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"Bei der Aufklärung steht grundsätzlich immer der Anbieter in der Pflicht"

Die neue Xbox One wird auch Daten über die Gefühle der Spieler sammeln und online verarbeiten. Für Thomas Kranig, den Präsidenten des Bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht, ist das Anlass zu höchster Wachsamkeit.

Thomas Kranig im Gespräch mit Mario Dobovisek | 23.05.2013
    Dobovisek: Die neue Xbox soll das gesamte Wohnzimmer vernetzen: Fernseher, Spiele, Musik, Internet. So weit ist das nicht wirklich neu. Allerdings wird alles gesteuert über Sprache und die Bewegung der Hände. Am Ende soll das Gerät sogar erkennen können, wer sich im Raum befindet und wie sich die Nutzer dabei fühlen.
    Datenschutz ist das richtige Stichwort, denn am Telefon begrüße ich Thomas Kranig. Er ist Präsident des Bayerischen Landesamtes für den Datenschutz und befasst mit Microsoft. Guten Morgen, Herr Kranig.

    Thomas Kranig: Guten Morgen, Herr Dobovisek.

    Dobovisek: Was bedeutet das, was Microsoft mit seiner Xbox da vorhat?

    Kranig: Es bedeutet, ich sage mal, für uns spannende Zeiten und eine große Aufgabenstellung. Grundsätzlich ist das ja nichts Neues. Es ist nur jetzt keine Spielkonsole mehr, sondern ein Mediencenter, so wie gerade in dem Titel der Audiodatei (MP3-Audio) Gespräch gesagt wurde. Auch diese Kinect-Kamera, die da ist, ist nichts Neues. Nur bisher war sie im Wesentlichen offline nutzbar. Und das, was jetzt neu ist, dass eben dauernd eine Internetverbindung sein muss, dass diese Kamera über Sprachsteuerung läuft, dass sie biometrisch auswertet, sprich auch die Gefühle der Menschen und die Menschen erkennt. Und die Frage mit der dauernden Internetverbindung: Ist die sicher, wer kann das abgreifen? Und das, was auch ist: Das ist eine dauernde Verbindung zu Microsoft. Und die Frage ist wirklich, auf welche Daten greift Microsoft zu, auf welche Daten greifen sonstige Spieleanbieter zu. Da stellen sich viele Fragen für uns.

    Dobovisek: Es ist ja nicht bloß Microsoft mit seiner Xbox, sondern es ist die gesamte Branche, die gesamte Fernsehbranche insgesamt, die Fernsehen interaktiv machen möchte und eben auch über eine solche Kamera nachdenkt, die die Emotionen der Fernsehzuschauer direkt mit aufnehmen kann, um es zurückzumelden. Interaktives Fernsehen nennt man das dann. Erreicht das Home Entertainment damit aus Datenschutzsicht eine neue Dimension?

    Kranig: Ja, aus meiner Sicht schon, denn es sind schon ganz sensible Daten, wenn ich sage, es ist die Kamera, die bei mir im Wohnzimmer ist, die dort alles aufnimmt, auch den Ton aufnimmt und überträgt - wohin auch immer und zu welchen Zwecken auch immer.

    Dobovisek: Ist das eine gefährliche Dimension?

    Kranig: Gefährlich? – Das ist etwas, was jeder selber wieder entscheiden muss. Ich sage, es ist schon ein Risiko, dass Menschen, die nicht Obacht geben, da in ihrem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt werden können, ohne dass sie wirklich merken, was passiert. Deswegen sage ich, ich spreche jetzt nicht dagegen, dass so was unmöglich ist, sondern ich sage, es ist ganz besonders wichtig, dass hier mit größtmöglicher Transparenz umgegangen wird, dass die Nutzer darüber informiert werden, was tatsächlich möglich ist, was gemacht wird, und dass sich dann jetzt die Unternehmen, in dem Fall jetzt konkret bei der Xbox Microsoft, auch daran halten, was sie in die Nutzungsbedingungen reinschreiben, und die Daten, die sie haben, nicht für andere Zwecke verwenden.

    Dobovisek: Wer steht bei der Aufklärung, die Sie ansprechen, in der Pflicht?

    Kranig: Bei der Aufklärung steht grundsätzlich immer der Anbieter in der Pflicht. Der Anbieter hat die Gesetze, die gelten, und wenn Microsoft das in Deutschland für die deutschen Kunden anbietet, stehen die deutschen Datenschutzgesetze im Mittelpunkt. Die muss Microsoft einhalten. Microsoft muss die Kunden informieren. Und unsere Aufgabe als Datenschutzaufsichtsbehörden ist es, Beschwerden nachzugehen beziehungsweise zu kontrollieren, ob der Datenschutz bei diesem Produkt eingehalten wird.

    Dobovisek: Und wie gibt sich Microsoft bislang? Sie beschäftigen sich ja nicht zum ersten Mal mit Microsoft in Sachen Datenschutz.

    Kranig: Wir haben intensive Gespräche auch über alle möglichen anderen Produkte und haben dort bis jetzt schon eine große Offenheit erlebt, mit uns über die Themen zu sprechen. Das wird, denke ich mal, bei diesem Produkt ganz genauso sein. Aber es wird nicht so ganz einfach, wirklich zu klären, weil es schon aus meiner Sicht wirklich ein, ich will nicht sagen Quantensprung, aber doch eine deutliche Stufe von den Produkten, die es bisher gibt, weg ist.

    Dobovisek: Thomas Kranig, Präsident des Bayerischen Landesamtes für den Datenschutz.


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.