Der Saitenwurm Paragordius tricuspidatus ist ein erstaunlicher Parasit. Er vermehrt sich in Gewässern, wo seine Larven die Larven von Wasserinsekten wie etwa Mücken infizieren. Wenn die sich zu ausgewachsenen Tieren häuten, tragen sie den Parasiten an Land. Frisst eine Grille eine solche infizierte Mücke, dringt die Saitenwurm-Larve ins Innere der Grille ein und ist am Ziel, sagt Frédéric Thomas, Wissenschaftler in Montpellier am Labor für Genetik und Evolution ansteckender Krankheiten der nationalen französischen Forschungsorganisation CNRS:
"Der Parasit entwickelt sich zum ausgewachsenen Wurm, frisst dabei die Grille bis auf die lebenswichtigen Organe leer und bringt sie schließlich dazu, – in Anführungsstrichen – Selbstmord zu begehen, indem sie ins Wasser springt."
Das ist der gefährlichste Moment im Lebenszyklus des Wurms, denn während sich der im Schnitt 15 Zentimeter lange Parasit aus der Grille befreit, zappelt die an der Wasseroberfläche – und lockt damit Fressfeinde an. Es kann dem Wurm also passieren, dass er mitsamt seinem Wirt im Magen einer Forelle oder eines Frosches landet. Die französischen Forscher haben sich also gefragt, wie der Wurm sich im Laufe der Evolution auf diese Gefahr eingestellt hat.
"Wenn dieser Wurm eine Strategie gegen Fressfeinde entwickelt hat, muss sie an dieser Stelle seines Zyklus greifen. Dazu haben wir Tests im Labor gemacht und zu unserem großen Erstaunen beobachtet, dass der Wurm sich aus dem Angreifer befreien kann. Wenn er mitsamt dem Wirt nach dem Sprung ins Wasser gefressen wird, kriecht der Wurm durch den nächsten Notausgang wieder aus dem Fressfeind heraus: durch die Nase, den Mund oder die Kiemen."
Gerade mal acht Minuten bleiben dem Wurm dafür, haben die Wissenschaftler gemessen. Sonst stirbt er in der lebensfeindlichen Umgebung des Verdauungstraktes. Eine ähnliche Strategie sei ihm von keinem anderen Parasiten bekannt, sagt Frédéric Thomas. Er und seine Kollegen untersuchen außerdem, wie die Würmer ihre Wirte dazu bringen, sich ins Wasser zu stürzen, sobald die Parasiten geschlechtsreif sind und zur Paarung ins Wasser zurückkehren müssen.
"Wie bei einem Film, in dem immer wieder der Ton ausfällt, verstehen wir die molekulare Kommunikation zwischen Wirt und Parasit bisher lediglich bruchstückhaft. Wir versuchen, die Botenstoffe zu identifizieren und ihre Funktion zu bestimmen. Wir müssen noch Lücken schließen, aber bei einzelnen Gesprächsfetzen, also einzelnen Molekülen, ist uns das schon gelungen. Das spektakulärste Ergebnis: Wir haben festgestellt, dass der Wurm Proteine erzeugt, die denen von Insekten absolut gleichen. Das lässt einen Fall von molekularer Mimikry vermuten."
Die Würmer sind also in der Lage, Botenstoffe des Wirts zu kopieren, sie in sein zentrales Nervensystem abzugeben und auf diese Weise sein Verhalten zu beeinflussen.
"Als nächstes möchten wir klären: Stürzt sich die Grille ins Wasser, wenn wir ihr diese Proteine spritzen? Aber ich will Ihnen nicht verschweigen, dass wir noch weit davon entfernt sind."
Um die entscheidenden Stoffe zu identifizieren, untersuchen die Wissenschaftler das Proteom, also alle in der Grille und dem Parasiten vorhandenen Eiweiße, zum Zeitpunkt des unfreiwilligen Selbstmords. Außerdem fragen sie sich, wie der Wurm bemerkt, dass sein Wirt verschluckt wurde: Liegt es an den Verdauungssäften des Fressfeindes, oder ist es der Druckimpuls beim Schlucken, der ihn dazu bringt, einen Ausweg zu suchen. Um das herauszufinden, planen die CNRS-Forscher weitere Versuche.
"Der Parasit entwickelt sich zum ausgewachsenen Wurm, frisst dabei die Grille bis auf die lebenswichtigen Organe leer und bringt sie schließlich dazu, – in Anführungsstrichen – Selbstmord zu begehen, indem sie ins Wasser springt."
Das ist der gefährlichste Moment im Lebenszyklus des Wurms, denn während sich der im Schnitt 15 Zentimeter lange Parasit aus der Grille befreit, zappelt die an der Wasseroberfläche – und lockt damit Fressfeinde an. Es kann dem Wurm also passieren, dass er mitsamt seinem Wirt im Magen einer Forelle oder eines Frosches landet. Die französischen Forscher haben sich also gefragt, wie der Wurm sich im Laufe der Evolution auf diese Gefahr eingestellt hat.
"Wenn dieser Wurm eine Strategie gegen Fressfeinde entwickelt hat, muss sie an dieser Stelle seines Zyklus greifen. Dazu haben wir Tests im Labor gemacht und zu unserem großen Erstaunen beobachtet, dass der Wurm sich aus dem Angreifer befreien kann. Wenn er mitsamt dem Wirt nach dem Sprung ins Wasser gefressen wird, kriecht der Wurm durch den nächsten Notausgang wieder aus dem Fressfeind heraus: durch die Nase, den Mund oder die Kiemen."
Gerade mal acht Minuten bleiben dem Wurm dafür, haben die Wissenschaftler gemessen. Sonst stirbt er in der lebensfeindlichen Umgebung des Verdauungstraktes. Eine ähnliche Strategie sei ihm von keinem anderen Parasiten bekannt, sagt Frédéric Thomas. Er und seine Kollegen untersuchen außerdem, wie die Würmer ihre Wirte dazu bringen, sich ins Wasser zu stürzen, sobald die Parasiten geschlechtsreif sind und zur Paarung ins Wasser zurückkehren müssen.
"Wie bei einem Film, in dem immer wieder der Ton ausfällt, verstehen wir die molekulare Kommunikation zwischen Wirt und Parasit bisher lediglich bruchstückhaft. Wir versuchen, die Botenstoffe zu identifizieren und ihre Funktion zu bestimmen. Wir müssen noch Lücken schließen, aber bei einzelnen Gesprächsfetzen, also einzelnen Molekülen, ist uns das schon gelungen. Das spektakulärste Ergebnis: Wir haben festgestellt, dass der Wurm Proteine erzeugt, die denen von Insekten absolut gleichen. Das lässt einen Fall von molekularer Mimikry vermuten."
Die Würmer sind also in der Lage, Botenstoffe des Wirts zu kopieren, sie in sein zentrales Nervensystem abzugeben und auf diese Weise sein Verhalten zu beeinflussen.
"Als nächstes möchten wir klären: Stürzt sich die Grille ins Wasser, wenn wir ihr diese Proteine spritzen? Aber ich will Ihnen nicht verschweigen, dass wir noch weit davon entfernt sind."
Um die entscheidenden Stoffe zu identifizieren, untersuchen die Wissenschaftler das Proteom, also alle in der Grille und dem Parasiten vorhandenen Eiweiße, zum Zeitpunkt des unfreiwilligen Selbstmords. Außerdem fragen sie sich, wie der Wurm bemerkt, dass sein Wirt verschluckt wurde: Liegt es an den Verdauungssäften des Fressfeindes, oder ist es der Druckimpuls beim Schlucken, der ihn dazu bringt, einen Ausweg zu suchen. Um das herauszufinden, planen die CNRS-Forscher weitere Versuche.