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Begnadeter Populist

Bei den slowakischen Parlamentswahlen am Samstag ist Amtsinhaber Robert Fico Favorit: Seine Koalition aus Linkspopulisten und Rechtsnationalen ist beliebt, weil sie Rentner und sozial Schwache fördert. Weder Skandale noch Kritik der Medien können Ficos Popularität schmälern.

Von Kilian Kirchgeßner |
    Der Fernsehspot zeigt einen Staatsmann: Aufrecht steht Robert Fico in seinem Büro, die Wand holzvertäfelt, im Hintergrund eine Flagge der Slowakei. Wir werden bedroht, sagt er, von der Weltwirtschaftskrise und von den ungarischen Großmachtambitionen. Unterstützen Sie Sicherheit und Stabilität. Unterstützen Sie die Slowakei, wählen Sie uns.

    Solche Auftritte beherrscht Robert Fico: Der 45-Jährige wirkt mit seiner kantigen Statur bestimmt; er lacht nur selten, sein Gesicht drückt stets Strenge und Härte aus. Seit Jahren schon ist Fico in der Slowakei der beliebteste Politiker, nicht einmal sein Amt als Regierungschef hat ihn Popularität gekostet.

    "Wir sind mit einer klaren Alternative angetreten, verkündete Fico vor vier Jahren, als er mit einem Erdrutsch-Sieg die Wahl gewonnen hat. Unsere Regierung wird grundlegende Änderungen vornehmen. Es geht um Solidarität, um einen modernen Sozialstaat, um eine Stärkung der staatlichen Regulierung und um einen Stopp der Privatisierung."

    Robert Fico ist Chef der linkspopulistischen Partei Smer. Vor vier Jahren ist er an die Macht gekommen, weil vielen Slowaken der marktliberale Reformkurs seiner konservativen Vorgängerregierung zu schnell ging. Vor allem Rentner und sozial Schwache wählten Fico, der eine neue Richtung versprach. Umstritten war aber schon sein erster Schritt: Als Koalitionspartner wählte sich der Linkspopulist ausgerechnet die ultra-rechte Nationalpartei und eine revisionistische, russlandorientierte Gruppierung aus. Am Anfang versuchte Fico noch, seine Kritiker zu beruhigen.

    "Diese Regierung wird eine pro-europäische Politik machen und den erreichten Status quo bei der Frage von Minderheiten berücksichtigen."

    Dann aber hetzten führende Vertreter des nationalistischen Koalitionspartners gegen die ungarische Minderheit und gegen Roma. Aus Brüssel meldeten sich besorgte Stimmen und die sozialistische Fraktion im EU-Parlament schloss Ficos Partei wegen der Koalition sogar zeitweilig aus.

    "Es kann sich doch niemand vor die Kameras stellen und sagen, die slowakische Regierung soll den Extremismus verbannen, tobte Robert Fico in Bratislava. Was haben wir gemacht, dass sich jemand, der die Slowakei höchstens von einer Landkarte kennt, solche Anschuldigungen herausnimmt?"

    An diesen Ton haben sich die Slowaken inzwischen gewöhnt. Auf seine Gegner geht Robert Fico mit offenem Visier los – mit in einer Rhetorik, die anderswo undenkbar wäre. Im Inland haben das vor allem die Journalisten gespürt: Als Idioten beschimpfte Fico sie, als Hyänen und als Schlangen. Er fühlt sich ungerecht behandelt, die Medien seien gegen ihn voreingenommen.

    "Wir sind für eine Meinungspluralität, blaffte er auf einer Pressekonferenz einen unliebsamen Journalisten an. Aber schauen Sie sich doch mal Ihre eigene Zeitung an – wo ist denn da die Pluralität? Das ist so einfarbig, wie es nicht einmal die kommunistische Parteizeitung gewesen ist!"

    Mit einem strengeren Pressegesetz hat Fico versucht, seinen Krieg gegen die Medien zu gewinnen – ohne Erfolg, sein populistischer Kurs wird immer noch von den Kommentatoren scharf kritisiert. Bei den Wählern aber ist Fico klarer Favorit. Diesmal hilft ihm seine klare Linie bei jenem Thema, das den Wahlkampf beherrscht: Um die Beziehungen zum Nachbarland Ungarn geht es, sie sind so schlecht wie schon lange nicht mehr. Die Regierung in Budapest will den Mitgliedern der ungarischen Minderheit in der Slowakei einen ungarischen Pass ausstellen, die Nationalisten in Bratislava sehen darin einen Angriff auf die territoriale Unversehrtheit ihres Landes. Und Robert Fico, der Chef der slowakischen Linken, gibt sich im Ton staatsmännisch, aber in der Sache hart:

    "Solche empfindlichen Themen löst man normalerweise mit bilateralen Verträgen. Natürlich könnte man eine Lösung finden für eine doppelte Staatsbürgerschaft, aber die ungarische Seite hat angekündigt, nichts mit uns abzustimmen. Meine Meinung ist: Wer eine andere Nationalität annimmt, der verliert damit die slowakische Staatsbürgerschaft."

    Mit dieser Formel ist Robert Fico vor der Wahl ein Meisterstück gelungen: Er verbindet eine linkspopulistische Politik mit nationalistischen Tönen – für seine Gegner bleibt da kaum eine Angriffsfläche, weder auf der linken noch auf der rechten Seite.