"Beethoven - Streichquartett op. 18,3; 127"
Beginnen möchte ich gleich mit der Königsdisziplin, dem Streichquartett. Das Petersen Quartett hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich, und von der ursprünglichen Besetzung ist nur der Bratschist Friedemann Weigle aus der fabelhaften Weigle-Family übrig geblieben. Trotzdem haben sie auch in der aktuellen Besetzung mit Conrad Muck als Primarius, Daniel Bell an der 2. Violine und Jonás Krejci am Violoncello sich eine besondere Qualität bewahrt, die sie von Beginn an auszeichnete: die Erinnerung an die spezifisch mitteldeutsche Tradition des schlanken, hellwachen Klangs mit einem Hauch von "sentiment" - aber wirklich nur einem Hauch. Die Wiege des Ensembles stand in Spree-Athen; ihre Interpretationen sind von der Klarheit des Himmels über Berlin. Zugelegt haben sie an Virtuosität, und zwar gewaltig. Nun hat das Quartett bei Capriccio eine Beethoven-Scheibe veröffentlicht mit dem frühen Werk 18 Nr. 3 in D-dur und dem späten Opus 127 in Es-dur. Und Es-dur klingt bei ihnen am Anfang so, dass man c-moll gleich mithört. * Musikbeispiel: L. v. Beethoven - 1. Satz aus: Streichquartett Es-dur op. 127 Das war der Kopfsatz des Quartetts Es-dur op. 127 von Ludwig van Beethoven in einer Neuaufnahme mit dem Petersen-Quartett. Der zweite Satz mit seinen Variationen ist nirgends rätselhaft, dafür noch in den verschatteten Momenten von einer Präzision, die die Struktur der Musik wie scharfes Relief hervortreten lässt. Und immer eine spürbare Attacke des Tons. Das Scherzo realisieren die Petersens ohne Federlesens und mit einer Attitüde, als würden sie jeden Morgen erst einmal gemeinsam Paganini beten. Die Artikulation ist wirklich atemberaubend genau, dabei immer mit dem Sahnehäubchen einer brillanten Bogenführung, wie man sie sonst eher von einem Solisten erwartet. Da wird auch das Finale des frühen Op. 18,3 zu einer hochspannenden und gar nicht gemütlichen Angelegenheit. * Musikbeispiel: L. v. Beethoven - 4. Satz aus: Streichquartett D-dur op. 18,3 Beethoven mit dem Petersen Quartett, erschienen bei Capriccio. Auf der Scheibe sollte man ein Etikett anbringen: Vorsicht, Hochspannung!