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Begründer der modernen Olympischen Spiele

Für den gebildeten und sportbegeisterten Sohn einer französischen Adelsfamilie wurde der Plan zur Wiederbelebung der antiken Olympiade zur persönlichen Mission, in den er seine ganze Kraft und sein Vermögen steckte. Am 1. Januar 1863 kam Pierre Baron de Coubertin in Paris zur Welt.

Von Irene Meichsner | 01.01.2013
    "Das erste und wesentliche Merkmal des alten wie des modernen Olympismus ist: eine Religion zu sein. Durch Leibesübungen formte der Wettkämpfer der Antike seinen Körper wie der Bildhauer seine Statue, und 'ehrte dadurch seine Götter'. Der Wettkämpfer der Neuzeit, der gleiches tut, erhöht damit sein Vaterland, seine Rasse und seine Fahne."

    Pierre Baron de Coubertin ging es um sehr viel mehr als nur den rein sportlichen Wettkampf, als er die antiken Olympischen Spiele wieder auferstehen ließ. 1935, im Alter von 72 Jahren, blickte er in einem Rundfunkvortrag noch einmal auf die Motive zurück, von denen er sich leiten ließ.

    "Kann man überhaupt das Fest des menschlichen Frühlings feiern, ohne dazu den Geist einzuladen?Aber dann entsteht die so wichtige Frage einer gegenseitigen Hilfe von Muskelkraft und Geist, so gestaltet, dass sie ihre Verbundenheit und Zusammenarbeit entwickeln."

    Coubertin, am 1. Januar 1863 in Paris als Sohn einer alten französischen Adelsfamilie geboren, war selber ein aktiver und begeisterter Sportler. Er ruderte, machte Langstreckenläufe, besuchte als junger Mann täglich den Reit- oder Fechtklub. Statt die Offizierslaufbahn einzuschlagen, studierte er Philosophie und Klassische Philologie.

    "Wenn er sich als irgendetwas verstanden hat, dann in allererster Linie als Pädagoge oder genauer gesagt als Reformpädagoge","

    sagt der Tübinger Sportwissenschaftler Ommo Grupe.

    ""Er wollte mit Hilfe der Erziehung nicht nur das Erziehungswesen von Frankreich verändern, sondern wollte dies als Hebel benutzen, auch politische und wirtschaftliche Veränderungen zu erreichen. Er war überzeugt, dass etwa die Politik oder die Wirtschaft aus sich heraus nicht die Kraft aufbringen würden, reformfähig zu sein."

    Pierre Baron de Coubertin: "Ich glaube daher recht gehabt zu haben, wenn ich mit der Erneuerung des Olympismus von Anfang an versuchte, ein religiöses Empfinden wieder zu erwecken, das durch Weltmenschentum und Volksherrschaft – Kennzeichen unserer Zeit – zwar verändert und erweitert worden, dennoch aber das gleiche ist, das die jungen Griechen in ihrem Ehrgeiz, die Kraft ihrer Muskeln triumphieren zu lassen, zum Fuß des Altars des Olympischen Zeus führte. Daraus entstanden alle die Formen des Kults, aus denen sich das Zeremoniell der modernen Olympischen Spiele zusammensetzt."

    1894 präsentierte Coubertin bei einem Athletik-Kongress in Paris seine konkreten Pläne zur Wiederbelebung der antiken Olympiade, in die er seine ganze Kraft und sein privates Vermögen investierte.

    Schon zwei Jahre später, am Ostermontag 1896, konnten - dank der engen Zusammenarbeit mit dem griechischen Schriftsteller Dimitris Vikélas - in Athen die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit eröffnet werden. 295 männliche Amateursportler aus 13 Nationen nahmen teil. Die ersten Frauen wurden - gegen Coubertins Widerstand - erst vier Jahre später in Paris zugelassen. 1912 gab es in Stockholm den ersten Wettstreit der schönen Künste, der bis 1948 zu den festen Bestandteilen der Spiele gehörte - für Coubertin die Vollendung der olympischen Idee. Er selber gewann mit einer "Ode an den Sport", die er unter einem Pseudonym eingereicht hatte, die erste Goldmedaille in der Disziplin Literatur.

    "O Sport, Du Göttergabe, du Lebenselixier! Der fröhlichen Lichtstrahl wirft in die arbeitsschwere Zeit … O, Sport, Du bist die Schönheit … O Sport, Du bist die Gerechtigkeit … O, Sport, Du bist der Friede."

    Coubertin, bis 1925 Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, hielt bis zum Lebensende an seinem Kult des Athletischen fest. Dass auch der olympische Geist nicht gegen Missbrauch gefeit ist, wie 1936 die von den Nazis zu Propagandazwecken benutzten "Spiele der 11. Olympiade" in Berlin zeigten, nahm er kaum noch wahr. Er starb am 2. September 1937 in Genf. Sein Herz wurde - auf seinen persönlichen Wunsch - in einer Marmorsäule im griechischen Olympia beigesetzt.