue Wege zu gehen.""

    Zum Team gehören neben den ehemaligen Bayern-Spielern Tarnat und Butt noch Sportdirektor Christian Nerlinger, der den Umbruch entscheidend begleitet – und Jürgen Jung, der bis Januar Nachwuchsleiter beim Stadtrivalen 1860 war. Sein Wechsel hat in München für hohe Wellen geschlagen, wie Jung etwas zähneknirschend berichtet. Er soll die gute Nachwuchsarbeit seines ehemaligen Arbeitgebers bei Bayern fortsetzen:

    ""Bei 1860 war die Philosophie und die denk ich ist bei Bayern zukünftig ähnlich, dass man sich auf den bayerischen und süddeutschen Raum konzentriert, weil die einfach sich stärker identifizieren mit dem Verein und dadurch diese Mentalitäten reinbringen, die man letztlich auch braucht um nach oben zu kommen."

    Mit Philipp Lahm, Thomas Müller oder Bastian Schweinsteiger haben gerade auch bayerische Spieler den Durchbruch direkt in München geschafft. Etwa fünf Millionen Euro soll der Etat für den Nachwuchsbereich bei Bayern München jährlich betragen. Höher als der Gesamtetat von vielen Drittligisten oder Spitzenmannschaften aus anderen Sportarten. Butt und Tarnat sollen nun dafür sorgen, dass sich diese Investition wieder lohnt.